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Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Titel: Mach mal Feuer, Kleine - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Smaus
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ganze Kraft in den Hieb hinein, seine Angst führte ihm die Hand, die Schneide verschwand bis zum Griff in der Jacke, und der Typ geriet ins Taumeln. Die Horde sprang erschrocken auseinander und Andrejko rannte davon wie ein von einer Hundemeute gehetztes Tier, er hörte hinter sich: Fangt ihn, bringt ihn um!, und jeder dieser Schreie bohrte sich in seinen Rücken hinein   … Auf der Mikulášská-Straße stürzte er in das nächste Geschäft, rang nach Atem und spürte, wie sein Herz wild in seiner Brust sprang. Erst nach einer Weile traute er sich, den Kopf aus der Tür zu strecken und sich umzusehen, dann schlüpfte er hinaus auf die Straße.
    Bis zum Abend lief er durch die Stadt, Tausende wahnsinnig gewordene Trommler wüteten in seinem Kopf, und sein Magen hüpfte wie ein Korken auf stürmischer See. Schließlich trugen ihn seine müden Beine in die Brauerei, dort schloss er sich den Männern an, die zur Nachtschicht hineinströmten, und schlüpfte gemeinsam mit ihnen durch die Pforte. Im Gärkeller bettete er sich auf die wattierten Mäntel, hier aber war sein Glück vorbei, denn einschlafen konnte er nicht.
    Gleich am nächsten Morgen wurde er abgeholt. Zwei massige Kerle führten ihn hinaus, hinter ihnen ging schwerfällig der entsetzte Meister. Männer in karierten Brauereijacken hielten sich an ihren blechernen Maßkrügen fest und sahen schweigend zu, wie Andrejko mit gesenktem Kopf an ihnen vorbeiging, zitternd vor Scham und vor Angst, was wohl jetzt kommen mochte.
     
    Bis zur Polizeistation war es nicht weit, man brauchte nur die nächste Kreuzung zu überqueren.
    Kennst du das hier?, fragte ihn ein junger Leutnant mit schwarzer Sonnenbrille barsch und legte eine Plastiktüte mit |193| einem Messer vor ihn auf den Tisch. Na, wird’s bald?, brüllte er, und Andrejko schluckte trocken und stieß verzweifelt aus: Aber   … die wollten mich   …
    Das Märchen kannste wem anders erzählen, schrie der Leutnant, und die Sterne auf seinen Uniformaufschlägen hüpften auf und ab. Ich kenn dich doch, du Stinktier, machte er sich Luft, und Andrejko fing an zu zittern. Ist nur ein Versuch, er versucht es nur, Andrejko dachte fieberhaft nach, aber wenn ich aufstehe, geht die Tür auf, und die stürzen sich wie Wespen auf mich, es wird Prügel geben, das überlebe ich nicht   … Seine Angst hielt ihn auf dem Stuhl fest, aber er wusste, dass er wirklich stank, er hatte ja die karierte Brauereijacke an, die mit dem schweren und scharfen Geruch von Würze, Hefe und Säure zum Bottichputzen vollgesogen war.
    Der Leutnant ging auf und ab und überlegte, wie er Andrejko und seinen Brauereigeruch loswerden könnte, als das Telefon klingelte. Er kehrte zum Tisch zurück und hob genervt den Hörer ab, murmelte etwas, doch schon im nächsten Moment stand er stramm und spannte die Brust. Ja, Genosse Major, sagte er abgehackt, ja, ich verstehe, gerade vorhin   … ja, der Fall wird umqualifi   … ja, zu Befehl   …
    Pech gehabt, du Zigeunerarsch, sagte er nach einer Weile, nachdem er sich in seinen Sessel gefläzt und die Beine ausgestreckt hatte, das Opfer ist soeben verstorben. Verstehst du: Sense, alles vorbei   … Und es war der Sohn von unserem Chef, du hast einen Mord am Hals, kapiert, du Stinker?, zufrieden klopfte er mit dem Bleistift auf den Tisch, dann schob er die Schreibmaschine vor sich zurecht, legte Papier ein und bellte: So, Dunka, noch einmal von vorn!
    Das Verhör zog sich in die Länge, die Ermittler wechselten sich ab, manchmal schrie ihn einer von hinten an, Andrejko wusste nie, woher der nächste Schlag kommen würde, und |194| ihm war angst und bange, der Papierberg, den man über ihn und die ganze Familie aus Schränken und Aktenordnern herausholte, wurde immer größer, immer wieder musste er seine Fluchtversuche aus dem Waisenhaus schildern und erzählen, was er über Onkel Štefan, über Tante Ida, Marián und Imro wusste, und als man ihn an seine Cousine Jolanka erinnerte, von wegen, diese schwarze Nutte wäre hier bestens bekannt, da sprang er hoch, und sie gleich mit ihm, sie dachten, damit hätten sie ihn drangekriegt, ausgerechnet mit Jolanka würden sie ihn ködern, in die Ecke treiben und brechen, damit er endlich nachgab und sich zu Raubüberfall und Mord bekannte. Unterschreib endlich, Dunka, redete ihm einer zu, dann hast du Ruhe   … Unterschreib, du Arsch, schrie ihn jemand von der anderen Seite an, sonst holen wir diese Nutte her, und du wirst sehen, was dann passiert  

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