Machtlos
ihrer Abmachung mit Lexia und von Tujanas Arbeit, auch wenn sie sicher war, dass Abrexar die Fakten längst kannte.
Schließlich sprachen sie noch über die Hochzeit und darüber, dass Albert endlich zusätzliches Personal eingestellt hatte. Hanna Meinert und Martin Kruse würden den Butler ab dem ersten November unterstützen.
„Aber sprich ihn bloß nicht auf die beiden an“, warnte Lenir belustigt. „Es graust ihm schon davor, sein Reich teilen zu müssen. Er genießt die eine Woche, die er das Haus noch ganz für sich hat… und jetzt psst – er kommt mit dem Nachtisch.“
Tatsächlich betrat Albert wenige Augenblicke später den Raum mit acht großen, verheißungsvollen Dessertschalen.
„Hausgemachtes Vanilleeis mit heißem Pflaumenkompott“, verkündete er und Victoria lief schon das Wasser im Munde zusammen.
„Wie hat Lexia eigentlich ihre Initiation verkraftet?“, fragte Abrexar beiläufig und probierte den Kompott.
„Geht so“, antwortet Victoria und schob sich einen großen Löffel Eis mit Heiß in den Mund. Sie schloss die Augen. „Göttlich!“
„Was heißt denn «geht so»?“, hakte Abrexar misstrauisch nach. Victoria wusste, dass er jetzt am liebsten in ihren Kopf sehen würde, doch sie hatte keineswegs vor, ihren Geist für ihn zu öffnen.
Victoria seufzte. „Sie kann die Statuten und den Kodex der Goldenen nicht mit dem in Einklang bringen, was sie bei ihrer Initiation erfahren hat.“
„Das kann ich mir gut vorstellen“, gab Abrexar mit einem schiefen Grinsen zurück. Dann stutzte er. „Das hat sie dir aber nicht persönlich erzählt, oder?“
„Nein, natürlich nicht“, antwortete Victoria. „Ich habe es vorhin in ihren Gedanken gesehen.“
„Vorhin? Sie ist erst eine Woche nach der Initiation darüber gestolpert?!“
„Scheiße! … Nein. Das hätte ich nicht sagen dürfen. Mist…“
Schweigen.
„Was ist letzte Woche passiert?“, fragte Abrexar alarmiert.
Stille.
Nicht ein Kratzen in einer Dessertschale.
Narex und Mandolan sanken auf ihren Stühlen zusammen. Als wenn es etwas bringen würde, sich ein paar Zentimeter kleiner zu machen…
Da keiner das Wort ergriff, meinte Victoria schließlich: „Lexia hat die ganze Woche lang mit niemandem geredet und versucht, die Geheimnisse der Goldenen zu verdauen…“
„Wie bitte?“, fragte Abrexar bedrohlich leise. „Ihr sagt mir jetzt aber nicht, dass keiner von euch Lexia in der letzten Woche gesehen hat, oder?“ Er durchbohrte die Anwesenden mit seinem Blick und einer nach dem anderen schlug die Augen nieder.
Schweigen.
Schließlich erklärte Jaromir zögernd: „Wir waren Freitagabend mit ihr auf einer Studentenparty und Victoria war gerade noch vor dem Essen bei ihr.“
„Ihr habt eine Goldene fünf Tage lang ohne Beobachtung unter eurem Dach wohnen lassen?“ Abrexars Stimme war tonlos. „Fünf Tage?! Glaubt ihr, das ist ein Spiel? Denkt ihr wirklich, es geht hier um nichts? Was meint ihr, was eine Goldene in fünf Tagen alles in die Wege leiten kann?!!!“
Schweigen.
Dann starrte Abrexar Mandolan und Narex wütend an. „Wenigstens von euch beiden hätte ich mehr Verantwortungsbewusstsein erwartet! Ihr kennt die Goldenen so gut wie ich!“
Die beiden nickten schuldbewusst.
Victoria wurde das zu viel. „Er tut ja gerade so, als hätten wir eine wilde Bestie achtlos frei herum laufen lassen…“ „Lexia ist keine Gefahr. Sie ist verwirrt. Sie ist müde und sie ist enttäuscht von ihrem Volk. Aber sie plant nichts gegen uns.“
„Seit wann weißt du das?“, fragte Abrexar kühl.
„Seit heute Vormittag.“
Abrexar wollte etwas entgegen, aber Victoria sprach schon weiter: „Ich weiß! Ich weiß. Ich hätte mich früher davon überzeugen müssen. Aber als sie mir nach der Rückkehr von der Initiation begegnete, war sie vor allem müde und voll mit neuen Eindrücken. Ich bin einfach nicht auf die Idee gekommen, dass sie was gegen uns aushecken könnte. Und wie ich heute gesehen habe, hatte ich recht mit meinem Bauchgefühl: Lexia ist harmlos…“
„Eine Goldene ist NIE harmlos“, widersprach Abrexar aufgebracht.
„Aber Lexia hat sich in den letzten Wochen so verändert. Allein wie sie mit Tujana umge…!“
„Ha, ha, ha“, unterbrach sie Abrexars ironisches Lachen. „Victoria, glaubst du wirklich, dass eine Goldene wegen ein paar Wochen hier in Kiel so ins Zweifeln gerät, dass sie ihre eigene Rasse verrät? Glaubst du das allen Ernstes?“
„Lexia HAT sich verändert. Ich habe
Weitere Kostenlose Bücher