Machtlos
hat Tujana beim Abendessen ein Getränk serviert. Sie erklärte uns, dass die Goldenen auf diese Weise ihren Respekt vor ihren Dienerinnen und deren Arbeit bekunden. Offenbar machen sie das einmal in der Woche.“
„Ja, das konnte ich auch schon mehrfach beobachten“, bestätigte Abrexar. Dann sah er Victoria interessiert an. „Und empfindet Lexia wirklich Respekt für die Grüne?“
„Sie schätzt ihre Arbeit und behandelt sie gut. Soweit ich es in ihrem Geist sehen konnte, ist das unter den Goldenen nicht unbedingt üblich. Trotzdem sieht Lexia Tujana nicht als gleichrangig an, sondern lediglich als nützliche und austauschbare Arbeiterin. Es ist ihr egal, ob ihr Tujana oder eine andere Grüne dient, solange nur alles nach ihren Wünschen erledigt wird. Aber Lexia hat Tujana ja auch erst seit kurzem“, gab Victoria zurück. „Viel spannender ist jedoch, dass es bei der kleinen Zeremonie in Wahrheit weniger um Respekt, sondern vielmehr um eine Medizin geht.“
„Ist das Gerücht also tatsächlich wahr…“, murmelte der Schwarze und sah Victoria auffordernd an.
Die nickte. „Das Getränk ist immer ein spezieller Tee. Mit dessen Produktion sind ausschließlich die Goldenen betraut, wenn ich das richtig gesehen habe. Tatsächlich wurden die Drachen während der Torkriege mit einer seltsamen Krankheit infiziert, die seitdem vererbt wird, ausschließlich bei den Grünen ausbricht und tödlich verläuft. Der Tee verhindert offenbar den Ausbruch der Krankheit.“
Nun schaltete sich Lenir ein: „Was ich nicht verstehe, ist, warum das vor den Grünen verborgen gehalten wird. Ich meine, sie sind doch die besten Heilerinnen unter uns Drachen. Warum werden sie unwissend gehalten und bekommen nicht die Chance, selbst nach einem Heilmittel zu suchen?“
Victoria zuckte mit den Schultern und ergänzte: „Dazu konnte ich nichts in Lexias Geist erkennen.“
Abrexar nickte. „Diese Frage ist durchaus berechtigt, Lenir. Ich selbst habe in den Jahrhunderten der Nachforschungen nur mit Mühe Gerüchte über die tatsächliche Funktion des Tees in Erfahrung bringen können. Ihr seid die ersten, die mir das bestätigen können. Ich vermute, dass die Goldenen schlicht verhindern wollen, dass die Grünen sich mit etwas anderem als ihren Aufgaben bei den Goldenen beschäftigen. Die Grünen würden sicher nach einem endgültigen Heilmittel suchen und sich nicht mit einem Tee begnügen, der nur den Ausbruch verhindert. Das allerdings wäre sehr zeitaufwändig und würde viele Ressourcen binden.“ Er sah Victoria hoffnungsvoll an. „Vielleicht findest du in den nächsten Wochen ja die Antwort auf diese Frage.“
Dann grinste er breit. „Auf alle Fälle steht fest, dass wir den Spieß umgedreht haben.“ Er rieb sich vergnügt die Hände. „Was wir nun alles über die Goldenen erfahren werden… “
Victoria musste zugeben, dass er recht hatte. Sein Vorschlag, Lexia zur Trauzeugin zu machen, barg deutlich mehr Chancen als Risiken. Plötzlich ahnte sie, dass die Informationsbeschaffung von Anfang an Abrexars Hauptmotiv bei der ganzen Sache gewesen war, auch wenn er andere Aspekte in den Vordergrund gestellt hatte, um sie zu überzeugen. „Abrexar ist niemand, den ich zum Feind haben möchte“ , dachte Victoria beklommen. Manchmal machte der Schwarze ihr Angst.
„Aber er steht auf unserer Seite. Er will nur unser Bestes“ , versuchte Jaromir sie zu beruhigen.
„Sei dir da man nicht so sicher. Ich würde nicht darauf wetten, dass unser Wohl für ihn immer an erster Stelle steht. Er ist ein Stratege, der bereit ist, Opfer zu bringen, wenn es sein muss“ , gab sie misstrauisch zurück.
Jaromir wollte noch etwas entgegnen, aber da plauderte sein Mentor schon weiter: „Und wie lief es für euch mit Nodexter? Der Gute guckte in der letzten Woche kurz bei mir rein und berichtete ganz begeistert von seinem Besuch hier. Er meinte, ihr hättet ein wahres Händchen fürs Einrichten.“
Jaromir lachte: „Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Tatsächlich gebührt das Lob dafür aber eigentlich Tujana.“
„Tujana?“, fragte Abrexar überrascht.
„Ja“, erklärte Victoria, „Die Arme schleppte den halben Vormittag Lexias Gepäck durch die Eingangshalle und war zufällig da, als Nodexter uns seinen ersten Entwurf präsentierte. Sie hat im Vorbeigehen meine Gefühle aufgenommen und daraus ihre eigene Version der Eingangshalle gemacht.“
Abrexar blickte die beiden neugierig an, so dass Jaromir ihm das Bild
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