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Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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malaiischen Winde hatten feuchte und zärtliche Zungen. Die Journalisten kicherten und quietschten in den Kurven mit der Bremse.
    Dann wurden die Straßen breiter. Ampeln tauchten auf. Sie waren so niedrig, dass man, auf den Zehenspitzen stehend, das rote Licht erreichen konnte. Dafür sahen die Wolkenkratzer sehr echt aus.
    Wir hielten vor dem Schild »Karaoke-Bar New York«.
    »Na? Wo sind die versprochenen Pornokinos?«
    »Wir warten noch bis zum Abend. Das richtige Leben beginnt erst bei Anbruch der Dunkelheit.«
    In diesem Teil der Stadt war ich noch nicht gewesen. Eine Art Geschäftszentrum. Doch auch hier wirkte alles wie nicht richtig durchdacht. Vor einem teuren Schaufenster aus kugelsicherem Glas konnte ein Haufen kaputter Ziegel liegen, umgeben von einem Bambuszäunchen. So als hätte man mit Enthusiasmus angefangen, wäre es dann aber leid geworden und hätte sich gesagt, pfeif drauf.
    Um eine festliche Stimmung zu erzeugen, waren hier und da Bündel von staubigen Luftballons an den Pfosten angebunden. Es sah aus, als hätte jemand im Vorbeifliegen beschlossen, hier zu laichen. Fast jede Tür führte in eine Bank. Magere Ausrufer packten mich am Arm: »Change your money , mister! Change your money in our bank! Please , mister!«
    Neben den Bürgersteigen häufte sich der Müll. Tüten, Becher, Papierfetzen. Stellenweise erreichte der Müll Kniehöhe. Vor den Häusern saßen unter Schutzdächern Frauen und droschen konzentriert auf die Tasten ramponierter Schreibmaschinen ein.
    Alle tranken etliche Bier. Die Journalisten starrten Brigitta an wie Halbwüchsige, die Eindrücke für ihre abendliche Onaniersitzung sammeln wollen. Als Papauskas das bemerkte, sagte er, wir wollten jetzt lieber aufbrechen. Bis später mal. Die Malaien gerieten in Verwirrung. Mehrmals fragten sie, in welchem Hotel man uns untergebracht habe und ob sie abends vorbeikommen dürften.
    Mitten auf dem Bürgersteig zu stehen war sehr heiß. Die Motorroller qualmten schrecklich. Brigitta schüttete das warme Bier in sich hinein und betrachtete die vorbeigehenden Malaien.
    »Gehen wir in den Schatten?«
    »Habt ihr bemerkt, dass es hier überhaupt keine Weißen gibt? In der letzten Zeit will ich Weiße immer grüßen. Einfach deshalb, weil es Weiße sind. Sogar völlig unbekannte sechzigjährige Spießer.«
    »Man denke nur: Ich bin auf die andere Seite der Welt gereist!«
    »Die Welt hat nur zwei Seiten: das Jenseits und das Diesseits.«
    »Findet ihr nicht, dass es abgeschmackt ist, sich schon morgens zu betrinken?«
    Ein paar Häuserblocks weiter tauchte ein gewaltiges Schild auf: »Robertson‘s Department Store«. Drinnen war elektrisches Licht und klimatisierte Luft.
    »Willst du noch irgendwas kaufen?«
    »Ich?! Hier?! Entschuldige, aber seitdem ich zum ersten Mal mit einer Frau geschlafen habe, habe ich keine Jeans von Rifle mehr getragen.«
    Im Erdgeschoss standen Tische, auf denen sich bunte Klamotten und Turnschuhe Größe 38 türmten. Drei T-Shirts nach Wahl für acht Ringgit. Zwei Jeans nach Wahl für fünfzehn. Papauskas grub ein lustiges T-Shirt aus. Auf weißem Grund verflochten sich neun schwarze Skelettpärchen in den populärsten erotischen Stellungen. Das Glied der männlichen Skelette erinnerte an ein Schienbein.
    »Brigittka! Brigittka! Soll ich dir so ein T-Shirt kaufen? Na? Das kannst du bei dir zu Hause in Brüssel tragen.«
    Ab der ersten Etage stiegen die Preise sofort um das Fünffache. Kunden waren fast keine da. In der Abteilung für Oberbekleidung saß die Verkäuferin zusammengekrümmt auf einem Schemel und schnitt sich die Fußnägel. Die Schere klapperte laut. Die Nagelschnipsel flogen in alle Richtungen.
    Papauskas kaufte sich wahnsinnig teure Socken. Ich ging in die Spielzeugabteilung und suchte für mein Kind einen riesigen aufblasbaren Elefanten aus. Vielleicht, wenn ich zurück bin – ich bin ja jetzt Buddhist – und trinke nicht – vielleicht würde ich jetzt endlich ...?
    Als wir das Umherschlendern leid waren, fuhren wir mit der Rolltreppe ins Souterrain des »Robertson«. Hier gab es mehrere Bars, Cafes und Pizzerien. Musik spielte. Oho-ho! Fünf Zeitzonen. Zwei Kontinente. Drei Ozeane. Und was hörte ich? Die Cranberries, die mir schon in Petersburg zu den Ohren wieder herausgekommen waren!
    Hier und da leuchteten an den Tischen helle europäische Gesichter.
    Ich holte den Elefanten aus der Tüte und sah ihn mir noch einmal an. Er hatte einen lustigen Rüssel und kleine Ohren. »Scheiße! Ich

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