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Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Cucaracha«. Wären sie dort geblieben, dann handelte diese Geschichte von der mexikanischen Küche. Aber sie verließen das »Cucaracha«, liefen an der Anitschkow-Brücke bei Rot über den Newski-Prospekt und gingen ins »Metechi«, das georgische Lokal gegenüber dem Zirkus. Dort waren sie zu dritt: er, sie und die Bildredakteurin, ein Mädchen mit Glupschaugen und einem hässlichen Muttermal auf der Wange.
    Das »Metechi« hat niedrige Decken, nur fünf Tische und an den Wänden Bilder im Stil von Pirosmani. Auf einem Bild lasen langnasige Männer mit gewaltigen Schirmmützen ein Schild mit der Aufschrift »Immer vorrätig frysche Bir«. Die zottelhaarige Kellnerin hatte Schneidezähne aus Gold. Sie sprach überhaupt kein Russisch und notierte sich den Preis der Bestellung auf einer Serviette. An ihren Tisch setzten sich noch ein paar junge Leute aus Europa. Der Junge mit seinem Mädchen kam offenbar aus der Schweiz, und ihr Bekannter war Spanier. Als das »Metechi« zumachte, schlug der junge Mann vor, den Abend in der Wohnung seiner Eltern gleich gegenüber fortzusetzen.
    Als der Redakteur ihrer Abteilung sie einander vorgestellt hatte, hatte er den jungen Mann einen »Superjournalisten« genannt, den »Stolz ihrer Redaktion«. Deshalb erzählte er nun allerlei Tratsch über Stars und Sternchen, berichtete, wie er mit dem Fallschirm auf die Peter-Paul-Festung gesprungen sei und wie man ihn zur Besichtigung eines echten Gefängnisses gefahren hatte. Er sah, das gefiel dem Mädchen.
    So etwa gegen ein Uhr nachts fing die Schweizerin an zu quengeln, sie wolle Hasch. Er war wohl schon gründlich betrunken, denn er zog sofort mit ihrem Freund los, um Haschisch zu kaufen. Als sie über die unbeleuchtete Mochowaja gingen, kam er wieder zur Besinnung und sagte, die Pusher seien sicher schon schlafen gegangen. Während sie weg waren, fanden die übrigen Gäste im Kühlschrank ein Glas mit eingelegten Pilzen und brieten sie. Der Qualm der angebrannten, marinierten Pilze (wie finden Sie so ein Gericht?) trieb ihnen Tränen in die Augen, und die Gäste beschlossen aufzubrechen. Die glotzäugige Bildredakteurin nahm ihm sein letztes Geld für das Taxi ab. Das Mädchen konnte er überreden zu bleiben. Wozu wegfahren, wo doch alles so wunderbar begonnen hatte? Und vor allem, wie? Ich stelle Musik an, und morgen früh koche ich dir Kaffee, ich mache sehr leckeren Kaffee, und schlafen kannst du im anderen Zimmer.
    Sein Plan war tückisch, aber, da im Suff entstanden, primitiv. Er war ja auch schon seit vier Jahren verheiratet und an so was gewöhnt. Stritt sich mit dem Installateur herum, kaufte seiner Frau von den Honoraren Pralinen, lud die Freunde der Familie nach Hause ein. Seine Frau zu betrügen war gar nicht seine Absicht gewesen. Aber in jener Nacht erschien er auf der Türschwelle ihres Zimmers, sprach die üblichen Worte, kroch zu ihr ins Bett und küsste lange ihre warme Haut ... Draußen wurde es hell, und er redete noch immer Blödsinn. Er konnte nicht glauben, dass er nichts ausrichten und als Trottel dastehen würde ... Er zog sogar die Unterhose aus. Er erreichte überhaupt nichts. Sie wartete gerade so lange, bis die Metro öffnete, zog sich an und fuhr weg.
    Er hatte immer schon Mädchen gemocht, die viel trinken konnten. Dieses Mädchen hatte gestern mehr getrunken als er und war längst nicht so betrunken gewesen. Und dann arbeitete sie auch noch bei der Zeitung. Seine Frau hatte nie Verständnis für seinen Beruf gehabt, aber mit ihr ... Sie würden gemeinsam aufwachen, getrennt zur Arbeit gehen und ihr Material schreiben, und abends würden sie es gemeinsam bei einem Glas »Guinness« erörtern ... Verflucht!
    Am Morgen lag er mit klebrigen Empfindungen im Bett und verzog das Gesicht. Seine Frau rief er nicht an. Sicher war sie böse, weil er am Abend zuvor nicht nach Hause gekommen war, besser, er ließ sie erst mal in Ruhe. Was die neue Bekannte betraf, so beschloss der junge Mann, sich so zu verhalten, als sei gar nichts gewesen. Aber als er sie dann in der Kantine des Lenisdat sah, redete er ganz anders, und nach der Arbeit saß er mit ihr in einem namenlosen Lokal an den Fünf Ecken. Eine Wand des Lokals bestand aus Aquarien, in denen große Fische ihre Schwänze bewegten.
    Als sie das Lokal verließen, trafen sie auf der Straße einen hünenhaften Penner. Bärtig und mit Mittelscheitel, ähnelte er einem orthodoxen Priester. Er sah dem jungen Mann in die Augen und verkündete laut, die Familie sei

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