Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Titel: Mach mal Feuer, Kleine - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Smaus
Vom Netzwerk:
gewöhnlicher Schnaps aus Kartoffeln oder Korn möglich, denn ein Schnaps müsse funkeln im Glas, damit keiner behaupten könne, dass er im Hals kratze und Kopfschmerzen mache, ein richtiger
horilka
müsse bis unter die Fußsohlen brennen.
    |123| Und wenn das Ende komme, dann werde aus Holz der Sarg geschnitzt, genauso wie das Kreuz   …
     
    An den Abenden erlernte Andrejko das Lesen oder er versuchte sich am Geigenspiel, und tagsüber, wenn er Lust hatte, half er bei den Schafen oder beim Holzhacken. Wenn er keine Lust hatte, ließ Juraj ihn in Ruhe. Allmählich gewöhnten sich die Poljaner an den Kleinen, sie dachten nicht mehr daran, dass er fremd und noch dazu Zigeuner war. Aber eines Nachts hatte jemand mehrere Apfelbäume im Dorf leer gepflückt, der Dieb musste mehrere Säcke prall gefüllt haben, und Jurajs Nachbar, der alte Jankura, trug die Sache gleich am nächsten Abend in die Schenke. Wütend stürzte er herein, nicht mal die Tür hatte er hinter sich geschlossen, und schon schrie er Juraj an, alle wüssten doch, wer noch vor Kurzem hier im Dorf die Hühnerställe leer geräumt, die Schafe weggejagt und die Kartoffeln vom Feld geholt hätte. Was für eine Laus habe sich Juraj bloß in den Pelz gesetzt, ereiferte er sich: Hopp aufs Huhn, vom Huhn auf die Kuh, und von der Kuh an den Galgen   … Juraj wusste, dass Andrejko kein Apfeldieb war, er hätte ja den prallen Sack nicht mal über den Zaun wuchten können, und warum hätte er überhaupt Äpfel klauen sollen, wenn er zu Hause genügend hatte? Also ging er auf Jankura los, und bis man es geschafft hatte, die beiden Alten auseinanderzubringen, hatten sie sich ganz schön die Haare gezaust.
    Gefunden wurde der Dieb allerdings nicht. Und obwohl Andrejko nicht wusste, warum Juraj sich gerauft hatte, spürte er nur zu gut die argwöhnischen Blicke im Rücken und ging lieber allen aus den Augen; entweder schloss er sich zu Hause ein oder verschwand im Wald. Er stapfte durch die Laubhaufen, prüfte das Eis auf den zugefrorenen Bächen, lief durch |124| den knirschenden ersten Schnee und verfolgte staunend die feingliedrigen Spurenketten von Vögeln, Hasen und Rehen. Juraj, der im Schnee besser lesen konnte als in einem Buch, zeigte Andrejko, wo eine alte Hirschkuh vorsichtig ein Bein vor das andere gesetzt hatte, wo ein junges Reh herumgetollt war und wo ein verwundetes Tier sich mit unregelmäßigen Schritten dahingeschleppt hatte. Einmal stießen sie auf eine Wolfsspur, auf den ersten Blick wirkte sie wie die Spur von einem großen Hund, und nur an einigen Stellen, wo der Abdruck leicht ausgefranst war, merkte man, dass hier nicht ein einsamer Wolf, sondern ein ganzes Rudel unterwegs gewesen war.
    Ja, die Wölfe   … Im Sommer streiften sie allein oder zu zweit durch die Berge, ihre Anwesenheit fiel kaum auf, nur der Förster stieß von Zeit zu Zeit auf ein Gerippe und ausgerissene Fellfetzen, aber im Winter lebten und jagten die Wölfe im Rudel. An einem Tag strichen sie um Poljana herum, und am nächsten Tag hetzten sie auf der anderen Seite der Berge einen Hirsch zu Tode, immer wieder legte man Eisenfallen und vergiftete Köder aus, aber da war das Rudel längst woanders   … Manchmal heulten sie den Vollmond an, und dann ertönte auch im Dorf Gejaule, die Pferde in den Ställen scheuten, die Schafe blökten und die Bauern schlüpften in ihre Pelzmäntel, um nach dem Rechten zu sehen und die Hunde zu beruhigen. Auch Juraj ging aus dem Haus, und am nächsten Tag schleppte er sich mürrisch, kaum ansprechbar und mit dunklen Ringen unter den Augen durch die Stube.
     
    Länger als bis zum nächsten Frühjahr hielt es Andrejko nicht aus in Poljana. Seit Weihnachten schon saß er am Fenster, blickte in die Ferne, auf die verschneiten Felder, Wälder und Wiesen, auf die vom Geflecht der kahlen Äste durchwirkten |125| Hänge und auf die Berggipfel, die einmal in schweren Wolken zu ertrinken schienen und dann wieder leuchtend, mit weißen Mützen bedeckt, in den blauen Himmel ragten. Seine Geige klang immer sehnsüchtiger, häufig weinte sie, als antworte sie einem Ruf oder vernehme den rauschenden Flügelschlag von Wildgänsen oder Kranichen, die gen Süden zogen   …
Soske khere džava, te man ňiko nane
, warum soll ich nach Hause gehen, wenn dort keiner auf mich wartet   …
E daj mange muľa, o dad denašľa
, meine Mama ist gestorben, der Vater fortgelaufen   …
Nane man dajori, ačhiľom korkoro, sar čhindo kaštoro
, ich bin allein

Weitere Kostenlose Bücher