MacKenzie 02 - Bittersuesse Qual Der Liebe
gewachsenen, breitschultrigen Mann noch zu bemerken?«
Rhona bedachte sie mit einem gekränkten Blick. »Natürlich würde ich Euch niemals als alt...«
»Ich bin weder alt noch blind«, schnitt Caterine Rhona das Wort ab, bevor die jüngere Frau sie noch stärker in Rage versetzen konnte. »Die Vollkommenheit seiner Gestalt anzuerkennen, ist nichts anderes, als die edlen Linien der prachtvollen Vollblüter zu bewundern, auf denen seine verfluchten Landsleute umherreiten.«
Bis auf den kleinen Unterschied, dass noch kein englisches Schlachtross ihr Herz mit einem galanten Handkuss hatte höher schlagen lassen.
Rhona lehnte sich über den Tisch und stieß sie an. »In der Düsterkeit des Saals ist es fast unmöglich, sich vorzustellen, wie er ausgesehen haben muss, bevor er von dieser Narbe entstellt wurde.«
»Herrgott noch mal!« Caterine warf ihrer Freundin einen scharfen Blick zu. »Es ist mir einerlei, wie er vorher ausgesehen hat oder...« Sie unterbrach sich und starrte zum Tisch des Engländers hinüber.
Er und seine Männer waren inzwischen aufgestanden, seine Gefährten hatten sich pelzbesäumte Umhänge umgelegt. Zwei von ihnen folgten Eoghann zum gewölbten Eingang des Burgsaals und verschwanden mit dem Seneschall draußen in der kalten Nacht, während die beiden anderen sich in Richtung Wendeltreppe wandten.
Zu der Treppe, die zu den Wehrgängen hinaufführte.
Sie wollten anscheinend Dunlaidirs Zinnen patrouillieren.
Caterine verschlug es den Atem, und ihr Herz schlug schneller. Ein gänzlich ungewohntes Gefühl, beschützt, umsorgt zu werden, umhüllte sie mit all der Wärme und Behaglichkeit einer oft benutzten und geliebten Decke.
Ein Gefühl, das ihr zwar fremd, aber machtvoll genug war, um den Sieg über ihre Verärgerung davonzutragen.
Zu viele Monate war sie mutlos und verzagt zu Bett gegangen und hatte sich gefürchtet einzuschlafen, aus Angst, de la Hogues Handlanger beim Erwachen über sich gebeugt zu sehen.
Oder schlimmer noch, den Grafen selbst.
Ein leichter Tritt gegen ihr Schienbein ließ das beunruhigende Bild verblassen. »Er kommt zu uns«, formte Rhona lautlos mit den Lippen, und kaum hatte sie ihre Warnung ausgesprochen, stand der stattliche englische Ritter auch schon vor ihnen.
»Meine Damen«, sagte er mit tiefer, weicher Stimme.
Außerstande, auch nur die einfachste Erwiderung zu formulieren, warf Caterine einen Blick zum Kamin und hoffte auf Unterstützung von Sir John, dem einzigen Menschen, der die Engländer genauso sehr hasste wie sie selbst. Der gramgebeugte Lord hatte den Saal inzwischen jedoch schon verlassen und die tiefe Schatten, in dem er eben noch gestanden hatte, war schwarz und leer.
Caterine wünschte, sie könnte ebenfalls verschwinden, als sie zu dem schlecht gewählten Beschützer aufblickte, den ihre Schwester ihr geschickt hatte. »Sir«, gelang es ihr gerade noch zu sagen, wobei ihre Stimme trotz der höflichen Titulierung ein gewisses Misstrauen erkennen ließ.
Ihre Blicke trafen sich, und sie befiel ein merkwürdiges Schwindelgefühl. Sie verspürte eine seltsame Atemlosigkeit, wie sie sie noch nie zuvor erlebt hatte. Das Licht einer in der Nähe stehenden Fackel fiel auf sein dunkles Haar, spiegelte sich in den Eisenringen seines Kettenpanzers und vergoldete sie auf eine Art und Weise, die seine mächtigen Arm-und Schultermuskeln noch ausgeprägter wirken ließ.
Bei Gott und allen Heiligen, aber er brachte sie wirklich durcheinander!
»... es Euch nicht passt...«, sagte "er gerade, aber seine Nähe verwirrte sie so gründlich, dass sie nur Bruchstücke von seinen Worten verstand.
Sie blinzelte. »Falls mir was nicht passt?«
»Wenn er mit Euch spricht«, antwortete Rhona an seiner Stelle.
Ohne ihre Freundin zu beachten, schenkte er Caterine ein schwaches Lächeln, und im flackernden Spiel von Licht und Schatten offenbarte dieses kleine Lächeln deutlich, wie gut aussehend Sir Marmaduke Strongbow, ehedem von England und künftig von Balkenzie Castle im Westen, einst gewesen sein musste.
Er war noch immer ein wirklich gut aussehender Mann.
»Ich sagte, es tut mir Leid, falls es Euch nicht passt, Euch mit mir zu unterhalten, aber wir sollten dennoch ein Gespräch miteinander führen«, erklärte er, und sein Ton war brüsk und längst nicht mehr so warm, wie sie ihn in Erinnerung hatte. »Jetzt - bevor ich mich meinen Männern auf den Wehrgängen anschließe.«
Er betrachtete sie, und die Intensität seines prüfenden Blicks gab
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