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Machos weinen nicht

Machos weinen nicht

Titel: Machos weinen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
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Teil
KUALA LUMPUR
(Das Geheimnis der Beichte)
    »I pray everyday to be strong,
But I know, all I do must be wrong ...«
    Sting: »Moon Over Bourbon Street«

1
    D ie Tickets und den Pass mit dem Visum holte ich im Moskauer Pressebüro meiner Zeitung ab. Die Sekretärin hatte die Augen einer beleidigten Bärin. Diese verfluchten Leute ließen sie einfach nicht in ihren Winterschlaf fallen.
    »Zusammen mit Ihnen fliegt – Moment – sein Name ist – Lama – hm – Lama Gesche Tschokji Nidal. Der Dolmetscher von diesem – Gesche hat schon mehrmals angerufen. Er sagte, man werde mit Ihnen auf dem Flughafen Zusammentreffen. Sie möchten sich bitte nicht verspäten.«
    Im Flughafen hockte ich mich auf den Boden, mit dem Rücken an eine unbequeme Säule gelehnt. Ich hielt in der Menge nach jemand in einem Mönchsgewand Ausschau. Der Flug war schon aufgerufen worden.
    Stumm die Lippen bewegend, lasen die Passagiere die Formulare der Zollerklärungen.
    »Entschuldigung, sind Sie von der Zeitung?«
    Der Bursche war groß, hager, mit gelichtetem Haar. Über der Schulter eine schwarze Tasche mit blitzenden Reißverschlüssen. Im »Delsey« gegenüber meinem Haus in Petersburg kosten solche Taschen dreihundertfünfzig Dollar.
    »Ja. Sind Sie der Dolmetscher?«
    »Der Lama wartet schon. Gehen wir.«
    Der Lama sah ganz und gar nicht so aus, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Ein älterer, blonder Ausländer, der immer noch ins Fitness-Studio ging. Weiße Zähne, der säuerliche Geruch nach Aftershave. Er drückte mir die Hand. Fragte, ob ich Englisch spräche und – ob ich die Tickets dabeihätte?
    Die Schlange vor der Passkontrolle bewegte sich fast gar nicht. Die junge Zollbeamtin blätterte in meinen Papieren, ohne den Blick zu heben.
    »Ziel der Reise?«
    »Kuala Lumpur, Malaysia.«
    »Zweck der Reise?«
    »Geschäftlich.«
    »Was heißt ›geschäftlich‹?«
    »Ich bin Journalist. Für eine Veranstaltung akkreditiert.«
    »Guten Flug.«
    Während der Lama mit den Zollbeamten sprach, rauchte ich noch eine Zigarette. Die Vitrinen des Duty-free luden dazu ein, etwas Teures und Nutzloses zu kaufen.
    Der Dolmetscher stellte seine Tasche neben meinen Rucksack. Wir schwiegen eine Weile.
    »Sitzt du bei den Rauchern?«
    »Ja.«
    »Entschuldige, ich hab nicht richtig verstanden, wie du ...«
    »Papauskas.«
    »Ist das – ist das ein Vorname?«
    »Ein Nachname. Ich komme aus Litauen. Obwohl ich Russe bin. Bloß mein Name ist so.«
    »Aha.«
    Die Passagiere des Flugs Nummer 3744 Moskau-Frankfurt-Kuala Lumpur wurden aufgefordert, sich an Bord ihres Flugzeugs zu begeben. Dickbäuchige Spießbürger schlenderten durch die endlosen Flure von Scheremetjewo. Die Lufthansa-Stewardessen lächelten und wiesen mit ihren Fingerchen den Weg.
    Bei den Rauchern ragten nur wenige Köpfe über die Sitze.
    »Sie können sich auf jeden freien Platz setzen.«
    »Danke schön.«
    Papauskas zwängte sich durch den engen Gang und schlug mit seiner Tasche an die Rücklehnen der Sitze. Ich verstaute meinen Rucksack auf der Ablage, und er ließ sich in den Sitz neben mir fallen.
    »Und wo ist der Lama?«
    »In der Businessklasse. Das ist eine Etage höher.«
    »Aus welcher Sprache übersetzt du für ihn?«
    »Ich übersetze für ihn nicht aus, sondern IN die dänische Sprache.«
    »Ist er Däne? Warum ist er dann Lama?«
    »Er hat lange in Tibet gelebt. Dort hat er diesen Rang bekommen.«
    »Sein Name ist seltsam.«
    »Das ist kein Name, sondern ein Titel. Gesche Tschokji Nidal bedeutet ›Ozean-Träger-der-Lehre‹. Er reist ständig durch die Welt und predigt. Er hat Schüler in fünfzehn Ländern. Meinst du, ein Däne könne kein Lama sein?«
    »Doch, schon. Ist nur seltsam.«
    »Er steht schon sehr weit oben. Er hat vom sechzehnten Karmapa persönlich die Weihe bekommen.«
    »Ist ja geil!«
    »Weißt du, wer der Karmapa ist?«
    »Nein. Aber klingt nicht übel.«
    Die Leuchtschrift »NO SMOKING« erlosch. Wir rollten uns synchron von einer Hinterbacke auf die andere und zogen die Zigaretten aus den Jeans. Durch die Gänge liefen sympathische Stewards. Sie trugen sorgfältig gebügelte Hemden und schwarze SS-Krawatten.
    »Sie wünschen, Sir?«
    »Seien Sie so gut, eine Tablette gegen Kopfschmerzen und zwei Bier.«
    »Excuse me, Sir. Wissen Sie, dass es gesundheitsschädlich ist, Tabletten und Alkohol zu mixen?«
    »Ein Aspirin. Zwei Bier. Bitte.«
    »Für mich auch ein Bier. Ein helles. Hast du Kopfschmerzen?«
    »Ein wenig.«
    Im Bullauge stand der

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