MacKenzie 01 - Der Verfuehrer Im Kilt
Eingang der Höhle standen, vorbeizusehen. Sie hoffte, das Kind irgendwo an dem felsigen Strand dahinter zu entdecken, aber sie sa h nichts als weiße Nebelschwaden über den zerklüfteten Felsen und die bleigraue, aufgewühlte Oberfläche des Loch Duich.
Ein ungutes Gefühl beschlich sie und ließ sich in ihrer Magengrube nieder wie eine angriffslustige, giftige Schlange.
»Was habt Ihr mit Robbie getan?«, fuhr sie Kenneth an, als sie endlich ihre Stimme wiederfand.
»Man sollte meinen, Euer besonderes Talent hätte Euch auf direktem Weg zu ihm geführt«, versetzte Kenne th spöttisch. »Oder ist Eure hellseherische Gabe genauso aus der Luft gegriffen wie die vermeintliche Tapferkeit meines Halbbruders?«, fügte er hinzu und ließ sie los, um eilig zu den beiden Männern, die den Eingang bewachten, hinüberzuhinken.
Linnet ignorierte die Beleidigung ihres Ehemanns, weil Kenneths spöttische Worte über Robbie und sein scharfer Befehl an seine Männer, Boote für eine rasche Abfahrt vorzubereiten, sie zutiefst beunruhigten.
Sie musste den Jungen finden.
Fieberhaft blickte sie sich in der Höhle um, spähte in die Schatten und suchte verzweifelt nach irgendeinem Zeichen ihres Stiefsohns, voller Angst vor dem, was sie finden würde.
Ihre Gabe war ihr dabei keine Hilfe. Sie hatte versucht, in sich hineinzublicken, aber nichts anderes gesehen als Dunkelheit und Kälte.
Dann fiel ihr Blick auf einen runden, dunklen Klumpen in der entferntesten Ecke der Höhle, und ihre schlimmsten Ängste schienen sich zu bestätigen.
Fast vollständig verborgen von einer Reihe glänzend schwarzer Felsen, die aus der abgeschrägten Wand der Höhle ragten, hockte der kleine Junge, die Knie an die Brust gezogen und sein hölzernes Spielzeugschwert mit beiden Händen fest umklammernd.
Linnet lief zu ihm und ließ sich im nassen Sand auf ihre Knie sinken. »Robbie, Gott sei Dank, dass dir nichts zugestoßen ist!«, rief sie und drückte ihn an ihre Brust. »Sie werden uns von hier fortbringen, Junge«, wisperte sie, während sie ihn in ihren Armen hielt. »Aber mach dir keine Sorgen, ich werde einen Weg finden, mit dir zu fliehen, und dein Dad wird sicher auch schon nach uns suchen.«
Robbie zappelte in ihren Armen und begann sich von ihr abzuwenden. »Ich geh nicht mit«, murmelte er mit seltsam rauer Stimme.
»Aber du musst, wir beide müssen - wir haben keine andere Wahl«, sagte Linnet, und dann nahm sie sein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und zwang ihn, ihr ins Gesicht zu sehen.
Erschrocken schnappte sie nach Luft, als sie ihn zum ersten Mal richtig ansah. Blass und angespannt, die Wangen schmutzig und verschmiert von Tränen, die Augen voller Qual, sah der Junge aus, als wäre er um Jahre gealtert. Seine Unterlippe zitterte, und die Hände, die sein Spielzeugschwert umklammert hielten, bebten.
Von seiner üblichen Couragiertheit war nichts mehr zu spüren.
Sie war ihm gründlich vergangen, die kühne Tapferkeit, die er normalerweise zeigte.
Ein frischer Strom von Tränen rann über seine Wangen, und er riss sich von Linnet los und starrte mit gesenktem Kopf den Sandboden der Höhle an.
»Robbie, mein Junge, du brauchst dich nicht zu fürchten«, sagte Linnet beruhigend und strich zärtlich über das seidige Haar auf seinem gesenkten Kopf. »Ich werde dafür sorgen, dass dir nichts geschieht.«
Da blickte er auf, und ein Funke seines alten Ichs flackerte in seinen dunkelblauen Augen auf. »Ich weine nicht um mich selbst, Mylady«, sagte er, und seine Stimme klang gebrochen, als lastete eine Welt der Traurigkeit auf seinen kleinen Schultern. »Es ist wegen Mauger ...« Er begann zu schluchzen. »Die bösen Männer haben ihn umgebracht.«
»Oh, Robbie.« Erst da bemerkte sie den alten Hund, der in den tiefen Schatten hinter Robbie fast nicht zu erkennen war. Still und reglos lag er da, nicht mehr als ein Bündel Fell und Knochen, sein gewölbter Kopf verklebt mit Blut, seine stets so vertrauensvollen Augen fest geschlossen. »O nein, mein Junge, nein. Es tut mir schrecklich Leid«, flüsterte sie, und nun begann auch sie zu weinen.
»Onkel Kenneth hat ihn getreten.«
»Aye, und er verdiente einen Tritt«, sagte Kenneth, während er Linnet am Arm packte und sie grob auf ihre Füße zog. »Das verdammte Vieh wollte mich beißen.«
»Ich hasse dich, du bist böse!« Robbie sprang auf und begann mit seinem hölzernen Schwert nach Kenneths Beinen zu schlagen.
Kenneth lachte. Er packte Robbie am Kragen seiner
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