Machtlos
jedenfalls nicht in der Position, das zu kritisieren oder gar zu ändern.
Victoria wusste nicht so recht, wie sie damit umgehen sollte, doch jetzt musste sie mit Jaromir erst mal Nodexter begrüßen. Der Künstler, der das Haus Brookstedt umgestalten sollte, würde gleich in Kiel landen. Er hatte sich soeben bei ihrem Gefährten angemeldet.
Jaromir sah Lexia an. „Wenn du soweit alles hast, Lexia, dann lassen wir dich erst mal allein, damit du dich in Ruhe einrichten kannst. Wir sehen dich später beim Essen.“
„Ja, bis später“, antwortete die Goldene und Victoria spürte ihr Unbehagen.
Jaromir und Victoria waren im Turmzimmer, als die Nebel aufrissen und Nodexter aus der Sphäre trat. Im ersten Moment dachte Victoria, der schwarze Drache wäre krank oder etwas sei beim Sprung schief gegangen, doch dann erkannte sie, dass das luftige Gespinst aus dünnen, stahlblauen Bändern um den Kopf des Drachens ein modisches Accessoire sein sollte. Auch waren die Schuppen auf seinen Vorder- und Hinterläufen in derselben Farbe mit so was wie ägyptischen Hieroglyphen versehen.
„Altägyptisch, um genau zu sein“ , kommentierte Jaromir ihre Gedanken. „Er hat neuerdings eine ägyptische Phase – so seit ungefähr zehn Jahren.“
Nodexter blickte sich um und verwandelte sich dann mit einer exaltierten Bewegung in seine Menschengestalt. Das Gespinst und die Tattoos blieben, passten sich jedoch in der Größe an. Der Künstler trug einen schwarzen Schottenrock mit Nadelstreifenmuster, violette Springerstiefel und dazu ein weißes Rüschenhemd ohne Ärmel. Er war hager und hatte ein fahles Gesicht. Insgesamt erinnerte er Victoria an eine Mischung aus Karl Lagerfeld und Lady Gaga.
„Willkommen im Haus Brookstedt, ehrenwerter Nodexter“, begrüßte Jaromir seinen Gast.
Nodexter blickte ihn mit seinen blassen, stahlblauen Augen interessiert an. „Danke, danke, danke! Du bist also der Vernünftige von Abrexars jüngsten Schülern…“ Seine Augen wanderten Jaromirs Arm hinunter und verharrten ein paar Sekunden bei seiner Hand, die zärtlich die seiner Gefährtin umfasste. Dann sah er Victoria direkt ins Gesicht und schüttelte leicht seinen Kopf, so dass das Gespinst in Bewegung kam. „Ich kann es noch immer kaum glauben: Gefährten!“
In seinem Kopf brodelten unzählige Fragen, doch er hielt sie zurück und konzentrierte sich auf das, weswegen er hier war. „Dann wollen wir mal sehen, ob wir die Wohnstatt der ersten Gefährten seit Jahrhunderten nicht angemessen gestalten können. Also, wo fangen wir an?“ Sein Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen und er klatschte begeistert in die Hände.
In der nächsten halben Stunde führten Jaromir und Victoria den Künstler durch verschiedene Räume. Victoria konnte sehen, dass er die Pläne des Herrenhauses intensiv studiert hatte und die Aufteilung auswendig kannte. Jaromir erzählte, was sie verändern wollten und welche Wünsche sie hatten.
Schließlich waren sie in der Eingangshalle angekommen. Bis jetzt hatte er noch keinen einzigen Vorschlag zur Umgestaltung gemacht, sondern sich nur umgesehen und Fragen gestellt. Allerdings konnte Victoria sehen, dass er gedanklich bereits verschiedene Varianten durchspielte.
Nodexter legte seine Stirn in tiefe Falten und kratzte sich grüblerisch am Kinn. Dann breitete er seine Arme weit aus und drehte sich langsam um seine eigene Achse. Er kam mit einem kleinen Hüpfer zum Stehen und sah die Gefährten mit leuchtenden Augen an.
„Ich finde ihn irgendwie nett, aber ein bisschen durchgeknallt ist der Gute ja schon, oder?“ , wandte sich Victoria amüsiert an Jaromir.
Der nickte innerlich. „Wohl wahr, Vici. Aber er ist DER Künstler bei uns Schwarzen und auch unter den anderen Drachen sehr anerkannt. Da darf man so sein, wie man möchte.“
Nodexter schien ihre Gedanken erraten zu haben und bemerkte augenzwinkernd: „Ein bisschen Show gehört zum Geschäft. Mir gefällt‘s und es fördert eindeutig meinen Erfolg. Wer will schon Kunst von einem Normalo?“ Er kicherte und zischte hinter vorgehaltener Hand: „Aber erzählt das nicht weiter – sonst ist mein Ruf ruiniert.“
Nun mussten auch die Gefährten grinsen.
Dann wurde Nodexter überraschend ernst und erklärte: „So, ihr beiden Turteltäubchen. Wenn ich euch recht verstanden habe, wollt ihr das dunkle, düstere Interieur loswerden, was Euer Meister übrigens sehr stimmig und geschmackvoll ausgesucht hat. Ihr wollt Licht und helle, freundliche Farben,
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