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Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)

Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)

Titel: Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Nöllke
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von der Konkurrenz in die Karten schauen lassenmöchte. Dann schlägt die Stunde des Scheinhäuptlings, der das betreffende Projekt an sich zieht und damit zur Chefsache macht: Die neue Ausbildungsoffensive, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Qualifikation älterer Arbeitnehmer, die soziale Verantwortung des Unternehmens, ethische Fragen, all das sind hochinteressante Themen, um die sich allerdings niemand kümmern kann, doch will die Organisation sie auf keinen Fall demonstrativ missachten. Und deshalb braucht man einen Scheinhäuptling, der sich des Themas "auf höchster Ebene" annimmt.
Bedeutung verleihen
    Es ist schon angeklungen: Ohne Scheinhäuptling müsste die Organisation bestimmte Besucher mit ihren Fragen und Problemen einfach abweisen oder einen rangniederen Mitarbeiter darauf ansetzen. Das wäre nicht gerade ein Zeichen von Wertschätzung. Hinzukommt, dass viele dieser Besucher gar kein schwer wiegendes Problem haben, das die Entscheidung des Chefs erfordert. Sie wollen einfach nur ernst genommen werden. Allein dass sie ihr Anliegen dem Chef vortragen, dass sie vielleicht sogar mit ihm verhandeln, wertet sie ungemein auf. Sie können gar nicht anders, als sich für einflussreich zu halten. Das macht sie glücklich und zufrieden. Und glückliche Besucher sind für jede Organisation ungemein wichtig, egal, ob es sich um Kunden, Geschäftspartner oder die eigene Belegschaft handelt, denen man mit dem Scheinhäuptling eine Bedeutung verleiht, die sie im Moment leider nicht haben, die sie aber durchaus wieder bekommen könnten. In diesem Zusammenhang darf der Hinweis nicht fehlen, dass die Akwaaba sich rühmen, dass in den zwanziger Jahren die Verhandlungen mit dem Vertreter der britischen Kolonialregierung von ihrem Nana abgewickelt wurden. Drei Jahre lang regelte der Distriktsbeamte alle Angelegenheiten mit dem Nana, "ohne dessen wahre Funktion zu entdecken", wie Martin Page schreibt.
Das Heilmittel der Wirkungslosigkeit
    Schon Mitarbeiter werden mit der Frage gelöchert, was sie für ihre Organisation bewirkt hätten, ja, was sie heute bewirkt hätten, gerade so als sei Wirkung an sich schon etwas Positives. Im Ergebnis führt dieses Denken zu Hektik und Aufgeregtheit ("Haben Sie heute schon gewirkt, Frau Goldbach?"). Und wenn gleich mehrere Häuptlinge darum konkurrieren, Wirkung zu entfalten, kann dies nur in einemheillosen Durcheinander enden. In einer solchen Situation kann der dämpfende, sedierende Einfluss eines Scheinhäuptlings der Organisation gut tun.
    Auch wenn alle das Gegenteil beteuern und Ergebnisse sehen wollen, so sind sie doch froh, dass nicht alle wie ein offenes Messer durch die Organisation stürmen, um Wirkung zu erzielen. Der Scheinhäuptling und seine Mitarbeiter bewirken sehr wenig, was nicht heißt, dass sie nichts dafür tun. Im Gegenteil, sie arbeiten manchmal mit äußerster Anstrengung, um die angestrebte Wirkungslosigkeit zu erzielen. Denn die Wirkungslosigkeit des Scheinhäuptlings ist natürlich keine offensichtliche, sondern eine, die aussieht wie ernsthafte Arbeit, wie ein anspruchsvolles Projekt mit einer Fülle von anregenden bis zukunftsweisenden Ergebnissen. Nur dann können alle damit zufrieden sein und müssen sich nicht beklagen, dass nichts dabei herausgekommen ist.
Das Aufgabengebiet des Scheinhäuptlings
    Die entscheidende Frage für jede Organisation: Wie kommt der Scheinhäuptling an die richtigen Fälle? Es wäre wenig hilfreich, wenn er sich mit Problemen herumschlagen müsste, die eigentlich einen echten Häuptling erfordern. Ebenso wäre es unpraktisch, wenn die echten Häuptlinge nicht den einen oder anderen Fall dem Nana überlassen könnten. Doch wie könnte das geschehen? Der Scheinhäuptling ist ja keine offizielle Position. Vielmehr kann er seine Aufgabe nur erfüllen, wenn er von außen als ungemein einflussreich angesehen wird. Aber wofür soll dann der Scheinhäuptling offiziell zuständig sein? Wo liegt sein Aufgabengebiet? Die Akwaaba haben das Problem gelöst, indem sie die Aufgabenbeschreibung ihres Nana bewusst unscharf gehalten haben. Er ist für alles zuständig und für gar nichts. Erinnern wir uns: "Nana" bedeutet einfach "der Chef".
Gefahren
    Der Scheinhäuptling kann seine eigentliche Leistung nur erbringen, solange der Schein gewahrt bleibt, er also als einflussreich und mächtig gilt und doch nichts bewirkt. Daher droht Gefahr von zwei Seiten: Der Nana könnte auffliegen; die Besucher nehmen ihn nicht mehr ernst, sie

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