Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
seinen Blick mied, stellte ihn vor die Frage, ob Luis wirklich alles sagte, was er wusste.
„Haben Sie irgendjemanden mal darüber reden hören, dass auf der Farm Gelder unterschlagen wurden?“
„Nicht dass ich wüsste.“
Hinter Gregory klingelte die Türglocke, ein Kunde trat ein. Luis blickte auf. „Wie gehts Ihnen denn heute, Mr. Finch?“ Er hob eine Augenbraue und blickte zu Gregory. „Wollten Sie sonst noch was wissen?“
Gregory schüttelte den Kopf. „Nein, Mr. Ventura. Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben.“
Auf der Fahrt zurück nach San Francisco dachte Gregory noch immer an Luis. Er hatte gehofft, dass der ehemalige Angestellte der Dassantes sich an irgendetwas Wichtiges erinnern konnte, doch das war nicht der Fall gewesen.
Es sei denn, Luis hatte ihn angelogen.
Das Haus von Willie McBride war ein reizendes zweistöckiges viktorianisches Gebäude, das man in Bonbonrosa gestrichen hatte und das von innen genauso schön anzusehen war wie von außen. Ihr Studio, das in Sonnenschein getaucht war, als Rachel und Gregory kurz nach Mittag am Sonntag eintrafen, war eine Explosion aus Farben. Überall befanden sich Gemälde von Menschen und Orten, die Wände waren voll gehängt, weitere Bilder waren dagegen gelehnt oder standen auf Staffeleien.
Willie selbst war ein Wirbelwind von einer Frau, freundlich, natürlich und eine hervorragende Köchin. Fast so gut wie Ginnie, dachte Rachel und erinnerte sich an das wundervolle Mittagessen am Tag zuvor.
„Ich kann nur zwei Dinge“, sagte Willie zu Rachel, während sie ein Brathähnchen zerlegte, das nach den Kräutern der Provence roch. „Eine Zeitung herausgeben und kochen. Und beides kann ich verdammt gut.“
Nach dem Essen lehnte Willie jedes Angebot ab, ihr beim Aufräumen zu helfen, und schickte die zwei stattdessen nach draußen auf die Veranda, damit sie sich die bereits gestartete Regatta ansehen konnten.
„Und wie findest du Willie bislang?“ fragte Gregory, während sie sich auf das Geländer aufstützten.
„Du hast Recht, sie ist wunderbar. Und ich finde die Beziehung toll, die ihr beide habt. Ihr seid mehr wie beste Freunde, nicht wie Tante und Neffe.“
„Willie kann alles sein, beste Freundin, große Schwester, die Mutter, die man nie hatte. Als ich klein war, verbrachte ich jedes Wochenende bei ihr, obwohl sie damals in Sacramento lebte. Meine Vater setzte mich freitags nach der Schule ins Flugzeug, und am Sonntagabend kam ich zurück. Als ich dann aufs College ging, besuchte ich sie immer seltener. Aber als Noelle auf die Welt kam, beschloss ich, sie mit ihr so oft wie möglich zu besuchen.“
„Liebt Noelle deine Tante genauso wie du?“
„Sie betet sie an. Und Willie verwöhnt sie natürlich nach Strich und Faden. Mit Lindsay war es dagegen völlig anders.“
„Mochte sie Willie nicht?“
„Sie hatte nichts gegen Willie. Aber gegen die Fahrt nach Sacramento. Sie hasst alles, was außerhalb der Stadtgrenze liegt.“
Rachel blickte in die Ferne, wo ein hübsches rot-weißes Segelboot einen Vorsprung vor den anderen herausholte. „Deine Exfrau erinnert mich in vieler Hinsicht an Preston“, sagte sie. „Er ist durch und durch ein Stadtmensch. Der bloße Gedanke, nach unserer Heirat im Tal leben zu müssen, bereitete ihm Gänsehaut.“
„Hättet ihr nicht irgendetwas auf halber Strecke finden können?“
Sie dachte zurück an die langen, ermüdenden Diskussionen, an Prestons Weigerung, irgendeinen Kompromiss einzugehen, an ihre Verärgerung. „Das hatte ich vorgeschlagen, aber für Preston gab es nur San Francisco. Die Diskussionen waren so ermüdend, dass ich schließlich einlenkte.“
„Bist du über ihn hinweg?“ fragte Gregory nach einer kurzen Pause. „Ich meine ... richtig?“
Sie drehte sich um und sah, dass er sie anblickte. „Ja“, sagte sie leise. „Voll und ganz.“
Lächelnd legte er einen Arm um sie und zog sie an sich heran, während er sich wieder dem Bootsrennen zuwandte. „Freut mich, das zu hören.“
Gegen fünf Uhr erreichten sie das Parkhaus, in dem Rachel ihren Jeep abgestellt hatte.
„Warum kann ich dich nicht nach Hause fahren?“ fragte Gregory, während sie durch einen verlassenen Gang in die zweite Etage gingen. „Es wäre mir wesentlich lieber, wenn du nicht alleine zurückfahren würdest.“
Rachel schüttelte den Kopf. „Kommt gar nicht in Frage. Ich will nicht abstreiten, dass mich der Angriff im Pool kalt gelassen hat, aber ich weigere mich, in ständiger
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