Machtlos
Oberhaupt aller Himmelsechsen werden können!“, widersprach Lenir.
„Ich habe schon ein paar Ämter und ehrlich gesagt war ich auf keines davon besonders erpicht, denn sie sind mit einer Menge Verpflichtungen und Einschränkungen verbunden. Leider war nie jemand da, der sonst den Job hätte machen können, also blieb es an mir hängen. Diesmal geht der Kelch an mir vorüber und so werde ich genug Zeit für die Dinge haben, die mir wichtig sind…“
„… wie zum Beispiel im Verborgenen die Strippen ziehen“, merkte Victoria spöttisch an.
Der alte Schwarze zwinkerte ihr gut gelaunt zu und legte den Zeigefinger über die Lippen. „Pssst – nicht verraten, Victoria…“
Tatsächlich hatte Abrexar schon ganz konkrete Pläne für die nächsten Jahre. Er wollte sich mit dem Gefährtenphänomen beschäftigen und dafür sorgen, dass ihre Zahl möglichst schnell wuchs und sowohl Drache als auch Mensch gut ausgebildet wurden.
„Und wer wird jetzt das Amt übernehmen?“, fragte Lenir leicht enttäuscht. „Die Blauen hatten in den letzten Jahrhunderten fast nichts mit den anderen Völkern zu tun und die Grünen halten sich von der Macht fern. … Und die Weißen lassen sich leicht durch alles Mögliche ablenken.“ Er sah Hoggi dabei entschuldigend an, doch der winkte nur gutmütig ab.
„Also wer soll es machen?“, fragte Lenir noch einmal.
Abrexar zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Ein Weilchen wird Grimmarr wohl noch die Stellung halten müssen.“
„Was ist denn mit den Goldenen?“, fragte Victoria. „Selbst wenn man dem Rest der Rasse nicht mehr trauen kann, so hat Lexia doch wohl zweifelsfrei bewiesen, wo sie steht.“
Abrexar nickte. „Das hat sie. Aber auch sie kann lügen, ohne dass es ein anderer Drache bemerkt. Einer Goldenen wird in den nächsten Jahrhunderten niemand mehr trauen. Außerdem ist sie noch sehr jung und hat keine Verbindungen mehr… Wie gesagt: Grimmarr muss da jetzt erst mal durch.“ Ein Hauch Schadenfreude umspielte seine Lippen bei diesen Worten.
„Was passiert denn jetzt überhaupt mit den Goldenen?“, fragte Kerstin. „Sind die jetzt alle im Gefängnis und warten auf ihren Prozess?“
„Kein Gefängnis der Welt ist groß genug für eine ganzes Volk der Drachen“, antwortete Abrexar ernst. „Allerdings hat es sich als sehr praktisch erwiesen, dass die Goldenen in den letzten Jahrhunderten keinen Klauenschlag mehr selbst an ihren Räumlichkeiten getan haben. Die Vorsteherin des grünen Wartungs- und Reinigungsteams konnte uns detaillierte Pläne vorlegen, in der selbst die Geheimgänge verzeichnet waren.“
Abrexar lachte freudlos. „Ich weiß nicht, ob maßlose Überheblichkeit oder bodenlose Faulheit der Grund dafür waren, den Grünen alles zu überlassen, aber was es auch war, uns kommt es heute zugute. Wir haben alle Goldenen in einem einfach abzuriegelnden Bereich der Himmelszitadelle festgesetzt.
Die Anzahl der Soldaten, die hierfür benötigt werden, ist überschaubar und innerhalb der Zone finden die Gefangenen alles, was sie fürs Tägliche brauchen – natürlich nicht so luxuriös, wie sie es gewohnt sind, aber zum Überleben reicht es.“
Er grinste voller Genugtuung. „Grimmarr hat auslosen lassen, wer die Goldenen bewachen darf. Er konnte sich vor Freiwilligen kaum retten. Jetzt lässt er die Wachmannschaft in kurzen Abständen rotieren, damit jeder Mal ran darf… und selbstverständlich müssen die Goldenen nun auch die niederen Arbeiten selbst erledigen.“
Alle am Tisch mussten grinsen. Keiner konnte sich vorstellen, wie sich eine Goldene die mit Edelsteinen besetzten, funkelnden Schuppen beim Reinigen der Latrinen schmutzig machte – doch sie würden es zweifellos tun müssen.
„Aber können sie nicht in die Nebel springen und flüchten?“, fragte Victoria neugierig.
Nun schüttelte Hoggi energisch seinen Kopf. „Unmöglich! Ich habe selbst die Installation des Kraftfeldes überwacht, die genau das verhindert.“ Dann nickte er heftig und schob sich noch einen Zimtstern in den Mund. „Mhhmm. Also, mmm, die sitzen da jetzt fest.“
„Und was wird jetzt mit ihnen passieren?“, wollte Kerstin wissen. „Gibt es einen Prozess für alle?“
Abrexar seufzte tief. „Tja, das wissen wir auch noch nicht. Ich meine, man kann doch nicht ein ganzes Volk verurteilen… Wie soll die Strafe aussehen? Wenn sie zu milde ist, nimmt das keiner ernst. Ist sie zu streng, schüren wir den Drang nach Rache. Grimmarrs Stab hat darauf bislang
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