Mach's falsch, und du machst es richtig
Porsche und drehen die erste Runde, sorgt das Dopamin dafür, daß wir den Reiz und die damit verbundenen Erfahrungen im Gedächtnis behalten – wäre doch schade, wenn wir die Quelle des ewigen Glücks gefunden hätten und uns nachher nicht mehr daran erinnern könnten. Daß wir uns an Tätigkeiten, die Glücksgefühle in uns auslösen, besonders gut erinnern, erreicht das Dopamin, indem es dabei hilft, die im Arbeitsgedächtnis gespeicherten Informationen ins Langzeitgedächtnis zu verlagern. Klugerweise macht unser Belohnungssystem keinen Unterschied zwischen positiven und negativen Ereignissen – solange sie uns nur überraschend genug erscheinen. Das hat eine Untersuchung von Bonner Forschern gezeigt, die im Jahr 2010 publiziert wurde. [108] Um das Phänomen zu illustrieren, nennt Nikolai Axmacher, einer der an der Studie beteiligten Neurowissenschaftler, folgendes einfache Beispiel: Man stelle sich vor, daß man wie jeden Morgen ins Büro fahre, sich einen Kaffee kaufe und an den Computer setze, um zu arbeiten. Die Chancen, sich später an einzelne Details dieser Alltagsszene zu erinnern, seien sehr gering. Bekomme man hingegen einen Kaffee geschenkt oder schütte man ihn sich auf die Hose, dann behalte man diese beiden Vorfälle deutlich besser in Erinnerung, sowohl den positiven als auch den negativen. Wie gut wir das tun, das hänge davon ab, wie überrascht wir von dem Ereignis sind – je heftiger, desto mehr Dopamin werde ausgeschüttet und desto besser klappe das mit dem Abspeichern.
Solche nicht-alltäglichen Ereignisse besonders gut in Erinnerung zu behalten, ist wichtig und sinnvoll. Es ermöglicht uns, negativ-überraschende Ereignisse in Zukunft zu vermeiden (Kaffee auf Hose) bzw. positiv-unerwartete wieder anzustreben (Kaffee geschenkt bekommen). Mit einem Wort: Die Erinnerung ermöglicht es uns, zu lernen.
Seit langem wissen wir, daß Menschen schneller in unserem Sinne handeln, wenn wir ihnen dafür Belohnungen versprechen. Doch nicht immer geschieht, was wir erreichen wollten.
Weil die Evolution nichts grundlos geschehen und sich entwickeln läßt, dient die ständige Betriebsamkeit unseres Belohnungszentrums wie erwähnt einem höheren Zweck. Er besteht darin, uns zu stören. Also aus dem Zustand des Mittelmaßes, der Ruhe zu vertreiben, indem es uns Belohnungen verspricht für Dinge, Ideen, Handlungen, Initiativen und Erfahrungen, die evolutionär sinnvoll sind. Die uns also entweder als Individuum nützen oder allen Menschen, na gut, vielleicht ein paar von ihnen. So spielt zum Beispiel bei der Nahrungsaufnahme nicht nur das Gefühl des Hungers eine wichtige Rolle, das unter anderem durch einen sinkenden Glycosespiegel im Blut hervorgerufen wird, sondern auch die Belohnung. Weil Essen von existentieller Bedeutung für unser persönliches Überleben ist, stört uns das dopaminerge mesolimbisch-mesokortikale System durch das Versprechen auf Nahrung, um uns mit guten Gefühlen zu belohnen, sobald wir vor einem Teller frischer Nudeln mit selbstgemachtem Pesto sitzen. Gleichzeitig sorgt das System dafür, daß sich uns der Vorgang der Nahrungsaufnahme und der Nahrungssuche als wichtige Handlung einprägt, indem wir uns an besondere Speisen erinnern und all jene Dinge erlernen, die mit der Aufnahme und dem Zubereiten von Nahrung zusammenhängen.
Was für das Essen gilt, das gilt auch für all die anderen Handlungen und Erlebnisse, die von grundlegender Bedeutung für unser Leben sind bzw. die wir für überlebenswichtig halten. So sind die Glücksgefühle, wie wir sie beim Sex erleben können, und die Aussicht darauf eine feine Sache, dienen aber bloß als Mittel zum Zweck. Der besteht darin, daß wir einander näherkommen und während des vergnüglichen Beisammenseins dafür sorgen, daß die Menschheit nicht ausstirbt. Es gehört zu unseren kulturellen Errungenschaften, dieses Kombiangebot der Natur aufgeschnürt zu haben, also in der Lage zu sein, uns bloß die Belohnung zu nehmen (Sex), den eigentlichen Zweck der Sache (Kinderzeugen) aber auszuschließen, sofern wir das wollen.
Doch diese Errungenschaft hat auch eine weniger erfreuliche Kehrseite. Wir haben nämlich ebenfalls gelernt, auf schnellerem und bequemerem Weg an Belohnungen zu kommen als auf natürlichem, also den ganzen Störung-Ruhe-Zyklus selbst in die Hand zu nehmen. Indem wir Substanzen wie Alkohol, Nikotin, Kokain und Heroin konsumieren zum Beispiel. Kaum eingenommen, lassen sie den Dopamin-Spiegel in unserem Gehirn
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