Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)

erheitern.
Und wenn dieser Stoff
als zu leicht und eines gesetzten Mannes
nicht würdig erscheint,
so entschuldigt den Autor damit,
dass er mit solchem Getändel
sein elendes Leben süßer zu machen bestrebt ist.
Denn er hat nun einmal
nichts Besseres zu tun,
da es ihm verwehrt ist,
seine Tatkraft mit anderen Unternehmungen
zu beweisen, und seine Anstrengungen ohne Lohn blieben.[ 58 ]
    Für eine Komödie war das ein reichlich polemischer Anfang. Machiavelli gab zu verstehen, dass er nichts Besseres zu tun habe, als Lustspiele zu schreiben, weil ihn die Medici an sinnvolleren Tätigkeiten hinderten. Das Lachen, zu dem das Stück reizen sollte, konnte unter diesen Voraussetzungen nicht entspannt sein. Potentielle Kritiker wurden gleich zu Beginn gewarnt:
Und wenn jemand glauben sollte, durch abträgliche Rede
den Verfasser bei den Haaren zu packen,
zu erschrecken
oder gar abzuschrecken, so warne ich ihn und sage ihm offen:
Auch er kann Schlechtes über euch sagen,
ja, das ist sogar seine höchste Kunst.[ 59 ]
    Im Verhältnis zu diesen Ankündigungen fällt die Handlung des Stückes, die im Prolog ebenfalls zusammengefasst wird, harmlos aus. Callimaco Guadagni, ein junger Florentiner, ist aus Paris in seine Heimatstadt zurückgekehrt, weil dort die schönste Frau der Welt leben soll: Lucrezia, die junge Gattin des ältlichen Notars Nicia Calfucci. Eine Florentinerin schöner als alle Französinnen? Schon damals galt Paris als die Stadt der Liebe und der Eleganz, Callimaco schenkt dem Hörensagen daher keinen Glauben, ist aber neugierig genug, um sich selbst ein Bild zu machen – und rast danach vor Begierde. Doch Lucrezia ist nicht nur schön, sondern auch äußerst tugendhaft. Zudem lässt sie ihr eifersüchtiger Ehegespons nicht aus den Augen. Guter Rat ist also teuer.
    Für Ligurio, den schlauen Schmarotzer, gilt das im wahrsten Sinne des Wortes. Er leiht dem verliebten Callimaco seine Unterstützung und kommt dabei auf seine Kosten. Ligurio ersinnt nicht nur die Intrige des Stücks, sondern hält als Stratege auch die Fäden der Operationen in der Hand. Sein Plan zielt auf Nicias Achillesferse ab. Der kümmerliche Notar hat es nach sechs Jahren Ehe nicht geschafft, einen Sohn zu zeugen, wünscht sich einen männlichen Nachkommen jedoch mehr als alles auf der Welt. Diese Begierde ist seine Schwäche, denn Begierde macht den Menschen blind. Das gilt für Callimaco genauso wie für Nicia. Kühlen Kopf behält allein Ligurio. Er macht sich zunutze, dass Callimaco in Florenz so gut wie unbekannt ist. So ist es ein Leichtes, ihn dort als großen Mediziner anzupreisen, der sich auf scheinbar hoffnungslose Fälle unfreiwilliger Kinderlosigkeit spezialisiert hat.
    Doch die Medizin, die er anbietet, ist nicht ohne Nebenwirkungen: Jede Frau, die einen Sud von der Mandragola-Wurzel trinkt, wird fruchtbar, aber derjenige, der als erster mit ihr schläft, stirbt unweigerlich innerhalb von acht Tagen. Vater werden ist also nicht mehr schwer, dafür jedoch tödlich. So hat sich Nicia die Zeugung seines Erben nicht vorgestellt. «Doktor» Callimaco weiß aber auch hier Rat: Dann muss eben ein Strohmann her, der mit Lucrezia schläft! Nach anfänglichem Zögern ist Nicia einverstanden. Unter Männern ist man sich also einig. Damit stellt sich das nächste Problem: Lucrezias Tugend. Zu diesem Partnerwechsel, so die Einschätzung ihres ebenso tumben wie gockelhaften Mannes, wird sie sich nie und nimmer bereit erklären, denn sie liebe nur ihn und befolge zudem gewissenhaft die Gebote der Kirche. Doch auch hier weiß der kluge Ligurio die Lösung: Wenn die Kirche im Wege steht, muss ein Mann der Kirche den Weg freimachen! In Gestalt des Frate Timoteos, Lucrezias Beichtvater, ist ein solcher schnell gefunden. Gute Dienste bei der Einfädelung der Intrige leistet auch Lucrezias Mutter Sostrata. Ihre Mitwirkung ist ebenfalls vom krassen Egoismus diktiert: Wenn Nicia keinen Sohn bekommt, wird er Lucrezia verstoßen – und mit ihr auch Lucrezias Mutter. Mit dem ersehnten Erben hingegen lässt es sich herrlich leben, vor allem dann, wenn der bejahrte Gatte ihrer Tochter erst einmal das Zeitliche gesegnet hat.
    Frate Timoteo versucht also Lucrezias Bedenken zu zerstreuen, was ihm unter Aufbietung seiner ganzen theologischen Winkel-Gelehrsamkeit schließlich auch gelingt. Jetzt gibt es nur noch ein Hindernis: Nicia kennt Callimaco als Arzt, dieser kann also nicht einfach als todgeweihter Begatter ins Haus des Notars hineinplatzen. Darum wird