Machtlos
denn sie würde nie aufgeben.
Ich setzte alles auf eine Karte. Was mir wirklich Kopfzerbrechen bereitete, war, dass ich Tujana mit reinziehen musste.“
Die Grüne legte ihre Hand verzeihend auf Lexias Arm. „Ihr hättet sie sehen sollen! Sie hat sich geweigert, mich degradieren zu lassen. Dabei war es die einfachste Möglichkeit, mich in die Seuchenstation zu bringen und sich selbst gleichzeitig in ein besseres Licht zu rücken.“
„Ja, das war es. Aber wenn es schief gegangen wäre, dann wärst du da nie wieder rausgekommen!“
Tujana zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Ach Lexia, so schlimm war es da nun auch wieder nicht.“ Sie grinste fröhlich in die Runde. „Ich musste sie regelrecht beknien, es doch zu tun, aber als sie sich dann dazu durchgerungen hatte, hat sie mich vor einem Tribunal sehr professionell verunglimpft. Mann, ich habe es ihr echt geglaubt – es war fürchterlich.“
Lexia sah sie mitfühlend an. „Es tut mir so leid, Tujana. Du weißt, dass ich die Dinge nicht so gemeint habe, wie ich sie sagte. Aber…“
Die Grüne lächelte. „Ich weiß… Mach dir keine Sorgen. Ich nehme es dir nicht übel, schließlich konnte ich so in Lineas Nähe kommen.“
Victoria erkannte, dass Lexia mit ihren Anschuldigungen erschreckend überzeugend gewesen war.
„Aber was war denn mit deiner Mentorin?“, wollte Mandolan nun wissen. „Wenn du ihr regelmäßig berichtet hast, dann kannte sie doch deine wahre Einstellung zu den Gefährten.“
Lexia nicke und antwortete unbestimmt: „Als Schülerin erfährt man so einiges über seine Mentorin. Ich habe sie denunziert, so wie es sich für eine aufstrebende Goldene gehört.“ Sie lächelte kühl. „Dieses Vorgehen war riskant und wenn es nicht geklappt hätte, wäre mein Tod sicher schmerzhaft geworden.“
„Und wie bist du dann an Jalina rangekommen?“, fragte Abrexar fasziniert.
Lexia strahlte den alten Schwarzen unterwürfig an. „Ich habe gelogen.“ Dann reckte sie selbstbewusst ihr Kinn und fuhr fort: „In den Tagen nach meiner Entscheidung habe ich herausgefunden, dass ich das zweite Gesicht für eine Goldene meines Alters überdurchschnittlich gut beherrsche. So habe ich mir Zutritt zu den geheimen Archiven der Goldenen verschafft und Geheimnisse gesammelt. In Verbindung mit etlichen, geschickt platzierten Halbwahrheiten über die Gefährten und die Tore hat es gereicht.“
„Sie hat dir einfach so geglaubt?“, fragte Abrexar fassungslos.
„Einfach so nun nicht gerade…“, gab Lexia ernst zurück. „Ich musste schon des Öfteren meinen Geist für ihre Vertrauten und dann später auch für Jalina selbst öffnen. Zusammen mit den verpatzten Übungen des zweiten Gesichts unter der Aufsicht meiner neuen Mentorin war es aber überzeugend genug…
„Du bist wirklich gefährlich“, meinte Abrexar anerkennend. Lexia war in seiner Achtung sehr gestiegen. Halb im Scherz stellte er fest: „Wenn Victoria nicht daneben sitzt, werde ich zukünftig genau überlegen, was ich dir glaube und was nicht…“
Lexias Augen wurden traurig. „Ich würde von Herzen gern auf diese Fähigkeit verzichten. Kein Drache wird mir je wieder vertrauen. Ich GLAUBE an den Ehrenkodex der Goldenen und habe all diese Lügen so satt!“
Sie seufzte tief und sagte leise: „Linea sagte mir nach ein paar eingehenden Untersuchungen, dass die Meridiane der Goldenen besonders sind. Sie hat eine winzige Passage bei mir und meinen Schwestern entdeckt, die das Membrangewebe mit verschiedenen Bereichen meines Gehirns verbindet. Dadurch sind wir in der Lage sogenannte Mikroillusionen zu erzeugen, die offensichtlich niemand außer Victoria als solche erkennen kann.
Wenn ich nur könnte, dann würde das zweite Gesicht ablegen! Aber leider geht das nicht.“
Hoggi legte seinen Kopf schief und in seinem Gehirn begann es zu arbeiten.
Epilog
Den Heiligen Abend verbrachten Victoria und Jaromir in Glückstadt bei ihren Eltern. Max und Oma Inge waren auch gekommen und es wurde ein schöner Abend. Jaromir bekam von Giesela einen selbstgestrickten Norwegerpulli geschenkt und wurde vor ihrem Aufbruch bestimmt zehn Mal von ihr ermahnt, vorsichtig zu fahren und besonders auf Laster zu achten. Irgendwann tätschelte Hartmut seiner Frau beruhigend die Schulter und meinte, dass Jaromir und Victoria schon sicher nach Hause kommen würden. Giesela nickte und Tränen glitzerten in ihren Augenwinkeln, als sie ihre Tochter und ihren zukünftigen Schwiegersohn zum
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