Mach mal Feuer, Kleine - Roman
ein hungriges Herz schmerzt viel mehr als ein hungriger Bauch … Andrejko spürte die Wut der Dorffrauen und die sehnsüchtigen Blicke der Männer im Rücken, und ein Schaudern erfasste ihn. Er brannte lichterloh und litt zugleich Durst, traute sich aber nicht, Wasser aus der Quelle zu schöpfen, um das flüchtige Bild auf der Oberfläche nicht zu stören …
Der Winter brach an und die Waldarbeit wurde immer anstrengender. Der Boden in den Tälern war noch schlammig, aber die Berge waren bereits mit nassem Schnee bedeckt, und Andrejko kostete es manchmal große Überwindung, morgens aufzustehen, einen Schluck heißen Tee zu nehmen und in die Dunkelheit und Kälte hinauszugehen.
Anetka kümmerte sich währenddessen um den Haushalt, sie heizte ein, wusch Wäsche und kaufte im Dorf ein. Das Einkaufen machte ihr Spaß, weil ihr das gesamte Geld zur Verfügung stand, das Andrejko beim Förster oder im Dorf verdiente. Für sich behielt er nichts und rackerte sich nicht nur wegen der Kohle ab, sondern auch, um sich müde zu machen, damit er nicht ständig an Anetka denken musste.
Jeden Nachmittag, wenn sich die Dämmerung herabsenkte, wartete Anetka ungeduldig auf Andrejko, immer wieder rannte sie zur Tür und bebte vor Angst, dass ihm im Wald etwas zugestoßen sein könnte. Wenn er bloß nicht immer so erledigt wäre und mehr mit ihr reden und sie nicht immer nur so komisch ansehen würde! Dass ein Feuer in ihm brannte und welche Art Schmerz ihn quälte, bemerkte sie nicht.
Eines Tages wartete sie vergebens. Es war schon dunkel, auf das Gehölz und die von Raureif weißen Wiesen rieselten dicke Schneeflocken herab, oben auf dem Berg ragte schwarz |251| und drohend der Wald. Der Wind frischte auf und brachte eine schneidende Kälte mit sich, die alles, jeden Zweig und auch jedes Haar, in eine weiße Hülle einschloss und Wassertropfen in durchsichtige Perlen verwandelte. Nach Borsučiny führte ein schmaler Pfad hinauf, den sie immer wieder geduldig aus dem Schlamm, später auch aus dem Schnee frei stampften, ein Weg, den auch Mihalič nahm, wenn er ins Dorf wollte, und auf dem schon Wölfe gesehen worden waren … Wölfe, um Himmels willen, Anetka erschrak und ihr wurde ganz heiß, sie rannte vor die Tür und schrie Andrejkos Namen in die Nacht hinaus, aber sie hörte nur ihren stoßweisen Atem und das Pfeifen des Sturms, der riesige Schneegraupen durch die Dunkelheit jagte, wie Tausende weiße Schnürchen peitschten sie ihr ins Gesicht.
Schließlich hielt sie es nicht mehr aus und hastete in den Wald.
Sie fand Andrejko unweit der Siedlung, steif vor Kälte. Bewegungslos lag er auf einem Reisigbündel, sein Körper hob sich schwarz vom Schnee ab. Anetka schrie verzweifelt auf, die eisige Luft riss beinah ihre Lungen entzwei, sie rutschte aus und fiel hin, rappelte sich aber wieder auf, um sich gleich darauf neben Andrejko in den Schnee fallen zu lassen. Mühsam drehte sie ihn auf den Rücken, küsste seine kalten Wangen und weinte, als könnten ihre Tränen ihn wieder ins Leben zurückrufen – da bewegte sich sein steifer Körper und er öffnete die Augen. Anetka schrie erneut auf, fiel ihm um den Hals, sprang aber gleich wieder hoch und versuchte, ihn aufzurichten. Dafür war sie jedoch zu schwach, also schleifte sie ihn auf dem Schnee den Hang hinunter, in die Wärme, nach Hause in ihr Erdloch …
Unterwegs kam Andrejko wieder zu sich, aber er konnte sich nicht auf den Beinen halten; um ihn ins Bett legen zu |252| können, musste Anetka ihre ganze Kraft zusammennehmen. Dann wurde ihr schwarz vor Augen und ihre Beine sackten weg, eine schwere Last fiel von ihrem Herzen und sie spürte keine Kälte mehr. Es war kein ausgekühlter Lehmboden, auf dem sie lag, sondern heißer Sand oder Moos, von der Sonne erwärmt, und Anetka genoss den betörenden Duft nach Tannennadeln und Harz …
Kurz darauf kam sie wieder zu sich, die Kälte und die eisige Stille, die die Wände ihrer Behausung verströmten, ließen sie erschauern. Rasch stand sie auf und brachte das Feuer in Gang. Dann wärmte sie über der Kochplatte ein Handtuch und rieb damit Andrejkos steife Arme und Beine, versuchte, ihm zwischen seine geschwollenen Lippen ein paar Tropfen Tee einzuflößen. Der Raum erwärmte sich rasch, die Herdplatten knackten vor Hitze und das Rohr glühte, und als Andrejko in einen Halbschlaf versank, stürzte sie sich auf ihn, sie schrie und flehte, er dürfe sie nicht verlassen, sie nicht in dieser Einöde allein
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