Machtlos
mit einer fließenden Bewegung in einen athletischen, mattschwarzen Drachen. Er war genauso aufgekratzt wie seine Gefährtin.
Victoria schüttelte den Kopf. „Wenn das man gutgeht…“
„Wird schon werden“ , gab Jaromir betont hoffnungsvoll zurück und verwandelte sich ebenfalls in seine Drachengestalt. Er kauerte sich hin, damit Victoria aufsteigen konnte.
Lenir hockte sich ebenfalls hin und Kerstin stellte sich neben ihn.
Victoria erklärte beim Aufstieg, worauf Kerstin achten sollte. Sie dachte mit Unbehagen an ihre ersten Versuche und erinnerte sich genau, wie oft sie auf den extrem glatten Drachenschuppen abgerutscht war. Sie hoffte, dass heute bei ihren Freunden alles gutging. Kerstin brauchte so dringend ein Erfolgserlebnis.
Schließlich saß sie in der Nackenfalte vor den Flügeln und wickelte sich zwei von Jaromirs elastischen Langschuppen um die Handgelenke. Dann sah sie zu Kerstin und wollte ihr noch ein paar Tipps geben, doch die Worte blieben ihr im Halse stecken.
Kerstin stand nicht mehr neben Lenir.
Sie saß auf seinem Rücken!
Mit einem sehr breiten Grinsen.
„Nun guck nicht so fassungslos, Victoria! Ich reite seit meinem vierten Lebensjahr – irgendwas muss ich dabei doch gelernt haben…“
„Wenn du anfängst, mich mit Pedro zu vergleichen, bin ich beleidigt. Ich bin kein Pferd“ , brummte Lenir gutmütig.
„Na, dann steh auf und zeig mal, was du kannst“, lachte Kerstin.
Lenir erhob sich vorsichtig und Kerstin blieb problemlos oben.
„Wow“ , dachte Victoria bewundernd, „das sah bei meinem ersten Versuch aber ganz anders aus…“
„Du hattest da aber auch noch keine Flugklamotten“ , merkte Jaromir mit einer Spur Neid an.
Lenir drehte ein paar Runden. Dann lief er schneller und machte sogar ein paar kleine Sprünge. Kerstin war nicht mal ins Rutschen gekommen.
„Gibt es irgendwas beim Start zu berücksichtigen?“ , fragte Lenir schließlich.
„Lass die beiden doch vor uns starten“, warf Kerstin ein. „Dann kann ich mir den Bewegungsablauf einmal ansehen.“
„Gute Idee“, antwortete Victoria nickend.
Jaromir stand auf, drehte eine kleine Runde und drückte sich dann kraftvoll ab. Kurz bevor er die Baumkronen erreichte, machte er sich unsichtbar, so dass es aussah, als würde Victoria allein durch die Luft sausen.
Lenir folgte wenige Augenblicke später.
Victoria machte die Auren sichtbar und beobachtete ihre Freunde. Kerstin erschrak, als ihr Gefährte plötzlich nicht mehr zu sehen war, fing sich aber schnell wieder. Dabei kannte sie nicht mal den Aurenzauber.
Es war unglaublich, wie sicher Kerstin auf Lenirs Rücken saß. Victoria wirkte trotz der großartigen Flugmontur von Hoggi im Vergleich zu ihr wie ein Stümper und musste immer wieder ihren Sitz korrigieren. Kerstin hingegen rutschte nicht einen Millimeter.
Sie flogen einen Augenblick und Victoria konnte die Euphorie ihrer Freundin spüren.
Plötzlich beschleunigte Lenir sein Tempo und Kerstin schrie vor Freude. Sie ließ die Langschuppen los und breitete ihre Arme aus, als wollte sie sich selbst in die Lüfte erheben.
„Wahnsinn!“ , dachte Victoria fasziniert. „Die beiden sind echt in ihrem Element!“
Jaromir war ein ganzes Stück zurückgefallen und nun beobachteten sie erstaunt, wie die Flugmanöver der beiden immer waghalsiger wurden. „Na, endlich kann Lenir mal wieder den Angeber raushängen lassen – wurde echt Zeit“ , kommentierte Jaromir die wilden Kapriolen.
„Pah! «Angeber» ist gut. Die beiden haben es einfach drauf“ , meinte Victoria. Sie war ehrlich gesagt ein bisschen neidisch, musste sich aber eingestehen, dass diese Art zu fliegen nichts für sie wäre. „Mich hättest du dafür mit Pattex festkleben müssen. Wenn ich bei dieser Aktion da nicht runtergefallen wäre, dann hätte ich gekotzt. Kerstin sitzt auf seinem Rücken wie angedübelt und kann gar nicht genug bekommen. Wie macht sie das bloß?“
„Ich habe keinen blassen Schimmer!“ , gab Jaromir zurück.
Lenir und Kerstin kamen in einem Affenzahn auf sie zugerast.
Sie waren nahe am Waldrand, als Jaromir plötzlich fluchte: „Scheiße!!! ALLES SPRINGT AUF MEIN KOMMANDO!“ Dabei übermittelte er die Zielkoordinaten von dem ersten Ort, der ihm in den Sinn kam.
In dem Moment sah Victoria hinter Lenir das Segelflugzeug. Es war so nah, dass sie das Gesicht des Piloten erkennen konnte. Dann tauchte sie schon in die Nebelsphäre ein.
Auf einen Schlag war alles wattig weiß um sie herum. Sie verlor
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