Machtlos
die menschlichen Partner der Gefährten würden selbst nicht angreifen, sondern sich um Strategie, Schutz und Heilung kümmern…“
„Wo hast du das denn her?“, wollte Hoggi mit missbilligend hochgezogener Augenbraue wissen.
Abrexar zuckte nachdenklich mit den Schultern. „Ich weiß nicht recht, alter Meister. Ich kann mich einfach nicht erinnern, dass ich mal einen Menschen habe feuern sehen…“
„Du hast während des Krieges wohl zu viele Nachrichten überbracht oder in irgendwelchen Strategiesitzungen rumgesessen“, gab Hoggi kopfschüttelnd zurück. „Grundsätzlich stimmt das schon, denn die Feuerkraft der Drachen ist meist bedeutend größer als die der menschlichen Magier. Aber trotzdem können gerade menschliche Gefährten erheblichen Schaden anrichten.“ Er öffnete seinen Geist für alle und eine alte Erinnerung tauchte auf. Victoria war nicht sicher, ob es seine eigene war.
Über einer in der Abendsonne glitzernden Wasseroberfläche flogen bestimmt hundert sichtbare, blutrote Drachen einem unsichtbaren Feind entgegen. Es war heiß und eine unangenehme Spannung lag in der Luft. Auf einigen Rücken waren winzige Menschen zu erkennen.
Plötzlich brach die Hölle los. Aus dem Nichts zuckten grelle Blitze über den Himmel. Der Aurenzauber machte fürchterliche Monster sichtbar, die Victoria an mittelalterliche Darstellungen des Teufels erinnerten. Der geflügelte Feind war zahllos und erdrückend übermächtig, dabei waren die einzelnen Dämonen kaum größer als Menschen. Drachen und Teufel beschossen einander erbarmungslos. Schnell fielen die ersten Dämonen tot, und nun auch mit bloßem Auge sichtbar, in die Fluten. Viel zu früh stürzte auch ein Roter leblos ins Wasser. Es war ein furchtbares Gemetzel.
Victoria schluckte trocken. Sie hatte noch nie solche Gewalt gesehen. Das hier war nichts anderes als blindes Abschlachten. Doch sie zwang sich weiter hinzusehen. Irgendwann erkannte sie tatsächlich eine Frau, die einem bedrohlich nahe gekommenen Dämon eine Salve magisches Feuer entgegenschleuderte und ihn tödlich verbrannte. Diese Aktion ging angesichts der imposanten Feuerkraft der Roten überall auf dem Schlachtfeld fast unter und sie hätte es wohl nicht bemerkt, wenn Hoggi nicht gezielt darauf hingewiesen hätte.
Der Weiße ließ die Erinnerung abbrechen und meinte traurig: „Die Torkriege haben vielen alles abverlangt. Auch menschliche Gefährten können angreifen, wenn sie das müssen. Normalerweise aber kämpfen Mensch und Drache gemeinsam.“ Er sah Victoria und Jaromir an. „Ihr zwei seid doch auch in der Lage, gemeinsam einen Schild zu kontrollieren, oder?“
Die beiden nickten.
„Na, seht ihr“, meinte Hoggi, „Und auf dieselbe Art können Gefährten auch gemeinsam feuern – nur dass man als Außenstehender in der Regel nicht mitbekommt, dass der Mensch irgendwas dabei tut.“
Victoria bemerkte, dass Kerstin ihren Gefährten wie elektrisiert ansah. Ihrer Freundin hatten diese Bilder offenbar, im Gegensatz zu ihr selbst, keine große Angst gemacht. Kerstin war ruhelos und angespannt. Am liebsten wäre sie mit den Roten geflogen und hätte Dämonen vom Himmel geschossen. „Wir werden das üben, Lenir! Versprich mir, dass wir das üben werden!“ , forderte sie.
„Ich verspreche es.“
„Das solltet ihr auf alle Fälle weiter verfolgen“, meinte Abrexar an die neuen Gefährten gerichtet.
Die nickten und Kerstin hätte gern sofort damit begonnen.
Abrexar lächelte. Dann fragte er: „Und wie geht es mit dem Umbau voran? Nodexter ist immer sehr aufgedreht, wenn er mir Bericht erstatten will…“
Victoria grinste. „Es geht gut voran. Die «Handwerker», die du uns geschickt hast, vollbringen wahre Meisterleistungen…“
„… denn Nodexter treibt sie unerbittlich an“, fügte Jaromir amüsiert hinzu. „Wir können nachher einen Rundgang machen, wenn du möchtest. Außerdem hat Tujana ein paar interessante Vorschläge für den Garten gemacht. Wir bräuchten nur wenige Bäume zu versetzen und schon hätte man von Victorias Salon aus einen freien Blick auf die Förde, ohne dass der Park von außen einsehbar wird.“
„Ja, das hört sich wirklich interessant an“, antwortete der Abrexar, „überhaupt habe ich gehört, dass Tujana eine ganz erstaunliche Entwicklung in den letzten Wochen gemacht hat.“
Victoria lächelte. „Sie ist großartig! Aber das alles hat schon immer in ihr gesteckt, so viel kann ich dir versichern.“ Und dann berichtete sie von
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