Machos weinen nicht
Abenteuerromanen – den Alkis in den Medizinbroschüren – irgendwelchen entfernt bekannten Einfaltspinseln ...
Aber sehr bald hörten Geschlechtskrankheiten auf, für mich etwas Exotisches zu sein. Sie wiederholten sich so viele Male, dass ich mich manchmal schon nicht mehr an die Reihenfolge erinnern kann. Die langgesichtige Geigerin aus dem bekannten Ensemble (zweiwöchige Penizillinkur im Krankenhaus am Platz des Aufstands). Die Party mit den drei Grundschullehrerinnen (schwere Trichomoniasis mit Komplikationen, macht sich bis heute durch einen bitteren Beigeschmack auf der Zunge bemerkbar). Irgendwelche Ballerinen mit Zöpfchen ...
Daher erkannte ich die Symptome sofort. Ich stand vor dem Klobecken und betrachtete mein verunstaltetes Glied. »Motherfucker, Motherfucker, verdammt! Motherfucker ...« In der Küche rauchte ich eine Zigarette. Die Asche schnippte ich auf einen Teller. Dann griff ich zum Telefonhörer. Wen konnte ich anrufen? Mir fiel der Mann aus der Suizidklinik ein. Der mit dem gerissenen Halsmuskel. Ein großes Glied, sagst du?
Ich ging ins Zimmer zurück. Der Welpe krabbelte auf seinen krummen Pfoten diagonal vom Bücherschrank zum Sofa. Er wusste schon, dass dies sein Zuhause war. Er war fröhlich und neugierig. Tag für Tag erkundete er das ihm zugefallene Territorium.
Der Welpe hob seine kluge Schnauze zu mir empor. Vielleicht begriff er schon, dass irgendwas nicht in Ordnung war. Er wedelte mit dem ganzen hinteren Teil seines langen Körperchens, aber als ich die Hand nach ihm ausstreckte, rannte er, die Pfoten hochhebend, davon. Es versteht sich, dass ich schneller war.
Er sah mich mit seinen schwarzen Augen an. Leckte mir die Finger. Ich wandte den Kopf ab, atmete tief und krampfhaft ein und drückte die Faust zusammen. Mit dem ganzen Arm, bis hoch zur Schulter, spürte ich seinen Todeskampf. Glauben Sie mir, das war schwieriger, als sich das eigene Handgelenk durchzusägen.
Lange löste ich die Finger nicht. Der tote Körper kam mir viel schwerer vor als der lebendige. Ich ging zum Mülleimer. Bevor ich den Leichnam hineinwarf, konnte ich mich nicht zurückhalten und sah ihn an. Im Sterben hatte er mir auf den Ärmel gepinkelt. Über meine Faust hingen die komischen Welpenöhrchen. Im Bad rubbelte ich meine Hände lange mit Seife und einem Schwamm. Eine Weile saß ich in der Küche und starrte auf den Tisch. Nach einer halben Stunde raffte ich mich schließlich auf und trug den Mülleimer nach draußen.
Dann stand ich am Fenster und rauchte. Das Fenster war groß, aber trübe. Das letzte Mal war es vor einem Jahr geputzt worden – auch im Frühling. Mir fiel ein, dass ich damals gerade nach Goa wollte.
Wie dumm alles gelaufen war – aber eigentlich auch glücklich. Draußen schien die Frühlingssonne. Eiszapfen-Phalli und all das. Der Frühling hatte doch noch begonnen.
Wieder ein weiterer, ein neuer Frühling.
»Oho-ho«, atmete ich aus.
Zweiter Teil
VIERZEHN REZEPTE DER
KAUKASISCHEN KÜCHE
»Es waren einmal Er und Sie ...«
Traditioneller Anfang kaukasischer Märchen
über die Liebe
1. APERITIF
Erstes Rezept – Herber junger Rotwein
S päter konnte er sich nicht mehr daran erinnern, womit es damals angefangen hatte. Sie hätten nach der Redaktionsbesprechung ein paar Baltika trinken, ausspucken und auseinander gehen können – aber nein! Sie gingen in den dritten Stock zu Serditow hinunter, er sagte, er sei beschäftigt. Dafür hatten ein von irgendwoher aufgetauchter deutscher Journalist und eine neue Praktikantin Zeit. Nach einem weiteren Baltika ging der Deutsche, die Praktikantin aber blieb. So lernten sie sich kennen.
Das Mädchen hatte sich ein Tuch um den Hals gebunden. Noch am selben Abend stellte sich heraus, dass es eine Narbe verdecken sollte, einen breiten Striemen quer über die ganze Kehle. Eine Narbe am Hals, eine ganze Reihe Narben am Arm: Vor ein paar Jahren hatte sie versucht, sich die Pulsadern aufzuschneiden. Was die Narbe am Hals betraf, so vermutete er, dass sie versucht hatte, sich zu erhängen. Ein Pathologe aus seinem Bekanntenkreis hatte ihm erzählt, dass diejenigen, die man aus dem Jenseits zurückholt, immer solche Narben am Hals zurückbehielten. Ein gutes Jahr später gingen sie in ein Tattoo-Studio, und das Mädchen ließ sich ein kannibalisches Muster auf der linken Schulter eintätowieren. Na, Sie können sich schon vorstellen, wie ihr Körper aussah.
Vom Lenisdat gingen sie die Fontanka hinunter zur mexikanischen Kneipe »La
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