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Madame Butterflys Schatten

Madame Butterflys Schatten

Titel: Madame Butterflys Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Langley
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eingelagert werden, sofern sie »in Kisten verpackt und gut sichtbar mit Namen und Adresse des Besitzers versehen« waren. Sehr viel später begriff Joey, wie es tatsächlich lief: Klaviere, Familienerbstücke, Lampen, Kristallgläser, alles sorgsam in Kisten verpackt und gekennzeichnet – und auf Nimmerwiedersehen verschwunden.
    Dünne Wände aus Sperrholz unterteilten jede der schäbigen Baracken in ein halbes Dutzend »Wohnungen« für vier, sechs, acht oder zehn Bewohner, je nach Anzahl der Betten, die hineinpassten. Oft reichten diese Wände nicht einmal bis zur Decke, von der in jedem Raum eine einzelne nackte Glühbirne hing.
    Vor Joey blieb ein junges Paar mit seinen wenigen Habseligkeiten stehen und spähte erschrocken durch eine der Türen.
    Die Frau flüsterte etwas und wandte sich verzweifelt ihrem Mann zu; die Fingerspitzen der einen Hand an die Lippen gepresst, strich sie sich mit der anderen fahrig über die Haare.
    Joey bemerkte die Geste, die Rundung ihrer Wange, und einen flüchtigen Moment stand ihm ein anderes Bild vor Augen: eine Frau, den Kopf zur Seite gedreht, eine sanft gerundete Wange, der Kragen eines Kimonos, der ein Stück von ihrem Nacken sehen ließ, hochgesteckte Haare, so glatt und schwarz wie poliertes Ebenholz. Doch bevor er das Bild genauer betrachten konnte, war es schon wieder verschwunden. In seiner Tasche steckte ein Foto dieser Frau, auf dem sie ein dunkles Gewand trug; die Hände in den Schoß gelegt, blickte sie starr in die Kamera.
    Bei einem kurzen Rundgang stellte Joey fest, dass in Tule Lake eine Baracke der anderen glich, lediglich die Bewohner unterschieden sich. Als Malinowski auf der ersten Trobriand-Insel an Land gegangen war, hatte er sich vermutlich keine Gedanken darüber gemacht, wo er in jener Nacht schlafen würde, aber früher oder später hatte er eine Entscheidung treffen müssen. Joey hatte angenommen, dass der berühmte Mann in einer der Dorfhütten aus Holz und Stroh rund um das Vorratshaus für die Jamswurzeln, den spirituellen Mittelpunkt der Gemeinschaft, gewohnt hatte. Bis ihn ein Foto, das Malinowski vor einem Zelt sitzend zeigte, eines Besseren belehrte: Natürlich brauchte der professionelle Beobachter ein Zelt, das ein wenig abseits stand; das verschaffte ihm eine gewisse Privatsphäre und die Möglichkeit, täglich Aufzeichnungen zu seiner Arbeit zu machen. Joey, umgeben von Menschen, die ihm so fremd waren wie die Inselbewohner dem Anthropologen, besaß kein Zelt; ihm würde hier, in diesem »Dorf« aus schäbigen Baracken, keine Privatsphäre vergönnt sein.
    Für den Bau der Hütten hatte man billiges Fichtenholz verwendet. In der trockenen Hitze hatten sich die Bretter verzogen und Risse bekommen; sie lösten sich von den Nägeln, das Holz schrumpfte, die dunklen Astknoten lockerten sich. Als Joey einen davon mit dem Finger antippte, fiel der glatte runde Pfropfen heraus und hinterließ ein Loch.
    »Das reinste Spanner-Paradies«, vernahm er hinter sich eine Stimme.
    Ichir ō hatte beschlossen, dass Joey einen guten Zimmergenossen abgab. Dann hatte er zwei weitere junge Männer aus der Menge gepickt und durch die Tür geschoben, ehe sie wussten, wie ihnen geschah. Kazuo. Taro. Von jetzt an Mitbewohner.
    Eine nach der anderen füllten sich die Baracken. Kein Gezanke, kein Gedränge, der Tradition gemäß ordneten sich die Jungen den Alten unter, größere Familien bekamen die größeren Räume, sechs oder acht Menschen quetschten sich in eine der engen Unterkünfte, stapelten ihre Habseligkeiten an den Wänden auf oder verstauten sie unter den schmalen Feldbetten. Es gab kein fließend Wasser. In der Mitte jedes Raums stand ein bauchiger Holzofen, dessen Rohr durch das Dach stieß. Niemand gab sich der Illusion hin, dass es sich hier nur um einen vorübergehenden Aufenthalt handelte: Ein armseliger Verschlag ohne Vorhänge, Teppiche oder Möbel war jetzt ihr Zuhause.
    Am ersten Tag ging Joey mit seinem Blechteller in den Speisesaal und stellte sich wie die anderen an der Essenausgabe an. Ein älteres Paar vor ihm musterte voll Widerwillen graues amerikanisches Fleisch und Kartoffeln. Es ging weiter zum nächsten Topf.
    »Was ist das?«
    » Sushi aus Frühstücksfleisch.«
    »Ah!«
    »Eine hawaiianische Spezialität.«
    »Ah!«
    Die beiden inspizierten einen Topf mit verkochtem, farblosem Gemüse. Gingen weiter.
    Schließlich ließen sie sich einen Löffel Reis geben und suchten sich einen Platz. Probierten. Wechselten einen Blick.
    »Nicht

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