Machtlos
hinsiehst. Es ist ungefähr so breit wie der Raum.“
Victoria starrte in die Richtung, in die Jaromir gezeigt hatte. Sie konnte nichts erkennen. Doch … da war etwas…
Sie konzentrierte sich noch stärker und erkannte ein unregelmäßiges, zartrosa Netz, das sich dreidimensional quer durch den Raum zog. Die dünnen Linien erinnerten sie von der Form her an ein fein verzweigtes Blutgefäß. Die Struktur sah aber eher wie lang verheilte Narben aus. Sie wirkte irgendwie wulstig, leicht brüchig und gereizt.
Jaromir nickte. „Das trifft es ziemlich genau.“
Dann sah Victoria ihn unverwandt an und fragte, so dass auch Lenir mithören konnte: „Wie kann es sein, dass das Tor genau in diesen Raum passt? Ist das Zufall?“
Die beiden Drachen schüttelten den Kopf und ihr Gefährte erläuterte: „Das musst du anders herum sehen. Der Raum wurde um das Tor herum gebaut.“
Und Lenir ergänzte: „Als die mathematische Fakultät errichtet wurde, waren wir Drachen an der Planung und auch am Bau beteiligt. Wir haben dafür gesorgt, dass das Tor zugänglich bleibt, damit wir es weiter überwachen können.“
Victoria runzelte die Stirn. „Aber eines verstehe ich nicht so recht: Hättet ihr das Tor denn nicht zumauern oder mit Felsen oder sonst was versperren können?“ Sie dachte an den Drachen, der inmitten einer Mauer aus der Nebelsphäre getreten war.
Jaromir nickte beifällig. „So ist anfangs auch versucht worden, die Tore zu versiegeln, aber das funktioniert nicht.“
Lenir erklärte: „Uns Drachen könnte man durch solche Barrieren vielleicht von einem bestimmten Austrittsort fernhalten – aber die Dämonen sind nicht wie wir. Sie können zwar nicht aus eigener Kraft durch die Weltenmembran treten, aber wenn es dort schon einen Riss oder gar ein Tor gibt, dann kommen sie meist auch in die Welt hinein.“
Victoria legte interessiert den Kopf schief und Jaromir antwortete auf ihre ungestellte Frage: „Die einzelnen Dämonenarten können sehr unterschiedlich sein. Einige fressen Metall oder Gestein. Andere teleportieren sich einfach durch diese Stoffe hindurch. Manche werden auch davon abgehalten. Wir mussten die Tore für alle Dämonen verschließen und das ging nur, indem wir die Weltenmembran «genäht» haben.“
Victoria sah in seinem Geist blasse Erinnerungen aufsteigen, die nicht seine eigenen sein konnten. Mehrere Drachen standen vor dem Tor und flickten mit Magie die ausgefransten Ränder der Membran, die Victorias Welt von der Nebelsphäre trennte.
Sie war fasziniert. Das musste eine sehr komplizierte und gefährliche Angelegenheit gewesen sein, denn solange die Membran noch offen war, konnten jederzeit Dämonen hindurchkommen.
Wieder nickte Jaromir. „Wir haben es nur unter Aufbietung unserer vereinten Kräfte schaffen können. Und wie wir jetzt wissen, waren die Gefährten aus jener Zeit maßgeblich daran beteiligt.“
Victoria wurde bewusst, wie gern sie mit einem menschlichen Gefährten aus dieser fernen Zeit gesprochen hätte. Was hätte sie alles von ihnen lernen können? Über die Tore. Über die Bedrohung aus den Nebeln, aber auch über sich selbst. „Was wohl aus ihnen geworden ist? Und warum haben sie bei ihrem Verschwinden keine Spuren hinterlassen?“
Lenir lachte. „Diese Fragen beschäftigen Abrexar seit Jahrhunderten! Und WIR werden sie dir nicht beantworten können. Aber wir können dir zeigen, wie wir uns mit dem Tor verbinden, um es auch noch aus einiger Entfernung überwachen zu können.“
Jaromir fasste ihre Hand. „Willst du es sehen, Victoria?“
Sie nickte und er führte sie in einen besonderen Gedankenraum. Dann sammelte er Energie aus der Umgebung und wob einen filigranen Zauber.
Plötzlich sah Victoria über den Aurenzauber eine zartrosa Verbindung zwischen dem Tor und Jaromir entstehen, ohne dass sie wusste, wie es dazu gekommen war. Diese Verknüpfung erinnerte sie an eine Spinne, die über einen Alarmfaden mit ihrem Netz verbunden war und darüber jede noch so kleine Erschütterung mitbekam.
Jaromir nickte lächelnd und hielt dann plötzlich inne.
Victoria sah ihn abwartend an, doch ihr Gefährte schüttelte nur den Kopf. Sie fragte neugierig: „Was war denn?“
Jaromir zuckte lächelnd mit den Schultern. „Nichts… Ich hatte nur für eine Sekunde den Eindruck, als würde sich etwas hinter dem Tor tun. Aber ich habe mich getäuscht.“
Er konzentrierte sich noch einmal und schüttelte wieder den Kopf. „Da ist nichts. Vielleicht hat es daran
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