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Macht und Rebel

Titel: Macht und Rebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matias Faldbakken
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verursachte dann Thong Jr., die noch drei Jahre zu Hause wohnen blieb. Trotzdem war es schon mal eine große Erleichterung, eine von den beiden los zu sein.
    Am Nachmittag vor Thongs Abreise vor drei Jahren gingen Thong und Jr. Zigaretten kaufen. Thong hatte folgenden Wortwechsel mit dem 43-jährigen Kassierer, während Jr. sieben Tafeln Schokolade, eine Cola und eine Zeitung klaute.
    »Lucky Strike? Nein, nein … Du bist noch nicht achtzehn, Kleine …«, sagte der Kassierer.
    »20 Lucky …«, wiederholte Thong.
    »Ich darf dir keine Zigaretten verkaufen, tut mir Leid.«
    »Leck mich am Arsch.«
     
    »Bist du taub oder was? 20 Lucky.«
    »… du …«
    »Muss ich sie dir erst rauslutschen oder was?«
    »Du kannst nicht …«
    »Wenn du jetzt was rausrückst, dann leckt meine Schwester dir den Arsch und ich blas dir einen, heute Abend um sieben hinterm Geschäft. Komm schon.«
    Jr. stand draußen und lutschte sabbernd an Thongs Filterzigarette rum, und Thong wurde sauer.
    »Hör auf zu sabbern!«
    »Ich sabber nicht!«
    »Klar sabberst du! Die Fluppe ist schon pitschnass.«
    »…«
    »Du fährst morgen?«, fragte Jr. und bot ihrer Schwester frisch gestohlene Schokolade an.
    »Kommst du zurück?«
    »Warum nicht?«
    »Warum soll ich hierher zurückkommen? Bin ich blöd oder was?«
    »Kann ich dich besuchen?«
    »Glaubst du, das erlauben die dir?«
    »Weiß nicht«, sagte Jr.
    (Pause).
    »Du …«, sagte Thong. Sie wandte sich nicht zu ihrer kleinen Schwester um, sie sah sie auch nicht an, sondern sie sprach sie an. Das hatte sie noch nie getan. Noch nie hatte Thong Thong Jr. angesprochen, um ihr etwas mitzuteilen. Nie. Aber jetzt. Jr. hörte zu.
    »Du, Ada … wenn du rumfickst, mach's nicht zu Hause … sonst schmeißen die dich auch noch raus …«
    »Ja«, sagte Jr. und gelobte sich, den Rat ihrer Schwester zu beherzigen. Am nächsten Morgen zog Thong in die Stadt.
    Und ab da gab's dann ein fröhliches Rein und Raus und Fick und Fack und Spritz und Gang und Bang in alle Körperöffnungen mit Gold-Sultan und seinen Kumpels, gern in den Pausen zwischen den Schulstunden der Sonderklasse, die von Fotti und ihren überarbeiteten Kollegen in Grund und Boden navigiert wurde. Die arme Fotti. Als Sonderpädagogin arbeiten, das ist ein mieser Deal: Schlafstörungen, ein rabenschwarz desillusioniertes Menschenbild und Prügel, kombiniert mit einem 0815-Leben, schlechtem Gehalt und beschissenem Arbeitsumfeld, dazu das Wissen, dass die Bande, um derentwillen du das alles tust, auf dich und deinesgleichen scheißt, dass sie fröhliche Feste feiern und es sich so richtig gut gehen lassen. Die Kids sind darauf programmiert, zu feiern und zu vögeln, bis sie abkratzen, und du bist darauf programmiert, »für sie da zu sein«, bis sie abkratzen und du selber auch. Das ist ja so was von menschenfreundenhöllenwichtig, da kann man gern Leib und Leben für opfern – hier bitte, der perfekte Job für dich, mit einem schönen Gruß von der Sozialdemokratie skandinavischer Machart: damit darfst du gern dein Leben vergeuden und zusehen, wie Klasse um Klasse voller Arschlöcher um Arschlöcher Bach um Bach runtergeht, nur aus Trotz gegen dich und deine Menschenfreundlichkeit. Alle diese »schwierigen, aber wertvollen« Kinder. Es herrscht diese merkwürdige Übereinkunft, Problemkinder seien troubled, but beautiful, wobei beautiful Persönlichkeit versprechen soll. Irgendwo tief da drinnen mag schon Schönheit sein. Ganz sicher. Nur trifft das mit innerer Schönheit auf Thong nicht zu. Sie ist die Schülerin, die Fotti am wenigsten mag. Wenn man Fotti fragt, ist Thongs Persönlichkeit durch und durch verrottet; zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass Thong SAUGUT aussieht, nämlich äußerlich. SAUGUT. Bei ihr hat sich die Schönheit außen angesiedelt, nicht innen. Nur darum halten Gold-Sultan und seine Gang es mit ihr aus. Die Logik funktioniert nämlich so: Problematische Einwandererjungs sind dazu verurteilt, mit einheimischen Miststücken rumzuhängen. Natürlich ist es unvergleichlich besser, mit einem sauhübschen Miststück rumzuhängen als mit einem, das hässlich ist wie Zahnweh. Das haben sie erkannt. Gold-Sultan, Apollo, Mendoza und Jorge sitzen im EASTSÜD und warten auf Thong und Rebel und die anderen.
    »Tach, Rebel«, sagt Sultan, und Macht ist beeindruckt, dass Rebel nicht nur minderjährige Frauen vögelt, sondern auch noch mit jungen Einwanderergangstas gut kann. Rebel gibt der ganzen Gang die Hand. Danach

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