Machtlos
das in ihrem Geist gesehen! Sie ist entsetzt von den Lügen, die ihre Rasse im Namen des Großen Rates verbreitet“, beharrte Victoria.
Einen Moment lang zögerte Abrexar. Er wollte zu gern wissen, was genau Victoria im Geist der Goldenen gesehen hatte. Aber jetzt ging es um etwas anderes. „Vielleicht hast du recht“, lenkte er ein, „Vielleicht ist Lexia wirklich ins Nachdenken bekommen und hat echte Zweifel am Großen Rat. Aber selbst wenn es so sein sollte, werden die Goldenen das nicht tolerieren. Sobald sie merken, was mit Lexia los ist, norden sie sie wieder ein. Die Goldenen können sehr überzeugend argumentieren. Am Ende glaubst du ihnen alles, sogar, dass der Himmel grün ist und das Gras blau.“
Kerstin sah Abrexar mit großen Augen an und flüsterte: „Das ist ja wie Gehirnwäsche…“
Abrexar lächelte freudlos. „Lexia ist jetzt Geheimnisträgerin – die Goldenen werden es nicht riskieren, dass sie sich von ihnen abwendet.“
„Ich verstehe nicht, warum die Goldenen die Initialisierung ausgerechnet jetzt bei ihr durchgeführt haben…“, brummte Lenir. „Der Zeitpunkt ist doch denkbar ungünstig.“
Mandolan nickte zustimmend und erklärte: „Die Initiation einer Goldenen ist bestimmten Regeln unterworfen. Sie wird ernannt und exakt 86 Tage später findet das Initiationsritual statt.“
Abrexar ergänzte: „Lexia ist engagiert und sicher die beste in ihrer Dekade, aber für eine Adeptin ist sie ungewöhnlich jung. In meinen Augen wurde sie nur deswegen berufen, weil Jalina eine unerfahrene Goldene für den Einsatz gegen uns in Nordschweden brauchte. Die Roten sollten das Kommando an sich reißen und uns alle töten, was Dank Lexia zu unserem Glück nicht geklappt hat. Ihr Einsatz als Trauzeugin hier war in der Form ebenfalls nicht von den Goldenen geplant, aber Jalina wollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen. Eine solche Situation hat es noch nie gegeben, denn im Jahr der Initialisierung verlassen die Goldenen die Himmelszitadelle normalerweise nicht.“ Dann seufzte er. „Also, egal, was Lexia vorgibt oder vielleicht sogar tatsächlich denkt – ihr dürft ihr nicht trauen.“
Victoria wollte das nicht akzeptieren. „Ich habe gesehen, wie sie mit Tujana umgeht. LEXIA hat mich heute bedient und nicht Tujana! Sie hat Tujana sogar zu ihren Studien ins Nebenzimmer entlassen, anstatt sie im Salon stramm stehen zu lassen…“
Abrexar hob verwundert eine Augenbraue.
„Das ist die Wahrheit!“, bekräftigte Victoria. „Sie hat ein extrem schlechtes Gewissen gegenüber der Grünen und offenbar schon die ganze Woche über versucht, sie anders zu behandeln. Tujana hat das Gefühl, als wollte Lexia sie wirklich kennenlernen…“
„Warum tut sie das? Was hast du gesehen?“, fragte Abrexar.
„Nichts. Nur eine leere Höhle“, antwortete Victoria achselzuckend und sendetet das Bild an alle am Tisch.
„Das ist eine Bruthöhle“, meldete sich Hoggi verwundert.
„Konntest du noch etwas anderes erkennen?“, wollte Abrexar wissen.
Victoria schüttelte den Kopf. Die Bilderflut in Lexias Kopf war wirklich heftig und viel zu unüberschaubar gewesen, als dass sie daraus schlau wurde. Aber vor allem hatte sie das Gefühl, dass sie Lexias Vertrauen missbrauchen würde, wenn sie die zusammenhangslosen Blitzbilder weitergab. „Das fühlt sich einfach nicht richtig an…“ , dachte sie.
„Bist du dir da wirklich sicher? Vielleicht…“ , fragte Jaromir zweifelnd.
„Sie hat uns bislang weder verraten, noch hat sie vor, das zu tun. Sie vertraut mir. Sie sieht eine Freundin in mir…“ Überdeutlich hatte sie das letzte Gespräch mit der Adeptin vor Augen.
Abrexar schien ihre Gedanken zu erraten. „Lexia ist nicht deine Freundin, auch wenn sie dir vielleicht das Gefühl gibt. Die Goldenen sind in der Lage, einem alles Mögliche glauben zu machen. Selbst wenn Lexia eben noch verwirrt und voller Zweifel auf ihr Volk blickt, kann es trotzdem sein, dass sie genau jetzt an Verschwörungsplänen arbeitet…“ Er sah Victoria eindringlich an. „Die Goldenen sind die perfekten Schauspieler, du hast doch meine Erinnerungen an die Gespräche mit Jalina gesehen.“
Victoria antwortete nicht, sondern konzentrierte sich kurz. Dann sagte sie auf Latein: „… unser Volk dazu verpflichtet, das Wissen und die Weisheit aller Völker für alle Völker zu bewahren und gegen die alles vernichtende Bedrohung der Daemoniden aber auch gegen jedwede Fälschung, Verwässerung, Verschleierung
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