Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Madame Fabienne

Madame Fabienne

Titel: Madame Fabienne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johnny70
Vom Netzwerk:
konnte? Auf was für bizarre Ideen er auf einmal kam... "Wo soll ich Sie denn hinfahren, direkt in die Fabrik?"
    "Nein, nicht in die Fabrik." Sie reichte ihm ein Zettelchen, auf dem handschriftlich eine Adresse vermerkt war: Schwanthaler Allee 228. "Kennen Sie das?"
    Jean Claude nickte und gab ihr den Streifen Papier zurück, "Das ist auf der Parkinsel, in Süd."
    "Süd?"
    "So heißt der Stadtteil. Es ist ganz in der Nähe, kein Problem." Er setzte den Blinker und bog auf die Mundenheimer Straße, links und rechts gab es Häuserzeilen mit Läden im Erdgeschoss. Er justierte den Rückspiegel so, dass er Fabienne besser sehen konnte. Wie alt sie wohl war? Um die 30 wahrscheinlich. Das würde ja gut zu ihm passen, aber daran sollte er jetzt nicht denken, das war doch eine rein berufliche Angelegenheit, alles ganz sachlich.
    Für einen Moment kreuzten sich ihre Blicke, und Fabiennes Augen veränderten sich: Auf einmal waren es die Luken eines brennenden Ofens. Er sah schnell wieder auf die Straße vor sich und umklammerte das Lenkrad fester: Hatte er sich das jetzt nur eingebildet? Natürlich, wahrscheinlich lag es an dem langen Tag in der Fabrik, ein Zeichen dafür, dass er mehr Freizeit brauchte.
    Er sah noch mal in den Rückspiegel, und nun wirkte das Braun ihrer Augen wieder völlig normal. Was für lange Wimpern sie hatte. Vielleicht war vorhin nur das helle Sonnenlicht auf ihr Gesicht gefallen und hatte so ihr Aussehen verändert. Ganz bestimmt, was sollte es auch sonst gewesen sein?
    Offenbar wollte sie nicht reden, also schwieg er auch. Er folgte weiter der Mundenheimer Straße, und sie kamen schnell voran, weil es nur wenig Verkehr gab.
    "Was tun Sie denn gewöhnlich in der Fabrik?"
    Er sah wieder für eine Sekunde in den Rückspiegel, "Sonst bin ich in der Export-Abteilung."
    "Die Export-Abteilung?"
    "Ich hatte grade frei, und da hat man mir den Auftrag gegeben, Sie abzuholen."
    "Wirklich?"
    Was sollte das denn heißen? Offenbar zweifelte sie daran. "So ist es gewesen." Er setzte nun den Blinker und bog auf die Wittelsbach Straße.
    Sie beugte sich ein bisschen vor, soweit es der Sicherheitsgurt zuließ; ihre Stimme klang sachlich, "Hat die Öl- & Reifenfabrik viele farbige Mitarbeiter?"
    Irgendwie war ihm so eine Frage unangenehm. Er musste sich räuspern, "Es gibt schon 'n paar, aber in der Export-Abteilung bin ich der einzige."
    Sie passierten nun das Amtsgericht und die Endschleife der Straßenbahn. Gleich darauf kamen sie zu der Drehbrücke, die über das Hafenbecken führte. Das Wasser färbte sich dunkel, und es sah so aus, als stehe es still. Auf beiden Seiten gab es Lagerhäuser und Hallen mit alten Backstein-Fassaden.
    "Wir sind gleich da."
    Sie schwieg.
    "Werden Sie lange in Lu bleiben?"
    Sie zuckte mit den Achseln, "Das kommt darauf an."
    Was kommt auf was an— sollte er nachfragen? Egal. Sie erreichten die Schwanthaler Allee, und er fuhr extra langsam, damit er nach der Nummer 228 Ausschau halten konnte. Es fiel auf, dass es außer ihnen keinen Verkehr gab; man sah auch keine Passanten. In der Mitte der Straße befand sich ein Grünstreifen mit Platanen, die noch vom Winter kahl waren. Als in der Ferne schon der Parkwald auftauchte, entdeckte er das Anwesen.
    Es war größer als die anderen und hatte einen Zaun aus schwarzen Metallstäben, die einem Erwachsenen bis über den Kopf reichten. Weiter hinten auf dem Grundstück stand eine zweistöckige Villa. Die Fassade war blassgelb und bildete einen Kontrast zu dem dunklen Ziegeldach. In der Mitte des Gebäudes gab es einen Erker mit aufgesetztem Balkon; die Fenster sahen besonders lang aus und hatten noch Holzläden.
    Wie viel da wohl die Miete im Monat kostete? Wahrscheinlich ne Menge. Ob das die Öl- & Reifenfabrik für diese Fabienne bezahlte? Wenn ja, musste sie besonders wichtig sein fürs Unternehmen. Was machte sie wohl? Sollte er sie mal fragen? Lieber nicht, oder doch?
    Jean Claude parkte den Opel vor der Einfahrt und wandte sich um, "Und Sie? Sind Sie auch im Export tätig?"
    Fabienne grinste ein wenig und öffnete ihren Sicherheitsgurt: "Nein, ich löse Probleme."
    "Sie lösen... Probleme. Aha."
    Sie gab ihm einen Schlüsselbund, ohne etwas dazu zu sagen.
    Er stieg aus und ließ die Tür auf der Fahrerseite extra offen stehen. Das Eingangstor bestand aus schwarzen Metallstäben und hatte zwei Flügel. Als er aufschloss, konnte er sehen, dass sie ihn beobachtete. Die Frau war schon seltsam. Was sie wohl von ihm hielt? Gute Frage. Er

Weitere Kostenlose Bücher