Machtkampf
alles zu beenden, was ihr ohnehin ein schlechtes Gewissen bereitet hatte. Sie ging in ihr kleines Büro, schaltete den Computer an und setzte sich ungeduldig vor den Monitor. Es dauerte einige Minuten, bis der alte Rechner die Programme hochgeladen hatte. Sie klickte sich durch den Explorer zu einer Datei namens ›Briefe‹, die weitere Unterdateien enthielt. Jene mit der Bezeichnung ›Service‹ markierte sie mit der rechten Maustaste und klickte auf ›Löschen‹. Der Computer fragte noch einmal nach, ob all diese Inhalte auch wirklich gelöscht werden sollten. Sie bestätigte dies und klickte zur Datei ›Fotos‹, worauf die übliche Liste mit Namen, Datum und Größe dargestellt wurde. Stefanie klickte oben auf ›Miniaturansicht‹, worauf die Liste verschwand und nacheinander mehr als 20 kleine Bilder erschienen.
Sie besah sich die Fotos, auf denen sie selbst der Mittelpunkt war – in verschiedenen Posen und Kleidern, mal stehend, mal sitzend, in züchtigem Abendkleid, im schicken Hosenanzug, aber auch im allerkürzesten Minikleid, in engen Jeans, in engem Pulli, kurzer Lederhose und im Bikini. Sie hatte diese Fotos alle mit Selbstauslöser gemacht und war stolz auf sich. Sie entsprach jedenfalls in keiner Weise dem althergebrachten Klischee einer Bauersfrau. Für einen Moment zögerte sie, auch diese Datei zu löschen. Aber man konnte nie wissen, welche Ausmaße die polizeilichen Ermittlungen noch annehmen würden. Zwar war sie davon überzeugt, nichts Unrechtes getan zu haben, aber es war in solchen Situationen immer besser, gleich gar keine Angriffsflächen zu bieten.
Sie beschloss, sich nicht ganz von diesen Bildern zu trennen, weshalb sie aus einer Schublade einen Speicherstick herausfingerte, die Datei darauf übertrug und sie erst danach von der Festplatte ihres Computers löschte.
Allerdings, so übermannten sie neuerliche Zweifel, hatte sie auch schon davon gehört, dass Experten sogar Gelöschtes wieder sichtbar machen konnten – selbst wenn es aus der Datei ›Papierkorb‹ ebenfalls schon verschwunden war.
Aber sie fühlte sich befreiter, wenn der Computer nicht gleich auf den ersten Blick alles preisgab.
Sie unternahm einen weiteren Versuch mit der Wahlwiederholung am Telefon. Abermals keine Antwort.
In Hua Hin war es bereits später Nachmittag, als Mompach das Schreiben in die Innentasche seiner leichten Freizeitjacke steckte und wenige Kleidungsstücke sowie Badeartikel in einen kleinen Koffer packte, um sich auf einige Tage Aufenthalt in einem Hotel vorzubereiten. Das Hyatt Regency Resort, so hatten ihm voriges Jahr einige deutsche Touristen vorgeschwärmt, bot angeblich eine traumhafte Poollandschaft, die einem tropischen Flusslauf nachgebildet war.
Doch paradiesische Urlaubstage würden das mit Sicherheit nicht werden.
Er verließ den Appartement-Komplex, als die Sonne bereits tief im Westen stand, mit dem kleinen Koffer in der einen und einem leeren Aktenkoffer in der anderen Hand, winkte sich ein Taxi herbei und sagte knapp: »To the Hyatt Regency Resort Hotel.« Mompach kannte sich aus und nahm zufrieden zur Kenntnis, dass der Fahrer offenbar den direkten Weg dorthin einschlug. Allerdings bog er immer wieder in kleine Seitengassen ab, was Mompach zunächst suspekt erschien, sich dann aber als Abkürzung von einer breiten Querstraße zur anderen erwies.
Schließlich tauchte in dem undurchsichtigen und hektischen Gewühl des Linksverkehrs jene Eckkneipe auf, in der an manchen Abenden einige Musiker mit internationalen Hits die Gäste unterhielten. Jetzt am Nachmittag saßen nur wenige Touristen an den Tischen, die zwischen der offenen Front des Lokals und der Gehsteigkante aufgestellt waren, direkt neben dem tobenden Verkehr.
An dieser Ecke zweigte, das wusste Mompach, die schmale Seitenstraße ab, entlang der auf einem parkähnlichen Platz der Nachtmarkt stattfand. Der Taxifahrer setzte den Blinker, verließ die breite Straße und ließ den Wagen auf eine Absperrung zurollen, deren Sinn Mompach nicht verstand. Dort langweilten sich zwei Uniformträger, die das Taxi, ohne es zu stoppen, durchwinkten. Nach einer Linkskurve verwandelte sich die mit Palmen gesäumte Straße in eine großzügige Zufahrt, die in eine Art Wendeplatte mündete. Dahinter überspannte eine hölzerne Dachkonstruktion das offene Hotelfoyer, das zwei Gebäudeteile miteinander verband und den Durchblick auf den großflächigen dahinterliegenden Garten freigab.
Mompach bezahlte das Taxi, nahm seinen
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