Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
sich zu lassen und immer dann zwischen den USA und Frankreich zu pendeln, wenn ihr danach war?
Was aber, wenn Sals scheinbar ehrliches Angebot in Wahrheit nur ein Trick war? Was, wenn an seiner Stelle die Polizei auftauchte? „Wie kann ich dir vertrauen, Sal?“ fragte sie. „Was ist, wenn du mit der Polizei im Schlepptau ankommst?“
„Und dabei riskiere, dass ich meine Enkelin nie wieder sehe? Du machst wohl Scherze. Ich liebe dieses Mädchen, und ich will es bestimmt nicht wieder verlieren.“
„Ich weiß nicht, ob ich dir vertrauen kann. Du bist ein bösartiger Mann, Sal Dassante.“
„Nicht, wenn es um meine Familie geht. Das solltest du eigentlich wissen.“
Das wusste sie auch. Niemand hatte sich so seiner Familie verpflichtet gefühlt wie Sal. Und er hatte Lillie vergöttert. Er hatte sie in diesen ersten beiden Wochen behandelt wie ein stolzer Großvater. Die Zuneigung, die sie in seiner Stimme hörte, als er jetzt über Rachel sprach, war kein Trick, sie war ehrlich gemeint.
„Was hast du zu verlieren, wenn du mit mir redest, Alyssa?“ fragte er, obwohl er wusste, dass er sie noch ein wenig mehr überzeugen musste. „Ich weiß, wo du dich aufhältst. Ein Anruf bei der Polizei von Calistoga, und du verbringst den Rest deines Lebens hinter Gittern. So hast du wenigstens eine Chance.“
Obwohl sie in dem warmen und gemütlichen kleinen Cottage saß, wurde ihr mit einem Mal kalt. Draußen war alles beim Alten, ruhig und friedlich, der Lärm vom fernen Straßenverkehr war durch die große Entfernung gedämpft. Sal hatte Recht. Jeden Augenblick konnte diese wunderbare Welt in sich zusammenstürzen, ihre Freiheit konnte ihr genommen werden. Sie dachte an die Dinge, die sie für sich und Rachel geplant hatte, die bloße Freude, ihre Tochter einfach nur anzusehen, ihre Hand zu halten, von ihr ins Vertrauen gezogen zu werden. Das alles würde ihr in dem Moment verwehrt bleiben, in dem hinter ihr die Gefängnistore ins Schloss fielen.
Es sei denn, sie tat das, was Sal von ihr verlangte.
„Warst du vor kurzem hier?“ fragte sie plötzlich. „Hast du auf mich geschossen?“
Es folgte eine kurze Pause, dann sarkastisches Gelächter. „Wovon redest du? Geschossen? Spinnst du? Meinst du, ich spiele solche Spielchen?“
„Ich könnte es nicht ausschließen.“
„Warum sollte ich auf dich schießen?“
„Um mir Angst einzujagen. Um mir zu zeigen, dass du mich in der Hand hast.“
„Das ist ja lachhaft. Ich besitze nicht mal eine Waffe. Und selbst wenn, glaubst du ernsthaft, ich würde das Risiko eingehen, verhaftet zu werden, nur um dir Angst einzujagen?“ Wieder lachte er. „Das hätte der alte Sal vielleicht gemacht, aber nicht Rachels Großvater.“
Sie dachte einige Sekunden lang unschlüssig über seine Worte nach. „Wo sollen wir uns treffen?“ fragte sie schließlich. Oh, Gott, war das wirklich ihr Ernst? Wollte sie sich wirklich mit diesem Mann treffen? Diesem Mann, der einunddreißig Jahre lang nur eines gewollt hatte: ihren Tod. Ich mache das für Rachel, sagte sie sich. Auf diese Weise konnte sie diesen Makel loswerden, die Tochter einer Mörderin zu sein.
„Nun ...“ Er schien nachzudenken. „Ich nehme nicht an, dass du herkommen möchtest.“
„Nein!“ Wie konnte er nur auf den Gedanken kommen, dass sie dieses Haus je wieder betreten würde? „Das ist mir zu weit.“
„Na gut“, sagte Sal versöhnlich. „Dann treffen wir uns bei dir in der Gegend. Such einen Ort aus, du kennst dich dort besser aus als ich. Allerdings sollten wir uns abends treffen. Ich möchte nicht, dass meine Familie davon etwas erfährt und mich für einen Weichling hält.“
Ginnie überlegte eine Weile. Ja, abends wäre es auch ihr am liebsten. Außerdem musste es ein sicherer, ruhiger Ort sein. „Am Rand von Calistoga gibt es eine kleine Kirche“, sagte sie. Am Abend zuvor waren sie dort vorbeigefahren. „An der Kreuzung Route 128 und Petrified Forest Road. Sie ist die ganze Nacht geöffnet.“
„Ich werde da sein. Wann?“
„Heute Abend? Um elf?“
„Elf Uhr, einverstanden. Und mach keine Dummheiten, Alyssa.“
„Zum Beispiel?“
„Indem du zum Beispiel wieder abhaust. Ich lasse dein Haus beobachten. Wenn du vor heute Abend aus dem Haus gehst, rufe ich sofort die Polizei an.“
Die Angst ließ ihren Magen noch heftiger verkrampfen. Er hatte an alles gedacht. „Bis heute Abend“, sagte sie.
„Arrivederci, Alyssa.“
„Was grinst du so?“ fragte Nico, als er mit Sal im
Weitere Kostenlose Bücher