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Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Titel: Mach mal Feuer, Kleine - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Smaus
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geblieben wie ein umgeknickter Baum   … Sogar der halb taube Juraj bekam mit, dass der Junge etwas brauchte, was er hier nicht fand, und aus dem sehnsuchtsvollen Schluchzen der Geige hörte er heraus, dass Andrejko sich bald wieder auf den Weg machen würde.
    Endlich war der Schnee geschmolzen, die Quellen sprudelten wieder und die ersten zarten Gräser sprossen aus dem Boden. Eines Abends kam Andrejko nach Hause, setzte sich schweigend an den Tisch und zog zwei Zigarettenschachteln aus der Tasche. Er schob sie vorsichtig zu Juraj, aber der winkte ab: Ech, Andrejko   … so’n feines Zeug ist nichts für mich   … ich mag sie am liebsten im Zeitungspapier gedreht, so wie früher   … Er griff nach der Zeitung, riss eine Seite heraus, schnitt sie in kleine Vierecke, streute auf eins etwas Tabak und rollte aus dem Papier eine Zigarette. Erst als er sie der Länge nach abgeleckt und zugeklebt hatte, bemerkte er Andrejkos unglückliche Miene. Plötzlich wurde ihm warm ums Herz, erst jetzt begriff er, dass der Kleine die Zigaretten irgendwo geklaut haben musste   … Danke, Andrejko, sagte er, erhob sich, klopfte ihm auf den Rücken, und öffnete die Schachtel. Schweigend zog er an seiner Zigarette, und Andrejkos Augen leuchteten auf.
    |126| Am nächsten Morgen blickte der Kleine hartnäckig zu Boden und stammelte etwas von seinem Schwesterchen und von Heimweh und davon, dass er den Weg zum Zug kenne   … Nur ganz mühsam brachte er die Worte heraus, er wusste, dass Juraj ihn vermissen würde. Aber Juraj legte ihm die Hand auf den Kopf: Geh, Andrejko   … mach dir keine Sorgen. Eine Weile rang er nach Worten, aber dann deutete er lieber auf die Tür, und sie gingen hinaus, banden wie jeden Tag den Hund los und trieben die Schafe auf die Weide. Die Sonne schien, die Birken trugen über und über winzige helle Blätter, und die Schafe rupften hellgrüne Grashalme von der durchweichten Wiese. Juraj und Andrejko schlenderten schweigend den Hang hinauf. Auf einmal blieb Juraj stehen: Wenn was ist, in Poljana steht für dich die Tür immer offen   … Dann schritt er schnell weiter, und über seine unrasierten, windgegerbten Wangen liefen ein paar Tränen, und Andrejko schoss der Gedanke durch den Kopf, dass er den alten Juraj noch nie hatte weinen sehen   …
    Am nächsten Morgen war Andrejkos Bett leer. Juraj stand mühsam auf, humpelte zum Fenster, und genauso wie noch gestern sein kleiner Andrejko blickte nun er in die Ferne, und als er sich mit dem Ärmel die Augen trocken gewischt hatte, sah er, dass alle Kleider, die Andrejko von den Nachbarsfrauen geschenkt bekommen hatte, und auch das Geld, das er, Juraj, ihm gestern in die Tasche gesteckt hatte, auf dem Bett lagen.
    Sein Rücken krümmte sich noch mehr, er schlurfte zu seiner Wanduhr und brachte das Pendel zum Stehen.

|127| 10.
    Andrejko hatte Poljana so verlassen, wie er gekommen war: in einem ausgeleierten Pullover und mit leerem Geldbeutel. Nur Demčaks Geige nahm er mit und legte sie während der ganzen Fahrt nicht aus der Hand. Und so stieg er auch am nächsten Morgen auf dem Prager Hauptbahnhof aus. Mehrmals umrundete er die Bahnhofshalle, klapperte alle Bahnsteige ab, aber Tante Ida war nirgends zu sehen. Er machte sich also auf nach Žižkov und folgte den Straßenbahngleisen quer über die Bulhar-Kreuzung, am Viktoria-Stadion vorbei. Die vielen Menschen und der ständige Lärm jagten ihm Angst ein, große Autos rumpelten die Fahrbahn entlang, Bremsen quietschten, es hupte und klingelte in einem fort. Auch die hohen Häuser und die oben mit Stromleitungen zugenähten Straßenschluchten fand er beängstigend, auf einmal sehnte er sich nach den runden und weichen Kuppeln der Berge, den alten, knorrigen Bäumen und den weitläufigen Wiesen mit den duftenden
bábele

    Vor dem Haus stand ein Gerüst, das die Passanten vor der bröckelnden Fassade schützen sollte, die Fenster waren mit Brettern vernagelt. Schon immer waren Brocken von Putz und Dachziegel, manchmal gar Teile vom Sims heruntergefallen, Andrejko konnte sich noch gut daran erinnern, wie einmal, da war er noch ganz klein, direkt hinter ihm ein Dachziegel auf den Gehsteig fiel: Wäre er nur ein ganz kleines |128| bisschen langsamer gewesen   … Drinnen im Haus war es still: kein Kindergejohle, kein trunkenes Singen, kein Gekeife, nicht einmal Hundegebell. Andrejko trat wieder auf die Straße und lief um den Block, er wollte ganz sichergehen, dass er sich nicht verlaufen hatte, dass

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