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Machtrausch

Machtrausch

Titel: Machtrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer C. Koppitz
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dieses Thema schon mehrmals mit seinem Chef besprochen, der bereits vor einem Jahr signalisiert hatte, seinen fähigen Stellvertreter als Wunschnachfolger zu sehen.
    »Und?«
    »Nun, er beschrieb mir die Wichtigkeit und Bedeutung Ihrer Funktion für die Firma und erläuterte detailliert seine Erwartungen und … und – schließlich forderte er mich auf, übers Wochenende eine Entscheidung zu treffen. Unter Abwägung aller Vor- und Nachteile.« Woraufhin Röckl seinen sonst so eloquenten Dr. Glock etwas verwirrt ansah und fragte:
    »Was gibt es da zu überlegen – Sie haben sich diese Position während der letzten viereinhalb Jahre mit viel Schweiß und grauen Haaren erarbeitet! Wollen Sie jetzt im letzten Moment einen Rückzieher machen? Nur noch ein halbes Jahr, Glock!« Dieser beschloss, noch einen letzten Versuch zu wagen, Klarheit in die Sache zu bringen und bemerkte:
    »Immerhin sind mit dem Job ein paar Aufgaben verbunden, die Fähigkeiten und Erfahrungen erfordern, die ich heute noch nicht habe. Werde ich dem auch gewachsen sein ?«
    »Woher plötzlich diese Selbstzweifel, Glock, so kenne ich Sie gar nicht! Als mein Stellvertreter haben Sie die letzten zwei Jahre alles kennen gelernt, was man wissen und können muss. Und Sie haben alle Herausforderungen mit Bravour gemeistert. Was wollen Sie denn noch mehr üben ? « Etwas ratlos sah Glock seinen Vorgesetzten und Mentor an. Dann stand er entschlossen auf, bedankte sich für das Gespräch und verließ den Raum in Richtung Treppenhaus. Das Gespräch hätte er sich sparen können.

     
    Rauch begrüßte ihn wie immer gut gelaunt in ihrem gemeinsamen Büro. Er versteigerte gerade wieder einmal ein paar Dinge über ebay. Angefangen hatte er mit Zigarren-Humidoren, die einer seiner schrägen Wohngemeinschafts-Genossen als Hobby bastelte, und mitt-lerweile war er bei seltenen Mineralwassersorten angelangt. Seine nicht allzu abwechslungsreichen Aufgaben in der zentralen Unternehmensstrategie hatte Rauch durch seine langjährige Routine so gut im Griff, dass er sich ohne Nebenbeschäftigung den halben Tag im Büro zu Tode langweilen würde. In einem der, unter permanentem Kostendruck stehenden, Fertigungsbetriebe der Schuegraf AG wäre Rauchs Arbeitsplatz schon längst wegrationalisiert worden. Allerdings: In der kurzen Zeit, die Rauch tatsächlich arbeitete, gelang ihm in wenigen Stunden mühelos so manches, was den meisten der dynamischen MBA-Absolventen in einer Woche nicht glückte.  
    »Hast du schon mitbekommen«, fing Rauch an, während er eine seltene Flasche polnischen Wassers aus der Zeit des Eisernen Vorhangs versteigerte, »dass die zentrale Marketingabteilung fünfunddreißig Stellen abbauen soll, oder vielmehr: will? ! «
    »Das sind fast zwei Drittel der gesamten Abteilung !«
    »Genau. Damit bauen sie deutlich mehr ab als die vorgegebenen fünfzig Prozent in allen zentralen Abteilungen – abgesehen natürlich von uns, die wir im Kern des Hurrikans völlig ungefährdet sind und aufgrund unserer anerkannten Wichtigkeit niemals irgendjemanden unserer Leute abbauen werden. Und? Warum machen die in der Marketingabteilung das freiwillig? Na, was meint unser Oberstratege ?«
    »Keine Ahnung, vielleicht, weil man dort endlich selbst eingesehen hat, dass zentrale Marketingabteilungen sowieso nichts bringen und im Gegenteil, die Business Units nur von der produktiven Arbeit abhalten ?« Alois schüttelte den Kopf und Glock startete einen zweiten Versuch:
    »Oder vielleicht weil man glaubt, die dezentralen Marketingabteilungen der Business Units und der Landesgesellschaften seien näher am Geschäft und wüssten auch ohne die Zentralisten, was zu tun ist?«
    Rauch schüttelte den Kopf mit der blondgrauen Mähne noch heftiger und verzog spöttisch lächelnd sein bartstoppeliges Gesicht.
    »Anton, dir fehlt vollkommen das politische Gespür! Du wirst es nie wirklich zu was bringen, jedenfalls nie zu einer besseren Optimierung von Vergütung und persönlichem Zeiteinsatz, wenn du die Grundregeln des Spieles weiterhin so hartnäckig ignorierst! – Also«, holte er aus, »die offizielle Begründung ist natürlich genau die von dir eben zitierte. Und, ebenso wie du, glaubt den Scheiß auch jeder .«
    »Danke für die Blumen !«
    »Hör zu: Die zentrale Marketingabteilung hat doch seit drei Monaten einen neuen Chef, den schnittigen Lachotta. Vorher war er erfolgreich als Vertriebsleiter in Singapur und wurde, wie man das so schön nennt, hierher förderversetzt, um

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