Machine Gun Preacher -: Die wahre Geschichte eines Predigers, der bis zum Äußersten geht, um Kinder zu retten. (German Edition)
erbebt. Wenn man auf dem Boden liegt, spürt man dies im ganzen Körper.
Damit leben die Leute hier Jahr um Jahr , dachte ich. Sie wissen nie, wann der nächste Schlag kommt oder die nächste Soldatentruppe mit Fackeln und Macheten.
Das unbekannte Kind
Aus einer fünfwöchigen ehrenamtlichen Tätigkeit in Yei wurde eine Lebensaufgabe in Afrika für mich. Schuld daran war eine Metallscheibe von der Größe eines Speisetellers. Radikale Moslems hatten überall in dem Gebiet, wie auch in vielen anderen Gegenden des Sudan, Tellerminen ausgelegt. Diese Minen aus der Vietnam-Ära sind billig, verlässlich und leicht zu handhaben. Wenn sie erst einmal in der Erde liegen, bleiben sie unbegrenzt scharf, was sie für die einheimische Bevölkerung so gefährlich macht. Die Armeen des Nordens legen sie zu Tausenden in die Erde. Ziel ist es, die SPLA-Soldaten zu Krüppeln zu machen. Doch wenn die Kriegsschauplätze dann an andere Orte verlegt werden, kommt niemand zurück, um diese Minen wieder auszugraben. Sie auszulegen, ist relativ ungefährlich und einfach. Aber die scharfen Minen zu entfernen, ist sehr gefährlich. Darum bleiben sie einfach in der Erde. Die Truppen aus dem Norden legen sogar Minenfelder in Gegenden, in die die Soldaten der SPLA eher selten kommen. Ihr Ziel ist es, unschuldige Zivilisten zu verletzen. Es gehört zu ihrer Kampagne der Einschüchterung und des Terrors.
Immer wieder stieß ich unterwegs auf Leichname von Menschen, die durch die Minen getötet oder von Soldaten massakriert wurden. Eigentlich waren es keine Leichname, sondern nur noch Skelette. Unter den klimatischen Bedingungen und bei den vielen Aasfressern hält sich das tote Fleisch nicht lange. Trotzdem hängt der süßliche Geruch der Verwesung in der Luft, bei dem sich mir der Magen umdreht. Bei einem Massaker außerhalb der Stadt wurden fünftausend Menschen getötet. Skelette wurden auf Skelette gehäuft. Der Tod in der Luft war greifbar.
Tödliche Strecke: Die Straße nach Juba ist wegen Landminen über viele Kilometer nicht befahrbar.
Die Minen, die in der Gegend von Yei in der Erde liegen, sind eine Kombination aus gegen Personen gerichtete Minen und größere Anti-Panzerminen, die in den 50er-Jahren ausgelegt worden waren. Sie sind noch genauso gefährlich wie am ersten Tag. Der Kriegsschauplatz zieht weiter, Markierungen und Warnschilder verschwinden, und irgendwann vergessen die Menschen, dass die Minen im Boden liegen, bis es zu spät ist.
Zweck der Minen war nicht zu töten, sondern zu verkrüppeln. Ein toter Soldat ist ein toter Soldat. Aber ein verwundeter Soldat behindert den Vormarsch seiner Einheit und lenkt den Fokus vorübergehend vom Angriff weg auf die Suche nach medizinischer Versorgung. Die Sprengladung einer gegen Personen gerichteten Mine ist so dosiert, dass sie einen Fuß abtrennt oder ein Bein zertrümmert. Allerdings nur, wenn das Opfer ein Erwachsener ist, der Stiefel trägt …
Eines Tages kam ich durch ein Gebiet, in dem viele Menschen ihr Leben verloren hatten. Frauen, ältere Menschen, jeder, der barfuß lief oder Sandalen trug, stand in Gefahr, getötet zu werden. Niemand war gekommen, um nach diesen Opfern zu suchen – vermutlich, weil der Rest der Familie bereits tot war. Auch von der Regierung gibt es keine organisierte Aktion, die Leichname einzusammeln. Sie werden einfach am Rand der Minenfelder aufeinandergestapelt. So schrecklich das auch ist, der Anblick ist eine wirkungsvolle Mahnung zu Vorsicht an die Lebenden.
Während meines ersten Besuchs in Afrika war ich mit einigen der anderen Arbeiter unterwegs. Der Anblick der verstümmelten Leichname entsetzte uns. Doch dann stießen wir auf den Körper eines Kindes. Von der Taille an war nichts mehr da. Ich konnte nicht sagen, ob es ein Junge oder ein Mädchen gewesen war. Die untere Hälfte war einfach fort.
Ich stand über diesen kleinen Körper gebeugt und starrte hinab auf die Überreste dieses einmal so kostbaren Kindes. Noch vor Kurzem hatte es gespielt und gelacht, war voller Leben, Energie und Hoffnung. Es war noch zu klein, um zu verzweifeln. Zu klein, um zu hassen. Doch vor einigen Tagen war es durch dieses Feld gelaufen – vielleicht beim Spielen? Vielleicht auf einem Botengang? Vielleicht war es einem Haustier hinterhergejagt? Dieses Kind setzte seinen kleinen schmutzigen Fuß auf die Druckkappe, die die kleine Sprengladung auslöste. Es gab ein Plopp! Und einen Blitz, der nur eine Sekunde andauerte. Aber als er verpufft war, war
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