Machen Sie das Beste aus Ihrem Kopf
nicht gewachsen war und manchmal sogar einen völligen geistigen Blackout erlebt hat. In ähnlicher Weise ergeht es Schauspielern mit unerträglichstarkem Lampenfieber. Es kann ihnen passieren, dass sie auf der Bühne stehen und plötzlich ihren Text vergessen haben.
Es gibt einen Zusammenhang zwischen unserer emotionalen Erregung, dem Ausmaß an Anspannung und Aufgeregtheit und unserer geistigen Leistungsfähigkeit. Moderate Belastungen mit einem geringen Maß an Erregung sind offenbar hilfreich für unser Denkvermögen, wogegen zu viel Anspannung und Aufregung uns geistig beeinträchtigen können. 1 Stress, wie wir ihn tagtäglich erleben, kann negativ auf unsere mentale Gesundheit und Leistungskraft wirken. Warum ist das so und was ist Stress eigentlich?
Stress hat viele Gesichter und wird individuell sehr unterschiedlich erlebt. Was der eine Mensch als belastend empfindet, ist für einen anderen Menschen möglicherweise überhaupt nicht belastend. Erst eine Situation, die wir als bedrohlich empfinden und die wir gleichzeitig nicht glauben bewältigen zu können, erleben wir als Stress. Haben wir Zutrauen in unsere eigenen Bewältigungsfähigkeiten, so wird die Situation von uns als herausfordernd in einem positiven Sinn erlebt. Eine individuell verschiedene genetische Basis sowie unterschiedliche Entwicklungswege und Erfahrungen im bisherigen Lebensverlauf prägen unsere Stresstoleranz. Sie bestimmen, wie wir Ereignisse erleben, bewerten und beurteilen. 2
Stress kann auch so etwas wie die Würze des Lebens sein. Ein leidenschaftlicher Kuss ruft zum Beispiel dieselben körperlichen Reaktionen hervor, wie eine extreme Gefahrensituation im Straßenverkehr, ist also genauso aufregend. Der Herzschlag erhöht sich, der Blutdruck steigt, die Atmung geht schneller, wir schwitzen vielleicht stärker und fangen möglicherweise an zu zittern. Im einenFall erleben wir eine stimulierende Aufgeregtheit und im anderen Fall erleben wir dagegen bedrohliche Angst.
Körper und Geist sind gleichermaßen betroffen und in Stressprozesse involviert. Sowohl unser Gehirn als auch unser Körper können bei übermäßiger und andauernder Stressbelastung deutlichen Schaden nehmen. Warum ist das so? Unser Gehirn ruft in Stresssituationen auch heute noch genau dasselbe biologische Programm ab, wie zu Beginn unserer Entwicklungsgeschichte, als wir noch mit dem berühmten Säbelzahntiger kämpfen oder vor ihm fliehen mussten. Der Körper produziert vermehrt Stresshormone. Der Herzschlag beschleunigt sich. Die Atmung wird schneller und der Blutdruck steigt. Das Herz und die Muskeln werden verstärkt mit Glukose und Sauerstoff versorgt. Fett wird in Energie umgewandelt. Das alles geschieht, damit wir all unsere körperlichen Kräfte für schnelle Körperreaktionen nutzen können. Unsere Konzentration liegt voll und ganz auf der momentanen Situation. Aufmerksamkeit und Wahrnehmungsfähigkeit sind nur hierfür geschärft. Wir entwickeln einen sogenannten Tunnelblick, der unser Wahrnehmungsfeld stark einengt. 3
Im Unterschied zu früher passen diese Reaktionen aber heute nicht mehr. Wir müssen glücklicherweise nicht mehr um unser Leben rennen. Der Säbelzahntiger erscheint uns bestenfalls noch in Büchern oder Geschichten. Angst müssen wir vor ihm nicht mehr haben. Heute sind wir ganz anderen Bedrohungen und Belastungen ausgesetzt. Stress ist nur noch selten ein akutes, momentanes und zeitlich begrenztes Phänomen. Stress ist vielmehr allgegenwärtig und andauernd. Immer mehr Menschen leiden unter chronischem Stress. Die Frage »Wie geht es dir?« wird sehr häufig mit »Ich bin total im Stress!« beantwortet. Gesundheitsorganisationen warnen vor einem extremen Anstieg stressbedingter Erkrankungen. Burn-outzählt dazu und ist mittlerweile von den Krankenkassen als Erkrankung anerkannt; ein Burnout gilt als Ergebnis einer ständig zu hohen Belastung.
Stress kann durch unterschiedliche kritische Lebensereignisse hervorgerufen werden. Dazu zählt unter anderen eine Scheidung oder Trennung vom Lebenspartner, der Tod eines nahestehenden Menschen, die dauerhafte Pflege schwer pflegebedürftiger Angehöriger, der Arbeitsplatzverlust oder die Angst vor dem Verlust, finanzielle Probleme und existenzielle Sorgen und Nöte sowie eine andauernd zu hohe Arbeitsbelastung. Im Unterschied zum Säbelzahntiger, der schnell bekämpft werden musste, wirken diese Ereignisse alle mehr oder weniger lange und andauernd auf uns ein. Nach einer Trennung oder dem
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