Macht und Rebel
sitzt also da und pinkelt, nimmt ein paar Blatt Papier, die auf einem Stuhl vorm Klo liegen, und studiert sie. Wenn er im Stehen gepinkelt hätte, wären ihm diese Blätter nicht aufgefallen, und da er relativ belesen ist, wird ihm sofort klar, was er da vor sich hat. Er sitzt da und liest eine Weile, auch nachdem er fertig gepinkelt hat, dann geht er zurück in Fottis Schlafzimmer und weckt sie mit der Frage:
»Sag mal, schreibst du hier Hitler-Reden um?«
»Mmhhää?« Fotti wacht auf und versucht, durchs Kopfweh den Film zurückzudrehen und zu begreifen, wer dieser Typ da ist, der in puris naturalibus vor ihr steht, mit tadellosem Körper, und warum zum Teufel er sie nach Hitler fragt. Dann spürt sie klebrig erstarrte Rückstände auf dem Bauch und ihr fällt ein, was der Typ und sie getrieben haben, auch wenn ihr immer noch nicht klar ist, wer das sein soll.
»Häähhhitler …?«, stöhnt sie, erblickt WORLD WAR I und II auf seinen Armen und verbindet ihn so allmählich mit dem TESCO, dem PUSH-Party-Bus, sie sieht ihn bei seiner geschäftlichen Besprechung mit Fatty draußen in Hangar Nr. 9, beim Anbaggergespräch mit ihr und später beim Stellungskrieg in ihrem Bett.
»Ja, die Blätter, die auf deinem Klo liegen, sind umgeschriebene Hitler-Reden«, sagt er und wedelt mit den Papieren.
»Häää«, äußert Fotti noch mal.
»Hast du die geschrieben?«, fragt Macht.
»Geschrieben? Ich hab noch nie was geschrieben«, sagt Fotti.
»Ich will wissen, wer diese Reden geschrieben hat«, sagt Macht.
»Weiß ich doch nicht … ich weiß nicht, wer du bist und was du auf meinem Klo willst, woher soll ich da wissen, was auf meinem Klopapier steht, häh?«, sagt Fotti.
»Du hast doch nicht einfach so umgeschriebene Hitler-Reden auf dem Klo liegen«, entgegnet Macht.
»Hitler-Reden? Was zum Teufel soll das?«, fragt Fotti. »Schluss damit. Willst du Kaffee?«
»Wer?«, fragt Macht nach.
»Weiß doch ich nicht! Wie heißt du, und willst du Kaffee?«
»Fotti« – Macht vergisst nie einen Namen –, »ich muss wissen, und zwar sofort, wer die beiden Reden geschrieben hat, die ich bei dir auf dem Klo gefunden habe.«
»Was soll der Scheiß? Keine Ahnung, wer da was geschrieben hat, hör mit diesem Gestapoverhör auf und sag mir, wer du bist und was du auf meinem Klo rumzuschnüffeln hast!«
»Du musst einfach rausfinden, wer das geschrieben hat, bevor ich gehe, mehr nicht, das kann doch nicht so schwierig sein. So viele Leute kommen dich sicher nicht besuchen.«
»Ach nein?«, fragt Fotti.
Mit größter Selbstverständlichkeit legt Macht sich wieder neben Fotti ins Bett und denkt an sein gestriges Gespräch mit Frank Leiderstam.
»Ob ich für neue Ideen offen bin?«, hatte Frank Leiderstam Macht zugebrüllt, nachdem der ihn ohne große Probleme dank seines Aussehen-Charisma-und-Wissen-Cocktails überzeugt hatte.
»Ich bin verdammt nochmal offener als ein Buch und ein 7-11 und eine Pornonutte zusammen!« Und dann hatte er ihm mit zitternden Wurstfingerchen – Crystal Meth, hatte Macht gedacht, völlig zutreffend – zwei Mobilnummern und seine Email-Adresse gegeben.
Jetzt liest er noch einmal diese Hitler-Reden quer. Fotti geht in die Küche, Kaffee aufsetzen, er ruft Thomas Ruth zurück.
»Thomas, hier ist Macht.«
»Oh, hallo Macht. Das ging ja schnell. Du scheinst dein Geld wert zu sein, wie Frank Wise sagt, he, he«, sagt Ruth vergnügt. »Ist dir was eingefallen?«
»Ja, ich glaub schon … ich hab da eine Idee.«
»Lass hören.«
»Wir müssen die Bedeutung eures Konzernnamens UMDREHEN, verstehst du?«
»Umdrehen …?«
»Ja, die Situation ist relativ dramatisch, da gibt es nur eins, T.S.I.V.A.G. muss umgekrempelt werden.«
»Umgekrempelt?« Ruth kann nicht so ganz folgen.
»Ja … also …(Macht schaut auf Rebels Reden)… zum Beispiel … stell dir vor, eine Hitlerrede wird zur israelischen Nationalhymne, sozusagen …« »Aha …?«
»… und dann (Macht begreift, dass er ihm das portionsweise einlöffeln muss)… dann musst du dir vorstellen, dass T.S.I.V.A.G. die Hitlerrede ist, und die Konsumenten sind das jüdische Volk …«
»Aha …?«
»Ja, nicht wahr … Wir müssen T.S.I.V.A.G. ein neues Image verpassen, indem wir den Inhalt umkrempeln … ohne die Verpackung zu verändern, weißt du …«
»… Aha?«
»Wir müssen … das Bild, das die Leute von T.S.I.V.A.G. haben, deportieren. Was die Leute über T.S.I.V.A.G. wissen und denken, muss einfach verschwinden, und die Leute
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