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MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

Titel: MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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sich so überaus wichtig«, platzte ich heraus.
    »Für manche bin ich es.«
    »Muss doch ein tolles Gefühl sein, nicht?«
    »Sie sind doch sicher auch für jemanden wichtig, oder? Für Ihren Vater, Ihre Mutter, Ihren Freund, die Tante Henrietta...«
    Vier Personen hatte er treffsicher genannt, und die Erwähnung jeder einzelnen riss blutende Wunden auf. Meinen Vater hatte ich nie gekannt, meine Mutter war seit zwölf Jahren tot, mein Freund hatte mich verlassen, und für meine Tante war ich eher eine Art Leibeigene. Verzweifelt versuchte ich, meine Gefühle zu verbergen, aber man sah sie mir vermutlich doch an.
    »Entschuldigung. Ich fürchte, ich habe gerade wirklich etwas Falsches gesagt.«
    »Ja. Haben Sie.«
    Seine mitfühlenden Worte bewirkten, dass das Selbstmitleid mich überwältigte und sich meine Augen mit Tränen füllten. Leider, leider habe ich viel zu dicht am Wasser gebaut.
    Doch dann gab es eine Unterbrechung, die mich ganz schnell meine Haltung wiedergewinnen ließ. Am Eingang trafen drei Personen ein. Von höchst seltsamem Aussehen.
    »Was ist das?«, fragte Ken Mackey, der aufgestanden und neben mich getreten war.
    »Das sieht aus wie ein Teil der englischen Jagdgesellschaft.«
    »War ein Moorbad mit inbegriffen?«
    Ein ältliches Paar und ein hochbetagter Herr standen, die Arme und Beine mit schwarzem Schlamm bedeckt, an der Rezeption und erklärten ungehalten, was ihnen geschehen war.
    Wir beide lauschten unbemerkt mit wachsender Belustigung. Es war dem alten Jäger gelungen, mitten in der schönsten Entenjagd sein Gebiss zu verlieren. Er nuschelte mit traurigem Blick: »I’ve lost my teeth.«
    Sie waren, und in diesem Moment kam der erste Gluckser aus mir heraus, zielgenau in einen Tümpel von schwarzem Morast gefallen und dort ohne einen Laut des Protestes versunken. Die Rettungsversuche waren vergeblich und führten nur zur Gefährdung der anderen, die sich dabei bis zu den Knien und Ellenbogen in die schlüpfrig schwarze Brühe wagten.
    Neben mir flüsterte Ken: »...versank’s Gebiss im schwarzen Moor...«
    Mit düsterer Stimme intonierten wir beide: »... and shall be lifted - Nevermore!« 11
    Ich rutschte so tief wie möglich hinter die Lehne und biss heftig in meine Hand, um nicht laut loszuprusten. Ken rutschte zu mir und landete vor meinen Füßen. Seine grünen Augen funkelten vor Vergnügen und Schalk.
    Eigentlich war er gar nicht sooo ein unsympathischer Wichtigtuer.
    »Du magst Edgar Allan Poe?«
    »Klar. Vor allem den ›Raben‹. Übrigens - ich muss dir bei Gelegenheit etwas besonders Kurioses zeigen.«
    »Was denn?«
    »Verrat ich nicht. Dann wäre ja die Überraschung weg.«
    »Oh, aber ich bin ein fürchterlich neugieriger Mensch.«
    »Schon gut, dann heute schon.«
    Leider wurde unser Geplänkel durch ein Trillern unterbrochen, und Ken meldete sich an dem allgegenwärtigen Mobiltelefon.
    »Ich rufe Sie gleich zurück«, beschied er den Anrufer und schaltete das Gerät aus. Er war wieder ernst geworden, aber ein klein wenig saß doch die Fröhlichkeit noch in seinen Augenwinkeln.
    »›Wann treffen wir zwei wieder zusamm’?‹«
    »›Um Mitternacht...‹ Mh, die Brücke am Tay. Du hast tatsächlich irgendwann eine gewisse Art von Bildung genossen.«
    »Giftzahn.«
    »Mh.«
    »Wir könnten sogar noch etwas früher zusammentreffen, wenn du nichts dagegen hast. Vielleicht heute Abend zusammen essen. Oder musst du deiner Tante Gesellschaft leisten?«
    »Das werde ich tun müssen, aber anschließend, denke ich, könnten wir noch ein Gläschen Whisky zusammen trinken. Einen Malt. Und ohne Eis.«
    »Ah, daher der unterstellte Bildungsmangel.«
    »Tja...!«
    »Gut, dann bis später. Du hast eine Tante, ich einen Chef.«
    Er nickte mir zu und ging dann aus der Halle.
    Ich blieb sitzen und wunderte mich über mich selbst. Dieser Urlaub, der gerade erst begonnen hatte, entwickelte sich trotz seines unseligen Beginns auf das Erstaunlichste. Solche Ferien hatte ich wirklich noch nie erlebt. Nicht nur, weil sich die Ereignisse in ihrer ominösen Häufung wie in einer schlechten Komödie entwickelten - von verdorbenen Mägen über fehlgeleitete Golfbälle, nächtlichen Spuk bis zu versunkenen Gebissen. Nein, auch die außergewöhnlichen Bekanntschaften, die ich seit Tagen machte, waren einmalig. Zum Beispiel Arthur Dougal und Kenneth Mackey. Bisher hatte es immer nur eine fest gefügte Reisegruppe gegeben, nach dem Geschmack meiner Tante ausgewählt und meist aus gesetzten Herrschaften

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