Macht und Rebel
Einwandererkinder in ihren teuren Kleidern, auf dem Sofa, auf den Sesseln, ein paar auch in der Küche. Alles Jungs. Thong schläft in ihrem Bett. Ich schleiche mich und gehe nach Hause.
KAPITEL 10
FÜNF ZUFÄLLE
Macht ist ein nahezu furchterregend effektiver Aufreißen Erstens verfügt er über ein unmittelbares Aussehen, d.h. er wird beachtet, sobald er ein Lokal, eine Bar, ein Restaurant oder die U-Bahn usw. betritt. Zweitens verfügt er über Charisma, und man sieht auf den ersten Blick, dass hinter seinem unmittelbaren Aussehen noch etwas MEHR ist, also ZUSÄTZLICH dazu, dass er schon so (verdammt) gut aussieht. Drittens verfügt er über ein geradezu unerschöpflich erscheinendes Repertoire an Verhaltensweisen, mit denen er sein Aussehen und sein Charisma verstärken kann. Wer sich dazu hinreißen lässt, auf ihn zuzugehen und mit ihm zu reden, nachdem er von den Punkten eins und zwei überzeugt ist, so wie Fotti bei der PUSH-Party Nummer 5, der stößt auf ein soziales Register aus tief schürfenden Kenntnissen, verbunden mit Erfindungsreichtum und Leichtigkeit – eine sozial gesehen ÄUSSERST glückliche Kombination, ja, ein Satz Qualitäten, der unbedingt zu vielem führen kann, zum Beispiel zu … Paarung. Es mag ungeklärt sein, ob es tatsächlich so etwas wie Ficktalent gibt, aber wenn, dann hat Macht nicht nur welches, sondern ist auch eins. Macht ist äußerst ficktauglich. Ein sehr begabter Ficker. Das hat Fotti zu spüren bekommen, als beide zusammen mit Remmy Bleckner und noch ein paar Leuten von der PUSH-Party Nummer 5 weggefahren waren, kurz bevor Rebel und seine braunen, problembeladenen Kumpel ankamen und Fattys Fest über den Haufen fuhren.
Um die Wahrheit zu sagen, ereignete sich im Lauf jener Nacht ein merkwürdiger kleiner Zufall. Macht und Rebel ejakulierten sozusagen gleichzeitig, nämlich um 06:42 in der Nacht auf Sonntag, und zwar auf den Bauch bzw. den Rücken von Fotti bzw. Thong. Und danach fielen ihre Schwänze zusammen wie die Twin Towers. Ja, man muss Rebels Schwanz wohl als den Südturm ansehen, da sein Orgasmus sich achtzehn Sekunden nach Machts ereignete, die Erektion dafür aber früher einstürzte. Merkwürdig.
Und heute am Sonntag werden sich noch weitere merkwürdige Zufälle ereignen. Hier kommt einer davon:
Thomas Ruth, Marketingchef von T.S.I.V.A.G. – Thomson, Smithson and Immhauser Values Alimited Googol – wird per Telefon aus dem Schlaf geklingelt. Er hat einen schweren Kater. Es versteht sich von selbst, dass er einen Kater hat. Er ist Skandinavier. In einem Gesellschaftssystem wie dem skandinavischen muss man sich unausweichlich mindestens an drei Tagen pro Woche besaufen. Wirklich. Die Tatsache, dass alle Skandinavier am Sonntagmorgen einen schweren Alkoholschaden haben – so auch Thomas Ruth (und Macht und Rebel und Fotti und Thong und Fatty und Remmy Bleckner, und die Einwandererjungs übrigens auch), ist im Grunde ein ganz gesundes Symptom. Ebenso könnte man behaupten, es sei ein gesundes Symptom, dass Thomas Ruths letzte Bestellung früh am heutigen Morgen so lautete:
»Bringen Sie mir bitte zwei Wodka Red Bull, ein Bier, einen Gin Fizz, und dazu ein sinnvolles, würdiges Leben. Danke.«
Das zeigt, dass er sich jetzt, nach seinem fünfzehnten Drink, der Tatsache bewusst wurde, dass es auf Erden noch anderes gibt als Marketing. Was ihm hingegen NICHT ganz bewusst wurde, ist die Tatsache, dass diese anderen Dinge (auf Erden) ebenso sinnlos sind wie Marketing. Trotzdem, seine kleine »Es-gibt-da-noch-was-neben-dem-Marketing«-Ahnung ist der Grund dafür, dass er ein relativ unkonventioneller und origineller Marketingchef ist. Eigenschaften, die er an den kommenden Tagen brauchen wird.
Gerade liegt Thomas Ruth in seinem Suffschlaf und träumt, er wäre der internationale Marketingchef von L'Oréal. Er träumt, er habe den Auftrag, den Nachfolger zur Haargel-Serie OUT OF BED ZU finden, stehe im Präsentationsraum und quatsche gerade den Konzernvorstand bei der Vorstellung seiner Liste von Produktnamen warm, die zu den toughen Frisuren der Zukunft passen würden.
»Noch vor einigen Jahrzehnten wäre es völlig undenkbar gewesen, mit einer Frisur herumzulaufen, die aussieht, als käme man gerade aus dem Bett. Völlig undenkbar. Heute ist es möglich, denn die private, verborgene, früher als õschmutzigã tabuisierte Intimsphäre ist zu einer öffentlichen geworden, und die Produktideen, die Sie heute sehen werden, weisen bezüglich gut verkäuflicher
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