Mach mal Feuer, Kleine - Roman
stiegen in den Bus, und dann standen sie auf dem Bahnhof von Stakčín und starrten vor sich hin, der Bahnhofsvorsteher kam aus seinem Büro und setzte seine rote Mütze auf, ein schriller Pfiff zerriss die Luft, und Anetka schlang ihre Arme um Tibor,
Bachtalo tiro drom, phraloro,
Glück auf deinem Wege, Brüderchen, |243| flüsterte sie und Tränen stiegen ihr in die Augen. Der Triebwagen setzte sich in Bewegung und ratterte Richtung Snina davon, und als er hinter der ersten Biegung verschwand und mit ihm auch Tibor, der aus dem Fenster winkte, da kamen auch Andrejko die Tränen …
Sie standen noch eine Weile auf dem leeren Bahnsteig, dann drehten sie sich schweigend um und gingen nach Poljana zurück, zu ihrem Erdloch … Bei den letzten Häusern von Stakčín fassten sie sich an den Händen, wie selbstverständlich verhakten sich ihre Finger ineinander. Gelbe, fast reife Äpfel lächelten sie von den Bäumen am Wegesrand an, da stahl sich ein leises Lächeln in Anetkas Augen, und Andrejko sprang über den Straßengraben, schwang sich auf einen Baum und warf Anetka die säuerlichen Wildäpfel herunter. Dann setzten sie sich an das Ufer der Cirocha und ließen sich von der Sonne wärmen. Sie sahen dem Wasser zu, wie es über die Steine hüpfte, über der durchsichtigen Oberfläche lauerte ein Eisvogel auf einen Fisch, die Luft war rein und klar.
Andrejko lachte, hier ist es ja wie im Paradies, goldene Äpfel und kristallklares Wasser, hoffentlich vertreibt uns keiner, er hob die Hand und stach mit dem Finger in den blauen Himmel über ihnen.
Sie legten sich ins Gras, und Anetka flüsterte: Ich kann nicht zurück … weißt du, Imro … der ist einmal zu mir unter die Bettdecke, er war total blau, hat furchtbar gestunken … nein, passiert ist nichts … aber es war eklig, ich kann nicht dahin zurück … er ist mein Bruder, genauso wie du, aber … er hat gesagt, ich sollte wie Jolanka … aber ich will nicht auf die Straße, ich will nicht auf den Strich! Anetka schluchzte laut auf, griff nach Andrejkos Hand und spielte verlegen mit seinen Fingern: Ich habe Angst … Andrejko erschauerte, sprang hoch und drohte mit der Faust in die Ferne, Richtung |244| Stakčín, dann ließ er ohnmächtig die Arme sinken und flüsterte: Du brauchst keine Angst zu haben. Alles wird gut. Und er dachte an das armselige Erdloch und an den Winter, der bereits vor der Tür stand, aber auch der Zug, mit dem Tibor davongefahren war, kam ihm in den Sinn.
Wir hätten ihn nicht gehen lassen dürfen, warum haben wir das zugelassen? Aber wem könnte er erklären, wie das war, mit einer Mama die Straße entlangzugehen und von der gegenüberliegenden Seite zu hören: Haste gesehen, das ist doch die Zigeunernutte … Wer könnte das verstehen?
Zigeunernutte … Nutte … schallte es in Andrejkos Kopf. Nutte, rutschte ihm heraus, der Klang seiner eigenen Stimme erschreckte ihn, er ballte die Hände zu Fäusten und seine Fingernägel gruben sich in die Handflächen. Wenigstens einen einzigen Winter … wir müssen es versuchen, das halten wir schon irgendwie aus, dachte er und trocknete mit dem Ärmel Anetkas Tränen. Alles wird gut, tröstete er sie und sich selbst, der Frühling ist zwar noch weit weg, aber das wird schon. Wenn man Hunger hat, wenn die letzten Krümel aufgelesen sind und man Brennnesseln pflücken muss, um etwas kochen zu können, dann ist auch der nächste Tag ganz weit weg.
Sie fassten sich wieder an den Händen und gingen weiter. Vor Poljana machten sie einen Abstecher in den Wald, um Holz zu sammeln. Sie stapelten gerade Äste und Reisig aufeinander, um kleine Bündel aus ihnen zu schnüren, als ein bärtiger Typ in grüner Uniform und mit einem Gewehr auf sie zutrat. Der Förster Mihalič …
Andrejko stockte das Blut in den Adern. Er kannte Mihalič, der alte Juraj hatte häufig mit ihm zusammen in der Schenke gesessen, außerdem war Mihalič von Zeit zu Zeit bei ihnen vorbeigekommen … Das ist das Ende, dachte Andrejko, und |245| der Eisvogel und die goldenen Äpfel schossen ihm durch den Kopf, er warf sein Reisigbündel weg und wollte das Weite suchen, aber Mihalič vertrat ihm den Weg, er solle ja hübsch stehen bleiben, was falle ihm ein, zu denken, er, der Förster, wüsste nicht, dass sie da seien? Aber er suche Leute für die Waldarbeit, zunächst für den Winter, und er würde es mit Andrejko probieren, vielleicht auch mit Anetka, das müssten sie selbst
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