Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
könne?
Gregory drehte seinen Sessel so, dass er aus dem großen Fenster seines Büros im siebzehnten Stockwerk blicken konnte. Die Skyline von San Francisco erstreckte sich vor ihm und war in schwachen Dunst gehüllt, der der Stadt an der Bucht etwas Einzigartiges, Unheimliches verlieh.
Dass er überhaupt mit Kathryn Bigsbie sprach, lag einzig daran, dass sie eine alte Freundin seiner Tante Willie war. Darauf hatte sie ihn gleich zu Beginn hingewiesen, nachdem seine Sekretärin das Gespräch zu ihm durchgestellt hatte.
„Was Sie brauchen, ist ein Detektiv, der auf Ehefälle spezialisiert ist“, sagte er, als Mrs. Bigsbie endlich aufgehört hatte zu reden. „Sein Name ist Dylon Cross ...“
„Ich dachte, Sie sind der Spezialist“, sagte sie spitz.
„Nicht mehr, Mrs. Bigsbie. Meine Agentur hat heute andere Schwerpunkte, ich kümmere mich um große Unternehmen.“
„Oh.“ Es folgte eine kurze Pause. „Also ... das kann ich nicht gebrauchen.“
Er lächelte. „Nein, ganz sicher nicht. Sie brauchen jemanden wie Dylon Cross. Er ist ein guter Freund von mir und ein hervorragender Privatdetektiv. Hier ist seine Nummer.“ Er wartete, bis sie Stift und Papier zur Hand hatte, dann sagte er ihr die Nummer durch. „Bestellen Sie Dylon einen schönen Gruß von mir“, fügte er an. „Er wird sich gut um Sie kümmern.“
Er hatte gerade aufgelegt, als die Sprechanlage erneut summte. „Mr. Shaw“, sagte seine Sekretärin in ihrem forschen Tonfall. „Hier ist eine Frau, die Sie unbedingt sprechen möchte, obwohl sie keinen Termin hat. Ihr Name ist Annie Spaulding. Sie sagt, Sie kennen sie.“
Gregory unterdrückte ein leises Lachen. Er hatte Annie nicht mehr gesehen, seit sie sich von seinem Freund Luke Aymes hatte scheiden lassen. Sie hatte ihn, Gregory, nie sehr gut leiden können, und an jenem Tag, als die Scheidung rechtskräftig wurde, hatte sie sich zu einer einzigen letzten Bemerkung durchringen können, indem sie ihn einen billigen Schnüffler nannte, der nur eines konnte: seine Nase in Angelegenheiten stecken, die ihn nichts angingen. Sie hatte sogar behauptet, dass sie und Luke noch immer verheiratet wären, wenn er nicht herumgeschnüffelt hätte.
Dass Luke ihn auf sie angesetzt hatte, um Beweise für ihre Affäre mit einem südamerikanischen Polospieler zu sammeln, hatte sie dabei allerdings verschwiegen – den Polospieler, den sie später geheiratet und von dem sie sich kurz darauf ebenfalls getrennt hatte.
Was wollte sie jetzt wohl von ihm?
Die Neugier gewann die Oberhand. „Führen Sie sie zu mir, Phyllis“, sagte er, während er sich aus seinem Sessel erhob und sich vor seinem Schreibtisch in Positur brachte.
Auch wenn die Frau, die sein Büro betrat, noch immer so schön war wie vor zwölf Jahren, hatte die Zeit ihr doch eine neue Reife und eine Widerborstigkeit verliehen. „Hallo, Annie.“
In ein eng anliegendes rotes Kostüm gekleidet, das jede Rundung ihres Körpers betonte, betrat Annie lächelnd das Büro und durchquerte den Raum in einem wiegenden Gang, der nichts für Männer mit schwachem Herz war. „Gregory, es ist lange her.“ Ihre Stimme war noch immer das gleiche sanfte Schnurren, das eine einzige Botschaft vermitteln sollte: Sex.
„Ja, das stimmt. Wie geht es Courtney?“ fragte er und erinnerte sich daran, dass Lukes Tochter inzwischen eine junge Frau sein musste.
„Ihr gehts gut. Sie kanns nicht erwarten, endlich sechzehn zu werden. Luke ist immer noch irgendwo in Afrika, um Tiger oder Elefanten oder was auch immer zu fotografieren.“ Sie ging schnell über ihren Exmann hinweg und warf Gregory einen scheuen Blick zu. „Ich war nicht sicher, ob du mich überhaupt sehen wolltest.“
Er deutete auf den Sessel vor seinem Schreibtisch. „Du kennst mich. Ich kann keine Herausforderung ausschlagen.“
Sie schlug ihre Lider mit den langen Wimpern nieder. „Bin ich das für dich? Eine Herausforderung?“
„Unter anderem.“
Tatsächlich errötete sie ein wenig. „Ich kann dir nicht verübeln, dass du noch immer wütend auf mich bist. Als wir uns das letzte Mal gesehen haben, war ich nicht sehr nett zu dir.“
„Du hast damit gedroht, mir das Herz herauszuschneiden und es an deine Katze zu verfüttern.“
Sie kicherte. „Wirklich?“ Sie setzte sich und schlug ihre wohlgeformten Beine übereinander, machte aber keine Anstalten, ihren verrutschten Rock zu korrigieren. „Ich war ungezogen, Gregory. Sag, dass du mir vergibst.“
„Da gibt es nichts zu
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