Machtlos
bin soooo blöd!“ Schließlich grinste sie schief und sagte über sich selbst verärgert: „Es ist echt toll. Du siehst mich an und sagst mir auf den Kopf zu, was mit mir los ist. Wenn du mir die Welt erklärst, dann ist sie logisch. Natürlich: Warum hätte Lennard mich anrufen sollen – ich habe einen Freund! Also, welchen Grund hätte er haben sollen?“
Sie schlug sich noch ein paar Mal gegen die Stirn und grummelte vor sich hin, aber eine leise Stimme in ihrem Kopf rief: „Na und! Und wenn du an jedem Finger einen Freund gehabt hättest – er hätte sich trotzdem bei dir melden können!“ Und die Stimme in Kerstins Kopf wurde immer lauter, bis sie brüllte: „WENN ER DICH LIEBEN WÜRDE, DANN HÄTTE ER ANGERUFEN. Scheiße, warum hat der Kerl nicht angerufen? Los – frag ihn! Sag ihm, dass du ohne ihn nicht mehr leben kannst und frag ihn, was er sich dabei gedacht hat, einfach nicht anzurufen!“
Victoria musste innerlich grinsen und fragte sich, ob sie vor ein paar Monaten auch so verrückt gewesen war. „Kerstin ist ja voll verwirrt und unlogisch. Tja, die Bindungsphase ist echt nicht leicht. … Und Kerstin weiß noch nicht mal, was sie da durchmacht!“
Victoria ließ ihr noch einen Moment, bevor sie wiedersprach: „Sag mal Kerstin, erinnerst du dich noch an unseren Kinoabend im letzten Semester?“ Ihre Freundin nickte und so fuhr sie fort: „Auch an unser Gespräch über den merkwürdigen Vampirroman, den du damals gelesen hast?“
Wieder nickte Kerstin aber sie murmelte: „Der war nicht merkwürdig, sondern sehr schön. Einfach eine grandiose Liebesgeschichte.“
Victoria kicherte. „Genau! Und damals hast du gesagt, dass du auch mal so eine erleben möchtest.“
Ihre Freundin sah sie verständnislos an und Victoria lächelte. „Was ist, wenn das mit Lennard und dir etwas ganz Besonderes ist? Du fühlst dich so zu ihm hingezogen. Was ist, wenn das mit euch die große Liebe wird, so wie in deinem Roman?“
Nun kicherte Kerstin hysterisch. „Du meinst, das Lennard ein Vampir ist?“
Victoria antwortete todernst: „Ich versichere dir, Kerstin, Lennard ist KEIN Vampir!“
Jetzt mussten sie beide lachen.
Sie unterhielten sich noch eine ganze Weile. Schließlich ging es Kerstin wieder etwas besser und sie sah die Dinge klarer. Sie würde sich nun endgültig von Alex trennen.
Einmal dachte Victoria kurz an ihren vollen Terminkalender. Aber dann beschloss sie, dass die Termine heute herzlich egal waren. Ihre Freundin brauchte ihre Hilfe und nur das zählte.
Gegen Mittag brach Kerstin auf, und Jaromir holte Victoria mit dem Aston Martin ab. Er hatte seinerseits versucht, mit Lenir zu sprechen, aber sein Freund hatte dichtgemacht und Jaromir verstand nicht, was in seinem Kopf vorging.
Lenir hatte irgendwas davon gefaselt, dass er Kerstin nicht unglücklich machen wolle und dass sie ohne ihn besser dran sei und dann hatte er darauf bestanden, dass es einzig und allein seine Sache wäre und dass Jaromir und Victoria sich da gefälligst raushalten sollten.
Victoria schüttelte den Kopf. „Hat der ‘nen Knall? Die beiden sind für einander bestimmt. Hat er Kerstins Gedanken in der Uni nicht gespürt?“
Ihr Gefährte sah sie ernst an. „Doch, er hat ihre Gedanken gesehen und da hat er gemerkt, dass er ihre Beziehung zu Alexander zerstört hat und seine Anwesenheit sie verwirrt und unglücklich macht.“
Victoria stöhnte: „Oh Mann, so ein Esel! Den Teil, in dem es sie innerlich zerreißt, weil sie so heftig in ihn verliebt ist, hat er mal eben ausgeblendet. Was für ein Hornochse!“
Jaromir zuckte hilflos mit den Schultern. „Wir Drachen sehen zwar die Gedanken von euch Menschen und wir nehmen auch eure Gefühle wahr, aber so intensiv wie du bekommen wir das nicht mit.“
Sie sah ihn fragend an und er zeigte es ihr. „Über unsere Verbindung konnte ich spüren, dass du selbst über die Entfernung alles voll miterlebt hast, fast so, als wärst du selbst Kerstin. Es war wie vor zwei Wochen bei deiner Mutter – Wir sollten mit Hoggi reden, ob wir da etwas machen können, aber das nur nebenbei. – Jedenfalls hat Lenir ihre Gedanken ziemlich klar gesehen, aber ihre Gefühle mit erheblich mehr Distanz. Dann kommt noch dazu, dass er sich seit Wochen einzureden scheint, dass Kerstin ohne ihn besser dran ist. Ich verstehe nur nicht, warum.“
Victoria stemmte angriffslustig ihre Hände in die Hüften und sagte: „Na, das kann ich mit Lenni klären! Am besten jetzt gleich. Dann hat
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