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Macht (German Edition)

Macht (German Edition)

Titel: Macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertrand Russell
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erfüllten Zweck betroffen werden.
    Es gibt noch eine dritte Bedingung, die etwas schwieriger zu formulieren ist. Die Mittel zur Verwirklichung eines Vorsatzes dürfen nicht vorübergehende böse Wirkungen haben, die die Vorzüglichkeit des zu erreichenden Zieles aufwiegen. Der Charakter und die Wünsche jedes Menschen sind ständigen Wandlungen als Ergebnis seiner Handlungen und Leiden unterworfen. Gewalt und Ungerechtigkeit bringen Gewalt und Ungerechtigkeit hervor, sowohl in denen, die sie zufügen, als auch in den Opfern. Wenn die Niederlage unvollständig ist, bringt sie Wut und Hass hervor, wenn sie vollständig ist, Apathie und Inaktivität. Der gewaltsame Sieg erzeugt Skrupellosigkeit und Überheblichkeit gegenüber den Besiegten, wie hochstehend auch die ursprünglichen Triebkräfte des Krieges gewesen sein mögen. Wenn auch all diese Überlegungen nicht beweisen, dass kein guter Zweck je durch Gewalt erreicht werden könne, so zeigen sie doch, dass Gewalt gefährlich ist und dass, wo immer sie reichlich vorhanden ist, ein ursprünglicher guter Zweck noch vor dem Ende der Bemühung aus dem Blickfeld schwinden kann.
    Der Bestand zivilisierter Gemeinschaften jedoch ist ohne ein bestimmtes Element der Gewalt unmöglich, da es Verbrecher und Menschen mit asozialen Bestrebungen gibt, die, wenn man sie nicht in Schach hält, bald eine Umwälzung zur Anarchie und Barbarei hin herbeiführen würden. Wo die Gewalt unvermeidlich ist, sollte sie von der eingesetzten Behörde in Übereinstimmung mit dem Willen der Gemeinschaft, wie er sich im Strafrecht ausdrückt, angewandt werden. Jedoch tauchen hier zwei Schwierigkeiten auf: Erstens findet die wesentlichste Gewaltanwendung zwischen verschiedenen Staaten statt, für die es keine gemeinsame Regierung und kein wirklich anerkanntes Gesetz sowie auch keine entsprechende juristische Autorität gibt; zweitens gestattet die Machtkonzentration in den Händen der Regierung dieser, in gewissem Ausmaß den Rest des Gemeinwesens zu tyrannisieren. Diese beiden Schwierigkeiten werde ich im nächsten Kapitel untersuchen. In diesem hier betrachte ich die Macht in Bezug auf die individuelle Moral, nicht in Bezug auf die Regierung.
    Machtliebe ist wie der Geschlechtstrieb eine so starke Kraft, dass sie die Handlungen der meisten Menschen stärker beeinflusst, als sie es wahrhaben möchten. Man könnte daher behaupten, dass die Ethik mit den besten Folgen der Machtliebe gegenüber feindlicher auftreten müsste, als der Verstand rechtfertigen kann: Da die Menschen mit ziemlicher Sicherheit gegen ihre eigene Vorschrift für das Streben nach der Macht sündigen werden, werden ihre Handlungen – so könnte man sagen – ungefähr richtig sein, wenn die Vorschrift etwas zu streng ist. Ein Mann, der eine ethische Lehre verbreitet, könnte sich jedoch kaum erlauben, von derartigen Erwägungen beeinflusst zu werden, da er sonst im Interesse der Tugend wissentlich lügen müsste. Der Wunsch, eher erzieherisch als wahrhaftig zu sein, ist das Verhängnis von Predigern und Erziehern; und was man auch theoretisch zu seinen Gunsten sagen mag, so ist er in der Praxis ohne jeden Zweifel schädlich. Wir müssen zugeben, dass Menschen aus Machtliebe schlecht gehandelt haben und weiter so handeln werden; aber wir dürfen aus diesem Grunde nicht glauben, dass Machtliebe nicht wünschenswert in bestimmten Formen und Umständen sei, in denen wir sie für günstig oder zumindest für harmlos halten.
    Die Formen, die die Machtliebe eines Menschen annehmen wird, hängen von seinem Temperament, von seinen Möglichkeiten und seiner Erfahrung ab; dazu ist sein Temperament in großem Maße von seinen Umständen geformt. Die Machtliebe eines Menschen in bestimmte Kanäle zu leiten, bedeutet daher, ihm die rechten Umstände und Möglichkeiten und die geeignete Ausbildung zu verschaffen. Das lässt die Frage der Konstitution außer Betracht, die, soweit man sie behandeln kann, den Eugenikern überlassen bleibt; aber es ist wahrscheinlich nur ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung, der auf die oben angeführte Weise nicht dazu gebracht werden kann, eine nützliche Form der Aktivität zu wählen.
    Um mit den Umständen anzufangen, die das Temperament beeinflussen: Die Ursache von Grausamkeit ist in der Regel entweder in einer unglücklichen Kindheit oder in Erlebnissen, wie zum Beispiel Bürgerkrieg, zu finden, Erlebnissen, bei denen Leiden und Tod häufig bei anderen gesehen und über andere verhängt wird; das

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