Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
anderen angewiesen. Daraus ergibt sich ein Geflecht von Macht- und Abhängigkeitsverhältnissen, denen alle unterworfen sind – auch und gerade Führungskräfte, deren "maßlos übersteigerte Rolle" Crozier und Friedberg in ihrem Konzept etwas zurechtrücken. Denn es sind nicht die Führungskräfte, die eine Organisation "steuern". Auch sie sind den Regeln des Spiels unterworfen und können nur "bruchstückartig" und "indirekt" in das Spiel eingreifen, wobei ihre Eingriffe auch immer auf sie selbst zurückwirken. So gesehen sitzt niemand am Steuer, sondern alle sind mehr oder weniger voneinander abhängig und nehmen aufeinander Einfluss. Niemand kann seine Ziele auf Kosten der anderen durchsetzen, sondern muss zumindest den einen oder anderen bei der Verfolgung seiner Ziele unterstützen.
Die Unvermeidlichkeit von Machtspielen
Machtspiele sind nicht nur weit verbreitet, sie sind gar nicht zu vermeiden. Und zwar aus zwei Gründen: Wenn Sie jemand in ein Machtspiel verstrickt, können Sie in den meisten Fällen nicht einfach aussteigen oder die magische "Win-win"-Karte ziehen mit dem Aufdruck "Wir sind alle gute Freunde". Sie müssen mitmischen und sich Gegenstrategien überlegen, wenn sich jemand beispielsweise Verbündete sucht. Er muss Sie gar nicht als seinen erklärten Gegner auf der Rechnung haben. Es genügt, wenn Sie nicht dazugehören und sich einem Bündnis von Kollegengegenübersehen, die gemeinsame Sache machen. Als aufrechter Einzelkämpfer haben Sie gegen solch ein Kartell nicht die Spur einer Chance.
Der zweite Grund: Wollen Sie selbst etwas durchsetzen und ist nicht damit zu rechnen, dass man Ihnen begeistert zustimmt, dann kommen Sie meist nicht darum herum, selbst ein Machtspiel anzustoßen. Ist Ihnen jemand noch einen Gefallen schuldig? Müssen Sie vielleicht die "Kunst der Drohung" (→ Grundspiele, Seite 41) einsetzen, mit Lob oder Schmeicheleien arbeiten oder können Sie Schuldgefühle mobilisieren? Machtspiele beginnen ganz unspektakulär. Denken Sie nur daran, was für ein Feuerwerk an Desinformation Eltern abbrennen, nur um ihre Kinder ins Bett zu bringen oder ihnen einen Eisbecher auszureden, den sie in diesem Moment haben wollen. Wie können Sie da erwarten, dass Sie ausgerechnet gegenüber erwachsenen Menschen Ihren Willen behaupten können – ganz ohne Machtspiel und Taktiererei? Das wird Ihnen nicht gelingen. Der entscheidende Punkt ist nur, dass Sie eine Grenze nicht überschreiten, die das Machtspiel vom "Foulspiel" trennt. Dieses Thema wird uns im letzten Kapitel beschäftigen.
Machtverhältnisse durchschaubarer machen
Bleibt zum Schluss dieses Kapitels die Frage: Was unterscheidet ein Machtspiel eigentlich von einem nicht gespielten Umgang mit der Macht? Gibt es den überhaupt? Oder liegt über jedem Umgang mit der Macht ein mehr oder minder starker Spielverdacht? Immerhin handelt es sich bei unseren Machtspielen ja nicht um eine Art von offiziell anerkanntem Berufssport, sondern um Unterstellungen. Möglicherweise ist Ihr Gegenüber nämlich überzeugt, dass es kein Machtspiel treibt, obwohl es aus Ihrer Sicht gute Gründe gibt, genau das anzunehmen. Ist also alles Machtspiel? Das glaube ich nicht. Ich möchte den Begriff der Machtspiele auch nicht überstrapazieren. Nach meinem Verständnis sollten drei Merkmale gegeben sein:
Machtspiele zeichnen sich durch ein charakteristisches Muster aus. Deswegen können wir sie überhaupt erst als "Spiele" mit bestimmten "Regeln" beschreiben. Sie sind wiederholbar und nicht an eine bestimmte Person gebunden. Im Prinzip könnte sie jeder spielen.
Machtspiele erfordern eine gewisse Doppelbödigkeit. Es muss einen Widerspruch geben zwischen dem, was jemand sagt, und dem, was er meint. Dazuist es nicht erforderlich, andere zu täuschen. Die können nur zu gut wissen, was "eigentlich" gemeint ist.
In Machtspielen geht es letztlich darum, seinen Willen durchzusetzen, entweder, indem man Einfluss auf andere nimmt, oder indem man solche Einflussversuche abwehrt und seinen Freiraum schützt. Schließlich können Machtspiele auch dazu dienen, die Bedingungen für die Machtausübung zu verbessern. Diesem Zweck dienen etwa Intrigen (die einem Konkurrenten schaden sollen) und Machtdemonstrationen.
Wenn wir in den folgenden Kapiteln eine ganze Palette von Machtspielen vorstellen, so verbindet sich damit eine bestimmte Absicht: Wir möchten Ihren Blick für den Umgang mit Macht schärfen. Nicht so sehr, damit Sie Ihre Mitmenschen besser über den Tisch
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