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Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Titel: Mach mal Feuer, Kleine - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Smaus
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damit du den Keller nicht mit den Füßen voran verlassen musst, erklärte er Andrejko einmal   … Seine schweren Schritte waren schon von Weitem zu hören, der Meister kontrollierte die Temperatur und die Gärungsgrade, brummte dabei, und manchmal pfiff er auch vor sich hin. Als Einziger trank er nicht zusammen mit den Männern Bier, seinen Durst löschte er mit Limonade, aber jeden Tag nach dem Mittagessen ging er mit seinem Maßkrug direkt zum Verschneidbock, weil nur er wusste, welche Hähne man wann aufdrehen musste, wenn man sich das beste Bier der Welt mischen wollte, und wenn er guter Dinge war, ließ er seinen Krug herumgehen, damit alle probieren und |190| anerkennend murmeln konnten, ein so köstliches Bier hätten sie ihr Lebtag noch nicht getrunken   …
    Einmal sah Andrejko den Meister mit einem anderen Arbeiter auf der Leiter aus einem leeren Bottich steigen, seine brummende Stimme hallte durch den Gang: Ab heute hältst du das hier so sauber wie der Junge, dieser Andrej   … Auch die Kühler werden genauso blank poliert! Du hast eben gesehen, dass es geht   … Hüte dich davor, dass ich sauer werde, Pepa! Wenn ich arbeite, dann arbeite ich, und wenn ich Maulaffen feilhalte, dann halte ich Maulaffen feil, und falls du beides nicht auseinanderhalten kannst, dann kannst du auch zu Hause bleiben   … Andrejko verzog sich leise in eine Ecke, die Männer stapften an ihm vorbei, und das Echo ihrer Schritte verhallte allmählich in der Dunkelheit. Auf einmal schmerzten Andrejkos von der Säure angefressenen Hände nicht mehr, der schwere Gummimantel lag ganz leicht auf seinen Schultern, und seine Zehenspitzen fühlten sich nicht mehr starr an in den Gummistiefeln, denn jetzt war er nicht mehr der Zigo aus der Bahnhofspassage, kein Wieheißtenochmal und Hey-du-da, auf den man ständig ein Auge haben musste, damit er sich beim Arbeiten nicht einen hinter die Binde kippte und nicht in einem Bottich ertrank oder das Bier in den Gully laufen ließ   … Er hatte einen Namen, er war Andrej Dunka, Brauereiarbeiter und Bürger von Pilsen. Am Ende der Schicht brüllte ihm der Meister zu, er solle mitkommen, und gemeinsam liefen sie durch die Brauerei, der Meister zeigte ihm, von wie vielen Menschenhänden die Gerste berührt, gesäubert, behandelt und eingeweicht werden musste, damit sie keimen und zu Malz werden konnte, das dem Bier seine goldene Farbe verleiht, weil sich die Sonne, die auf die Felder und Äcker in Mährisch Haná schien, selbst in diese Gerste verwandelt habe   … und von wie vielen Händen das |191| Malz mit Wasser gemischt, in den Kühlschiffen abgemaischt und mit dem bitter schmeckenden, roten Hopfen aus Žatec gewürzt werden musste, damit später wiederum andere Hände die bittere Würze zum Leben erwecken, damit der Gerstensaft aufblühen, funkeln und schließlich in den riesigen Lagerfässern aus Eichenholz im Gärkeller reifen konnte.
    Dort, bei der Arbeit im Gärkeller, zwischen Bottichen, Säure und blechernen Maßkrügen, dort brach allmählich das Eis, es schmolz mit der ersten Kinokarte, die Andrejko mit selbst verdientem Geld bezahlt hatte, mit der Papierrose, die er auf dem Jahrmarkt für Marketa am Schießstand gewonnen hatte. Auf dem Heimweg kam er jedes Mal an den Eisenbahnreparaturwerken vorbei, wo man ihn aus dem Personalbüro geworfen hatte. Anfangs malte er sich noch aus, wie er dort die Fenster einschlagen würde, um das ihm widerfahrene Unrecht zu rächen, aber im Laufe der Zeit verflog sein Ärger.
    Und eines Nachmittags verstellten ihm die Jungs, die ihn damals wegen Marketa verprügelt hatten, erneut den Weg, und der eine zischte durch die Zähne: Hört er so schlecht oder sind seine Ohren nur dreckig? Hat der Kleine denn nichts verstanden? Wir haben ihn doch gewarnt, oder? Er sah seine Kumpel an, die nickten zustimmend und stellten sich um Andrejko herum, ihr Kreis zog sich zusammen wie eine Schlinge um seinen Hals, wie die Umarmung einer Riesenschlange   … Andrejko wich zurück,er wohnte nicht weit weg,und vielleicht wäre er entkommen, vielleicht hätte er es noch nach Hause geschafft, wenn nicht hinter ihm eine Mauer gewesen wäre.
    Er saß fest   … In der Sekunde, als sich die anderen noch genüsslich an seiner Angst vor dem ersten Schlag, vor dem ersten Tritt weideten, in diesem Moment griff Andrejko nach seinem Messer, das er seit dem letzten Überfall hinten in der Hose trug, und holte blindlings gegen die erstbeste Jacke aus. |192| Er legte seine

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