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Machtrausch

Machtrausch

Titel: Machtrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer C. Koppitz
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der gegenüberliegenden Seite des Riffes war er dann noch tiefer getaucht, um einige der dortigen Höhlen auszuleuchten, die sie sich beim vorherigen Tauchgang genauer angesehen hatten. In einer der engeren Höhlen fand er Beckendorf dann. Der Vorstandsvorsitzende hatte sich mit seiner Flasche und den Schläuchen in dem engen Höhleneingang verklemmt. Beckendorfs Finimeter zeigte an, dass keinerlei Luft mehr im Tank übrig war, die Hilfe kam wenige Minuten zu spät. Die Obduktion ergab Tod durch Ertrinken, vom Ehering des Toten fehlte jede Spur. Das automatische Logbook in Ahmeds Tauchcomputer wurde eine Woche später ausgewertet und bestätigte diese Schilderung der Tauchgänge durch die beiden Zeugen. Ahmed wurde von der Tauchbasis wegen fahrlässigen Verhaltens entlassen und zog zu seiner Familie auf ein Atoll, das mehr als dreihundert Kilometer Luftlinie von Furanafushi entfernt war. Anton steckte die Seiten wieder in seinen Aktenkoffer zurück und ließ sich den Fahrtwind um die noch bleiche Nase wehen.

     
    Die Insel war winzig klein. Etwa fünfundzwanzig palmblattgedeckte Bungalows, davon zehn auf Stelzen im Wasser der türkisblauen Lagune. Eine kleine Tauchbasis, eine offene Rezeption, eine Inselbar mit Korbstühlen im Sand unter alten Palmen, zwei kleine Restaurants, zahlreiche hohe Kokospalmen und unbeschreiblich viel reiner, weißer Korallensand. Ein Paradies. Die Zeitverschiebung machte ihm nicht groß zu schaffen und so sprang er gleich nach dem Bezug des luxuriösen Strandbungalows in die warmen Fluten des Indischen Ozeans. Erfrischt zog er sich ein kurzärmeliges Hemd und seine Shorts an und wanderte am Strand entlang zu der kleinen, weißen Hütte, in der die Tauchbasis beheimatet war. Er hatte Pech, da man gerade Mittagspause machte. Um eins würde jemand da sein, versprach das handgemalte Schild. Die Basisleitung hatte ein Schweizer namens Urs inne, wie er dem Anschlag entnahm. Nachnamen brauchte man im Paradies nicht. Schlendernd näherte er sich der Inselbar, nahm in einem der Korbsessel Platz, die unter Palmen in Ufernähe standen und wühlte mit den nackten Füßen im Sand. Im selben Augenblick stand bereits ein Kellner aus Sri Lanka vor ihm und brachte kurz darauf ein frisch gezapftes, eiskaltes Bier dänischer Herkunft. Während er sein Bier genoss und zwischen den Palmenstämmen hindurch auf das Meer sah, rief er sich in Erinnerung, dass man in dieser Idylle den ehemaligen Vorstandschef der Schuegraf AG, Kurt Beckendorf, umgebracht hatte. Noch am Tag vor seiner Ermordung würde er denselben Blick in die blaue Weite genossen haben. Maximal drei Tage gedachte Glock hier zu bleiben, auch wenn er eine Woche gebucht hatte. Anders hätte er kein Zimmer bekommen. Er war – leider – nicht zum Vergnügen hier. Nach einem zweiten Bier machte er sich wieder in Richtung Tauchbasis auf. Gerade sperrte eine junge Frau die Tür auf. Er stellte sich vor und wurde sofort geduzt. Ute war Tauchlehrerin und selbst erst seit einem Monat hier auf Furanafushi Island. Ob er einen Tauchkurs buchen wolle?
    »Nein, ich kann ganz gut tauchen. Ich interessiere mich aber für einen ganz bestimmten Tauchgang .« Die burschikose Ute lachte ihn an.
    »Klar, alle wollen zum Whale Shark Channel und einmal in ihrem Leben Walhaie sehen .«
    »Da hätte ich zwar auch nichts dagegen, aber ich möchte zuerst zu den legendären Green Caves .«
    »Nie gehört. Zumindest während der letzten vier Wochen sind wir da nicht hingefahren. Sie müssen sich irren. Ich denke, dass ich hier langsam alle guten Tauchplätze kenne. Vorher war ich übrigens zwei Jahre in einer Tauchbasis auf Gran Canaria. Dort gab es mitten im Atlantik ein Riff …« Eine ernste Stimme mit schweizerischem Dialekt unterbrach Ute:
    »Was wollen Sie in den Green Caves? Die fahren wir schon seit einiger Zeit nicht mehr an. Es hat einen Unfall gegeben .«
    »Weiß ich. Mein Name ist Anton Glock, und ich bin freiberuflicher Journalist. Ich würde gerne einen Ausflug zu den Green Caves machen. Einen beruflichen Ausflug, um genau zu sein.«
    »Und wozu, wenn ich fragen darf ?«
    »Sehen Sie, ich schreibe im Auftrag der Schuegraf AG an einer Biographie über Kurt Beckendorf. Dieser Mann war in Deutschland außerordentlich beliebt, und darum hat der Konzern beschlossen, eine ausführliche Beschreibung über Leben und Wirken ihres ehemaligen Vorstandchefs in Auftrag zu geben. Bei mir in Auftrag zu geben, um genau zu sein. Darum bin ich hier .«
    Der Schweizer hörte nur

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