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Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Zeug stank widerlich nach Samogon. Ich mixte es mit Wasser.
    Der Amerikaner fragte, wie ich heiße. Er gestand, dass er schon achtunddreißig sei. Im heimischen Ohio habe er Frau und Kinder. Zwei Mädchen. Schon erwachsen. »Auf die Kinder!«, sagte ich.
    Nach dem nächsten Glas sagte ich, dass ich bei einer Zeitung arbeite. Die Zigarettenschachtel, die auf dem Tisch lag, verschwamm vor meinen Augen zu komplizierten Linien. »Marina ist ein sehr schönes Mädchen.«
    »Logo!«
    »Ist sie deine Freundin?«
    »Sie ist Schenjas Freundin.«
    »Das weiß ich.«
    Wir tranken.
    »Wie flirten Russen mit Mädchen?«
    »Russen flirten nicht mit den Mädchen ihrer Freunde. Russen hauen einem für solche Sachen in die Fresse.«
    »Das weiß ich.«
    »Im Allgemeinen schenken wir den Mädchen Blumen.«
    Er saß und lachte über das, was der Handytyp sagte, dann schwieg er eine Zeit lang und verschwand. Jemand neben mir trank den Whisky direkt aus der Flasche. Auf dem dünnen Hals wirkte sein Kopf wie eine Frühlingsblüte. Marina lachte. Über ihre Wangen krochen hellrote Flecken. Ich wunderte mich von neuem, wie sehr sie und Karina sich ähnelten.
    »Oho!«
    Der Amerikaner war wieder aufgetaucht und hielt eine zwei Meter hohe Plastikpalme im Arm. Sie war weit ausladend, unwirklich grün und bestimmt sehr schwer. Der Amerikaner sagte, er habe sie aus einem Kübel auf der Treppe rausgezogen. Es habe nirgends Blumen zu kaufen gegeben. Seine rote Nase glänzte geradezu vor Vergnügen.
    »Für mich?«
    Marina lächelte übers ganze Gesicht. Auf jeder Seite sah man je acht ihrer prächtigen Zähne. Brummelnd und die Köpfe wiegend, fanden alle, der Amerikaner habe einen Kuss verdient. Marina arbeitete sich aus dem niedrigen Sessel hoch. Neben ihr wirkte der Amerikaner wie ein mauretanischer Zwerg, der mit einem Fächer am Ruhelager seiner weißen Herrin steht. Schenja sah in die andere Richtung. Als die Kellnerin den Tisch abwischte, steckte er seine billigen Zigaretten in die Tasche. Gegen Mitternacht sagte das Mädchen mit dem Anstecker »Administrator«, die Veranstaltung sei beendet. Das Café werde geschlossen. Ich versuchte, sie zu überreden, etwas zu trinken. Am Tisch saßen nur noch wenige Leute. Der Saal war übersät mit angebissenen Eiern.
    »Ist doch schade, auseinander zu gehen.«
    »Du sagst es.«
    »Und wohin gehen wir?«
    »Wohin kann man denn noch?«
    Alle sahen mich an. Ich sagte, nicht weit von hier sei der Club »Die Sünder«.
    »Bloß hab ich kaum noch Geld.«
    »Kein Problem.«
    »Was gibt es da denn, bei diesen ›Sündern‹?«
    »Tanz. Rave. Bier. Eine Bisexshow.«
    »O-o!«
    Wir beschlossen, uns nicht auf der Moika ein Taxi zu nehmen, sondern erst über den Hof zur Konjuschennaja zu gehen. In den tunnelartigen, langen Torwegen sahen wir wie eine Herde Mustangs aus. Irgendwann auf halbem Wege begann Marina laut zu lachen und sagte, sie hätte eine schöne Wasserkaraffe vom Tisch geklaut. Alle lachten mit. Der Amerikaner sagte, er hätte keine leere Karaffe, sondern eine volle Flasche Chivas Regal gestohlen.
    »Pfundskerl!« schlug ihm der Handytyp auf die Schulter. Als der Reichste von uns hatte er die Rolle des Organisators übernommen.
    »Wir müssen uns aufteilen. In eine Karre passen wir nicht alle rein. Ich halte hier einen Wagen an, und ihr geht ein Stück weiter.«
    Unter den Rädern der Autos spritzten schwere, kaffeebraune Schneeplättchen hervor. Ich sprang vom Rand des Bürgersteigs zurück und zog die Mantelschöße hoch. Bald hielt ein Taxi. Warum Schenja sich nicht zu uns setzte, verstand ich nicht. Ich saß auf dem Beifahrersitz und wärmte meine Hände in den Manteltaschen. Im Rückspiegel konnte ich sehen, wie Marina und der Amerikaner sich küssten. Seine kurzfingrige Tatze wirkte auf ihrer Brust riesig wie eine Baggerschaufel. Die zurückgebogenen Köpfe sahen dagegen karikaturenhaft klein aus. Manchmal drehten die Räder im Schneematsch durch.
    » Yankee , go home!«
    Der betrunkene Handytyp fiel aus dem Wagen. Unterwegs hielt man kurz an und kaufte noch Bier. Die Flasche mit dem dunkelblauen Etikett tauchte auch in Schenjas Hand auf. Wir gingen durch die eisenbeschlagene Tür des Clubs. Im Erdgeschoss der »Sünder« befand sich ein Restaurant. Zu den eigentlichen Lustbarkeiten musste man eine schmale Treppe hochsteigen. Das taten wir.
    Die donnernden Bässe dröhnten uns in den Ohren. Über die Kleider glitt wetterleuchtend klebriges grünes Licht. Tänzer in eng anliegenden T-Shirts

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