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Machtrausch

Machtrausch

Titel: Machtrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer C. Koppitz
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Glock nickte.
    »Und warum, mit welcher Begründung?«
    »Na, rate mal, die liegt ja wohl auf der Hand und ist von selbiger auch kaum zu weisen: Weil du ein fauler, völlig überbezahlter Sack bist! Und weil du vom Büro aus deinen ganzen privaten Geschäftchen nachgehst, wovon wirklich jeder in der Firma weiß …«
    »Okay, das sehe ich ein. Einigen wir uns darauf, dass nach der herrschenden Wirtschaftslogik jemand wie ich rausgeworfen werden müßte. Warum aber wird ein so kleines Licht wie ich plötzlich zur Chefsache? Neben der annehmbaren Begründung muss es doch auch ein Motiv geben !«
    »Vielleicht will man prüfen, wie bedingungslos ich die Anweisungen des Vorstands auszuführen bereit bin? Oder man will feststellen, ob ich skrupellos genug für die Innerste Führungsgruppe bin, ob ich die Eignung für diesen Verein habe? Oder, kommen wir zur wahrscheinlichsten Erklärung, du bist irgendjemandem im Wege, du weißt zuviel oder stellst eine Bedrohung dar«, versuchte sich der oberste Unternehmensstratege im taktischen Raten.
    »Alles Quatsch. Was sollte ich denn wissen? Die wichtigste Sache der letzten sechs Monate, mit der ich mich befasst habe, war die Analyse der Marktanteilsveränderungen in unseren Landesgesellschaften, und die ist in deinen Vortrag letzte Woche eingeflossen. Und selbst da, ich gebe es ja nur ungern zu, habe ich nur die Anregung zur Art der Analysen geliefert, die Arbeit hat dann der gute Blaubusch gemacht. Hat ihn einige Nächte gekostet. Und sonst noch? Die ganzen Routineberichte, die an den Vorstand gehen, monatlich, quartalsweise, halbjährlich. Umsatzentwicklung, gewonnene und verlorene Großkundenaufträge, Kosten pro Vertriebsmitarbeiter, Ausstoß unserer wichtigsten Fabriken. All das langweilige Zeugs, das wir mühsam aus den Datenzulieferungen und IT-Systemen ziehen und kommentieren – damit es dann keine Sau im Vorstand liest. So sieht mein täglich Brot aus, und das weißt du ganz genau! Wenn in irgendwelchen Zahlen brisante Botschaften stecken sollten: Ich kommentiere das brav in nüchterner Prosa und hinterher passiert mit den ganzen Papierstapeln: NICHTS! Weißt du, wie oft ich in den letzten Monaten Rückfragen des Vorstands zu den Routineberichten bekommen habe ?« Sein Chef winkte müde ab, er kannte die Antwort.
    » Ein Mal! Vom Assistenten unseres neuen Vorstands-chefs. Er wollte dringend wissen, warum wir die Berichte noch immer nicht auf die neue deutsche Rechtschreibung umgestellt haben. Kein Wort mehr darüber! … Zurück zur möglichen Motivation der großen, gefährlichen Tiere, die kleine Promenadenmischung Alois Rauch loszuwerden: Da steckt was ganz anderes dahinter. Nur, was?«
    Beide verfielen in nachdenkliches Schweigen und leerten ihr Bier. Bei der Bedienung, die bereits mehrmals die Essensbestellung aufnehmen wollte, gaben sie einen Schweinsbraten und einen Brotzeitteller in Auftrag. Ratlosigkeit macht hungrig.
    »Jetzt lass uns mal über die Riesenscheiße reden, in der du steckst, Anton«, nahm Rauch den Faden wieder auf. »Ich fasse mal zusammen: Wenn man deiner alten Bekannten, diesem Feger Renate Polster, glauben kann, herrscht im Aufsichtsrat Krieg. Die Freunde des Kapitals und der ungehinderten Bereicherung der ohnehin Reichen auf der einen Seite. Die altruistischen Unternehmensethiker auf der anderen Seite. Beide versuchen, ihre Interessen durchzusetzen. Was brauchen sie dazu? Ihnen gewogene Vasallen an den Schalthebeln der Macht. Als da wären: Vorstand, Landeschefs – und auch die Funktion des Chef-Unternehmensstrategen samt seinen geheimen Rambo-Truppen. So weit alles richtig?« Er sah Glock fragend an, der nickte und Rauch zum Weitermachen aufforderte. Wenn sein Ex-Kollege und neuer Mitarbeiter die Sachen einfach und pointiert aussprach, fügte sich möglicherweise alles wie von Zauberhand zu einem verständlichen Ganzen zusammen.
    »Genau in dieser turbulenten Zeit der internen Machtkämpfe im Vorstand verunglückt praktischerweise der Vorstandschef tödlich beim Tauchen auf den Malediven. Ein Unfall, ich weiß, ich weiß. Aber wie ungemein praktisch für die Kapitalvertreter im Aufsichtsrat, denn mit von Weizenbeck als Nachfolger haben sie zweifellos einen der ihren an die Spitze des Vorstandes setzen können .« Glock horchte auf, denn einen möglichen Zusammenhang mit dem kürzlichen Wechsel des Vorstandschefs hatte er bislang noch nicht gesehen. Rauch fuhr fort:
    »Mag ein Zufall sein, was aber bestimmt nicht auf das Bestreben

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