Mach doch - Roman
sie sich inzwischen an die Besuche bei ihrer Schwester gewöhnt, trotzdem war ihm nicht wohl bei dem Gedanken, Lauren könnte allein hingefahren sein. Bei ihrer letzten Fahrt nach Bricksville hatte er sich schwere Vorwürfe gemacht, weil er sie nicht begleitet hatte.
Dabei verspürte er wirklich nicht die geringste Lust, Beth Perkins im Gefängnis zu besuchen. Außerdem konnte er sich lebhaft vorstellen, wie entsetzt seine Familie reagieren würde, wenn es herauskäme. Doch er wollte für Lauren da sein. Hatte sie ihn etwa genau deshalb losgeschickt? Damit sie zu ihrer Schwester fahren konnte, ohne lange mit ihm darüber zu diskutieren, ob er mitkommen sollte oder nicht?
Jason konnte nur hoffen, dass das nicht der Fall
war. Er klemmte sich den Kratzbaum unter den Arm, nahm die Plastiktüte und die Blumen und ging ins Haus.
Doch statt wie erwartet eine Nachricht von ihr vorzufinden, stieß er im Wohnzimmer auf Lauren höchstpersönlich. Sie hatte sich mit einer Packung Papiertaschentücher auf dem Sofa zusammengerollt. Ihre Augen waren gerötet.
Sogleich legte er seine Mitbringsel ab und setzte sich neben sie. »Was ist denn los?«, fragte er und schlang einen Arm um sie.
»Ach, ich hatte gedacht, es würde ohne Tränen gehen, aber ich habe mich geirrt.« Sie putzte sich die Nase und pfefferte das Taschentuch in den Papierkorb, der neben dem Sofa stand.
»Was würde ohne Tränen gehen?«, fragte Jason mit einem mulmigen Gefühl.
Lauren setzte sich auf und straffte die Schultern; ein schlechtes Zeichen. »Ich habe mein Auto verkauft«, gestand sie ihm und zupfte ein frisches Taschentuch aus der Packung. »Aber keine Sorge, es geht schon wieder. Ich mache mich gleich wieder an die Arbeit.« Sie wollte aufstehen, doch er hielt sie zurück.
»Du hast dein Auto verkauft«, wiederholte er fassungslos, als müsste er es selbst laut aussprechen, um es zu begreifen.
»Jawohl.« Lauren schob das Kinn nach vorn.
»Den Porsche.«
Sie nickte.
»Der das Symbol deines Erfolgs war.«
Sie holte tief Luft. »Ganz recht. Er war ein Symbol, nichts weiter. Mein Erfolg wird sich auch so einstellen. Oder auch nicht. Wie dem auch sei, es geht mir gut. Es ist doch dämlich, wegen eines Autos Tränen zu vergießen.« Sie erhob sich und deutete auf seine Einkäufe. »Was ist denn das alles?«
»Versuch nicht, das Thema zu wechseln.« Er packte ihren Arm und drehte sie zu sich herum. »Du weinst nicht wegen des Wagens, sondern weil du wütend bist. Und zwar durchaus zu Recht. Du bist wütend auf deine Schwester und auf deine Eltern, die dich überhaupt erst in diese Lage gebracht haben.«
Er wünschte, er könnte sich einen von ihnen für fünf Minuten vorknöpfen, um ihnen ordentlich die Meinung zu sagen. Er würde schon dafür sorgen, dass sie nie vergaßen, was Lauren für sie getan hatte und wie dankbar sie ihr sein sollten.
»Du irrst dich«, blaffte sie ihn an. »Ich habe aus reiner Sentimentalität geweint, und es war dämlich. Und was meine Familie angeht: Ich bin nicht wütend auf sie. Ich tue, was getan werden muss, denn das tun Familienmitglieder nun einmal füreinander!« Sie war zusehends lauter geworden, als müsste sie nicht nur ihn, sondern vor allem sich selbst überzeugen.
Doch das behielt er wohlweislich für sich. Stattdessen stellte er ihr eine einzige Frage: »Würden sie denn dasselbe für dich tun?«
Kapitel 13
Würden sie dasselbe für dich tun? Es war ein Schlag unter die Gürtellinie, aber Jason musste die Frage einfach stellen.
»Soll das ein Witz sein?«, fragte sie ihn.
Er schüttelte den Kopf, entschlossen, den Kampf bis zum bitteren Ende auszufechten. »Deine Eltern haben doch bereits bewiesen, dass sie gar nicht daran denken«, sagte er sanft.
Sie warf ihm einen furchterregenden Blick zu. »Es geht hier nicht um meine Eltern.«
Wie es schien, hatte sie sich längst damit abgefunden, dass sie auf der Prioritätenliste ihrer Eltern nicht an oberster Stelle stand. »Und, würde deine Schwester dasselbe für dich tun?«
Lauren verschränkte die Arme vor der Brust. »Natürlich würde sie dasselbe für mich tun, wenn ich krank wäre«, fauchte sie. »Allerdings war es bisher eben zufällig immer umgekehrt gewesen.«
Jason hätte nicht unbedingt seine Hand dafür ins Feuer gelegt, dass sich Laurens Schwester für irgendeinen anderen Menschen interessierte als für sich selbst, aber das wollte Lauren offenbar nicht wahrhaben.
Worauf Jason jedoch hinauswollte, war nicht, ob sich Beth Perkins im
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