Machen Sie Ihren Kopf fit für die Zukunft
bevorzugten Sinneskanal für die Informationsaufnahme
? In der Pädagogik sprach man eine Zeit lang von »Lerntypen«, die
besonders den von ihnen favorisierten Sinneskanal nutzen sollten. Diese
Vorstellung geht auf Frederic Vester und sein in den 1970er Jahren sehr bekannt
gewordenes Buch »Denken, lernen, vergessen« zurück. Heute weiß
man, dass Informationen am besten über alle Sinnessysteme aufgenommen
werden: über das Lesen, Hören, Schreiben, spielerisch Darstellen und
Ausprobieren – die bunte abwechslungsreiche Mischung bringt den meisten
Lernerfolg.
|43| 2. Schritt des Lernens: Informationsverarbeitung
Sobald das Gehirn einen Reiz aufgenommen hat, weil er wichtig und interessant war, möchte es mehr über ihn wissen: Wie passt
er zu den bereits vorhandenen Informationen, wo soll er abgespeichert werden, und was bedeutet er für die Zukunft? Das Gehirn
denkt nach, versteht und ordnet das gerade entstandene Muster ein. Durch die gehirninterne Suchmaschine wird es mit vorhandenen
Mustern verglichen. So wie ein ins Wasser geworfener Stein die Oberfläche des Sees in weitem Umkreis in Unruhe versetzt, werden
durch einen aufgenommenen Reiz alle gespeicherten Vorerfahrungen blitzschnell und parallel aktiviert. Wenn wir gerade einen
Apfel erblickt haben, gerät das ganze Assoziationsuniversum zu »Apfel« in Schwingung und lässt eine reiche Mischung aus Gedanken
und Gefühlen anklingen. Das aktuelle Apfelnetzwerk sinkt wie in ein Kissen der anderen aktivierten Netzteile und wird dort
verankert, wo Überlappungen stattfinden. Das Gehirn weiß nun, was es von diesem Apfel zu halten hat, und wenn es zusätzlich
noch die Information »hungrig« bekommt, wird es veranlassen, dass sein Mensch mit Freude in den Apfel beißt. Von alledem bekommt
man praktischerweise nur so viel mit, dass man »irgendwie weiß«: Ich möchte jetzt dieses Ding, das ein leckerer Apfel ist,
essen. Denn die meisten Informationsverarbeitungsprozesse laufen ganz schnell und völlig unbewusst ab.
Der gleiche Verarbeitungsprozess findet satt, wenn wir abstrakte Inhalte wie »Globalisierungsfalle« oder »a² + b² = c²« aufnehmen.
Je öfter wir uns mit ihnen beschäftigt haben, desto müheloser und rascher wird die Information erkannt und einsortiert. Auf
den ersten Blick ist uns dann klar, was sie bedeutet. Bei ungewohnten Inhalten jedoch erleben wir dieses Suchen nach Einordnungsmöglichkeiten
und Anschluss an vorhandene Informationen ganz bewusst als angestrengtes Nachdenken und Verstehenwollen. Dabei spüren wir,
wie uns, getrieben durch die Frage: »Was ist das noch mal genau?«, nach und nach mehr Details einfallen. Eins kommt zum anderen,
ein aufgenommener |44| Faden im Netzwerk zieht an anderen Stellen weitere Knotenpunkte ins Bewusstsein. Dieser Such- und Verarbeitungsprozess wird
durch den Botenstoff Dopamin gefördert. Interesse, Vorfreude und Motivation unterstützen also auch diesen zweiten Schritt
des Lernens. In dem Augenblick, in dem das neue Muster bei den vorhandenen auf Resonanz stößt, der »Groschen gefallen ist«,
man also begriffen hat, worum es geht, belohnt uns das Gehirn mit einem kleinen Endorphinausstoß. Dieser Aha-Moment ist der
schönste im ganzen Lernprozess. Je mehr Neues wir verstehen, desto häufiger dürfen wir ihn erleben. Dazu müssen wir aber den
Verständnisprozess selbst »durchlitten« haben. Geben Sie sich also ruhig einmal Mühe, sich etwas Kompliziertes durch gründliches
Nachdenken selbst klarzumachen, es lohnt sich!
Praxis-Tipp Selbstdenken macht glücklich
Hausaufgabenmütter und Führungskräfte können ein Lied davon singen: Mit jeder Kleinigkeit kommt jemand an und möchte eine
Erklärung. Beantworten Sie nicht bereitwillig jede Frage. Sie verhindern dadurch das Aha-Erlebnis und schwächen langfristig
die Motivation zum Selbstdenken und das Selbstvertrauen. Hören Sie sich die Aufgabenstellung und das Problem wohlwollend an,
und fragen Sie routinemäßig zurück: »Woran hatten Sie/hattest du denn schon gedacht?« Bestimmt kommt schon ein Ansatz zutage,
den man mit einem angemessenen Lob bestärken und dann gemeinsam weiterentwickeln kann.
Gute Voraussetzungen für die Informationsverarbeitung
Auch dieser zweite Schritt des Lernens profitiert von guten »technischen« Voraussetzungen. Jeder weiß, wie mühsam das Durchackern
und Verstehenwollen von neuen Informationen ist. Je aktiver jedoch das Gehirn ist, je besser seine Zellen
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