Madame Bovary: Roman. Herausgegeben und übersetzt von Elisabeth Edl (German Edition)
– Emma ist früh am Morgen aufgestanden und spaziert allein durch den Schlosspark, sie entdeckt an einem Fluss ein niedriges, kleines Haus – wahrscheinlich »ein Ort für Rendezvous« denkt sie und geht hinein: »Gleich große Rauten zierten eines der beiden Fenster. Sie betrachtete die Landschaft durch die bunten Gläser. / Hinter den blauen wirkte alles traurig. Ein regloser azurner Dunst, über die Luft gebreitet, machte die Wiese länger und schob die Hügel ins Ferne. Die grünen Wipfel schimmerten samtig unter blassbraunem, ungleichmäßig geflocktem Staub, als wäre Schnee gefallen, und auf einem entlegenen Feld schien ein Feuer von trocknem Gras, das jemand verbrannte, aus Spiritusflammen zu bestehen. / Durch die gelben Vierecke dann waren die Blätter der Bäume kleiner, der Rasen heller und das ganze Land wie aus Metall geschnitten. Die vereinzelten Wolken waren Plumeaus aus Goldstaub, kurz vor dem Bersten; die Atmosphäre dünkte einen erleuchtet. Alles war fröhlich; Wärme entströmte dieser großen Topasfarbe, verdünnt mit Azur. / Sie presste ihr Auge an die grüne Scheibe. Alles wurde grün, der Sand, das Wasser, die Blumen, sogar die Erde verschwamm mit dem Rasen. Die Schatten waren alle schwarz, das aschfahle Wasser schien erstarrt an seinen Ufern. / Doch länger blieb sie vor dem roten Glas. In einem Purpurglanz, der über allem lag und alles verschlang mit seiner Farbe, war das Grün beinahe grau, die roten Töne selbst verschwanden. Der Fluss mit seiner Ausbuchtung glitt dahin wie ein rosa Strom, die erdigen Rabatte glichen Pfützen von gestocktem Blut, der unendliche Himmel türmte Feuersbrünste. Sie bekam Angst. / Sie wandte den Blick, und durch das Fenster aus weißem Glas zeigte sich mit einem Schlag der gewöhnliche Tag wieder ganz blass und mit unbeständigem kleinen Gewölk in der Farbe des Himmels.«
– kein Likör: »Kein Alkohol, das ist für einen Normannen, der schon morgens Calvados süffelt, ein bisschen hart. Daher auch die Zahnprobleme der Normannen, die, ab fünfzehn, von Cidre und Calvados ruiniert werden.« (Jean-Éric Green) – »cidre Verdirbt die Zähne.« ( Wörterbuch der Gemeinplätze )
ganz aus grüner Seide gestickt: Die Édition définitive von 1873 schreibt, vermutlich mit einem Druckfehler, »tout bordé de soie verte« (»ganz in grüne Seide gefasst«), die vorangegangenen Ausgaben und alle Entwürfe »tout brodé de soie verte«, was der Beschreibung des Zigarrenetuis auf S. 80 auch besser entspricht.
Kapitel IX
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Marjolaine: Les Compagnons de la Marjolaine ist ein Lied aus der Frühzeit der Handwerkerzünfte.
La Corbeille: La Corbeille war eine Modezeitschrift, die von 1843 bis 1878 in Paris erschien. Le Sylphe, journal des salons , ebenfalls ein Pariser Blatt, existierte nur kurze Zeit, nämlich von Juni 1829 bis August 1830: Emma konnte also nicht gleichzeitig auf beide Publikationen abonniert sein, wie Thierry Laget in seiner Ausgabe anmerkt.
– die Tage für den Bois: An denen sich die gute Gesellschaft im Bois de Boulogne traf.
– Eugène Sue: Der Marinearzt und Romancier (1804– 1857) schrieb Seefahrts- und Sittenromane, bevor er mit den Mystères de Paris (1842– 1843), dem ersten Fortsetzungsroman der französischen Literatur, berühmt wurde. Manch einem galt er damit als Begründer des Realismus, für Flaubert war er ein rotes Tuch. »Das ist zum Kotzen, einfach unsäglich«, urteilte er zum Beispiel über Arthur, Journal d’un inconnu (1837). »So was muss man lesen, damit einen das Geld, der Erfolg und das Publikum dauern« (14. November 1850 an Louis Bouilhet).
– Balzac und George Sand: »Warum hat mich der Tod von Balzac zutiefst berührt ? Wenn ein Mann stirbt, den man bewundert, ist man immer traurig. – Man hoffte, ihn später einmal kennenzulernen und von ihm geliebt zu werden. Ja, er war ein starker Mann und einer, der seine Zeit couragiert verstanden hatte«, schrieb Flaubert kurz nach Balzacs Tod an Bouilhet (14. November 1850). Mit George Sand sollte ihn ab 1863 eine enge, kumpelhafte und zugleich zärtliche Freundschaft verbinden, nachdem sie Salammbô in einem Zeitungsartikel vehement verteidigt hatte. In der Zeit der Arbeit an Madame Bovary stand er der »lieben Meisterin« noch skeptisch gegenüber: »Bei G. Sand riecht man die weißen Blumen; es trieft, und die Gedanken fließen zwischen den Worten wie zwischen schlaffen Schenkeln. Man muß mit dem Kopf schreiben«, warnte er Louise Colet
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