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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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Auto stieg. Die Obsttüte fiel ihm aus der Hand, und die Orangen rollten über den vom Schneematsch feuchten Asphalt.
    Dr. Kurt Meisenberg half ihm wortlos beim Aufsammeln der Früchte. »Wir müssen reden«, sagte er, als er die letzte Orange in die Tüte fallen ließ.
    »Ich dachte, Sie wollten nichts mit all dem zu tun haben«, bemerkte Marc bissig. »Und … sind Sie nicht gerade in Berlin?«
    »Ich wäre früher oder später auf Sie zugekommen«, erwiderte Meisenberg knapp. »Lassen Sie uns reingehen. Das sollten wir nicht auf offener Straße besprechen.«
    Der füllige Anwalt strich Leonie und Sophie über das blonde Haar, als die Mädchen ihn euphorisch begrüßten. Hinter ihnen tauchte Janine auf.
    »Janine, bitte machen Sie den Mädchen Abendbrot«, bat Marc die junge Frau. »Ich habe noch eine Besprechung. Falls es länger dauert …«
    Janine lächelte. »Dann bringe ich die jungen Damen ins Bett. Machen Sie sich keine Sorgen.«
    Marc atmete unmerklich auf. »Am besten gehen wir in Valeries Arbeitszimmer«, wandte er sich an Meisenberg. »Da sind wir ungestört. Wollen Sie etwas trinken?«
    »Ein Wasser, bitte.«
     
    Als Marc mit einer Flasche und zwei Gläsern in den Raum am Ende des Flurs kam, sah er, wie Meisenberg gerade mit gerunzelter Stirn den weißen Aktenschrank neben dem Fenster schloss. »Die Herren von der Behörde waren also auch schon hier«, bemerkte er. Er wies auf den leeren Platz auf dem Schreibtisch, wo normalerweise Valeries PC stand. »Haben Sie sich alles quittieren lassen?«
    Marc nickte und reichte Meisenberg ein Glas, der sich schwer auf den Stuhl hinter dem Schreibtisch sinken ließ. »In der Kanzlei haben sie auch gewühlt«, seufzte er. »Das ist einfach unglaublich.« Er trank das Glas leer und stellte es auf dem Tisch ab. Dann schaute er zu Marc, der ihm noch immer gegenüberstand. »Dieser Mayer ist übrigens beim BND , wie ich mir schon gedacht habe. Seine angebliche Anstellung beim Auswärtigen Amt ist lediglich eine Tarnung. Mehr konnte ich allerdings nicht über ihn herausfinden.« Er seufzte. »Selbst meine verlässliche Quelle im Bundeskanzleramt …«
    »Eric Mayer interessiert mich nicht«, stieß Marc ungeduldig hervor. »Ich will wissen, was mit Valerie ist. Ihre Verhaftung ist einfach lächerlich. Ich …«
    »Ich habe bislang keinen blassen Schimmer, wie wir mit der Situation umgehen sollen«, fiel Meisenberg ihm ins Wort. »Jetzt setzen Sie sich erst einmal.«
    Marcs Herz wurde schwer. Meisenbergs Anblick hatte ihm Hoffnungen gemacht. Er setzte sich dem Seniorpartner seiner Frau gegenüber an den Schreibtisch.
    Vertraue niemandem.
    Auch Meisenberg nicht? Sie kannten sich zu lange, um sich noch zu misstrauen. Er war Valeries Mentor gewesen, ihr väterlicher Freund, bei dem sie nicht nur Teile ihres Referendariats, sondern auch ihre ersten Schritte als junge Anwältin absolviert hatte. Er hatte sie aufgebaut, ihre Fähigkeiten erkannt und gefördert. Eines Tages würde sie die Kanzlei übernehmen.
    Wenn sie heil aus dieser Geschichte herauskamen.
    »Wir müssen Valerie so schnell wie möglich frei bekommen«, fuhr Meisenberg fort. »Die Stimmung ist hochexplosiv so kurz vor dem Gipfeltreffen und nach diesem unsäglichen Anschlag gestern am Dammtor.«
    Marc musste ihm von Noor erzählen. Davon, was er von den al-Almawis erfahren hatte. Mahir Barakat. Kopenhagen …
    Etwas in ihm ließ ihn zögern.
    Meisenberg beobachtete ihn unter halb geschlossenen Lidern hervor. »Was wissen Sie, das ich auch wissen sollte?«
    Er hatte eine sonore Stimme, die Marc immer gemocht hatte, die Vertrauen einzuflößen wusste, wenn es nötig war, die etwas Großväterliches bekam, wenn er mit den Zwillingen sprach, und die glasklar und kalt werden konnte in Situationen wie diesen. Und er besaß einen messerscharfen Verstand.
    »Ein Mann war heute in unserer Straße. Er hat Leonie und Sophie angesprochen«, antwortete Marc ausweichend und erzählte von den Vorfällen im Gemüseladen.
    Meisenberg zog die Brauen hoch.
    »Das ist kurios«, bemerkte er.
    »Kurios? Ich halte es für …«
    »Eine meiner Mitarbeiterinnen hat heute einen sehr seltsamen Anruf erhalten«, fiel Meisenberg ihm ins Wort. »Nach dem, was Sie mir jetzt erzählt haben, kann ich ihn, glaube ich, einordnen. Es scheint, als ob jemand versucht, durch geschickt gestreute Gerüchte die Reputation Ihrer Familie in Frage zu stellen. Wir müssen herausfinden, wem das dient.«
    Meisenbergs Worte lösten eine Mischung aus

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