Madame Fabienne
Schmutz. In seinem Gesicht blieb alles starr, und die schlabbrigen Wangen hingen nach unten. Seine Augen waren braun und hatten eine kalte Ausstrahlung.
Wie lange sollte das denn noch so gehen? Didier fuchtelte mit einer Hand durch die Luft, "Also, was ist jetzt?"
"Ich bin diesem Martin gefolgt, wie abgemacht."
"Und?"
"Er hat sich gestern ein Fußballspiel angesehen." Hector sah zum Haupteingang, als er sprach. "Und er hat sich mit jemand getroffen."
Warum ging das so langsam? "Und mit wem?"
"Ein farbiger Mann. Sie standen am Rand von diesem Fußballplatz und haben sich ne Zeit lang unterhalten. Später war ich noch im Vereinslokal und habe mich umgehört. Der farbige Mann heißt Jean Claude."
"Jean Claude? Und wie weiter?"
Hector wandte sich ihm zu, sein Atem roch nach Alkohol. "Jean Claude Lang. Er arbeitet bei der Öl- & Reifenfabrik."
Ein Grinsen glitt Didier übers Gesicht: Also doch, er hatte den richtigen Riecher gehabt, natürlich. Dieser Martin sollte den Farbigen aushorchen, diesen Monsieur Lang. Aber was hatte der Kerl mit Fabienne zu tun? Vielleicht war er die Verbindung zwischen ihr und der Fabrik.
Hector sah ihn an, "Was soll denn das alles? Ich dachte, wir suchen nach Madame Fabienne."
"Natürlich", seine Stimme klang schroff. "Und wir werden sie auch finden. Wo ist dieser Lang jetzt?"
Hector wies mit dem Kopf zur Fabrik.
"Gut. Was weißt du noch über den Mann?"
Er zuckte mit den Achseln, "Wir sind hier auf fremdem Terrain, hier komme ich allein nicht so schnell voran."
War das eine Ausrede? Wahrscheinlich hatte er am Sonntag gezockt und hatte deshalb nicht mehr Zeit gehabt. Und gesoffen hatte der auch wieder. Aber wenigstens wussten sie jetzt den Namen.
Hector zeigte auf ihn, "Ich habe gehört, dass es Monsieur Gaston wieder besser geht."
"Ich bin der Chef, klar?!" Warum hatte er nur so schroff reagiert? Hector beobachtete ihn, oder? Er gab sich Mühe, mit sachlicher Stimme zu sprechen. "Ich habe das auch gehört: Der alte Roque-Maurel sei wieder aus dem Koma aufgewacht, aber er liege immer noch im Krankenhaus... Wir müssen diese Angelegenheit hier schnell zu Ende bringen, denn ich werde wieder in der Pariser Zentrale gebraucht. Kapiert?"
Hector zeigte zum Haupteingang der Fabrik: Hinter der Schranke stand ein dunkelblauer Audi, und der Fahrer sprach gerade mit dem Pförtner. "Das ist er."
"Wer?"
"Na, dieser Jean Claude."
Didier musste wieder grinsen. Der Typ würde ihn jetzt gleich zu Fabienne führen— wäre das möglich? Natürlich, er ließ den Motor an und parkte aus. "Wir folgen dem Mann."
"Und was machen wir, wenn wir Madame Fabienne tatsächlich finden?"
Didier ignorierte die Frage und fuhr dem Audi nach. Zwischen ihnen befand sich noch ein dunkler Golf, aber das war sogar ein Vorteil, denn so würden sie wahrscheinlich nicht gleich auffallen. Gut. Vielleicht könnte er Fabienne schon in einer halben Stunde haben. Vor seinem geistigen Auge sah er auf einmal, wie sie auf einem gemachten Bett lag. Wie straff und gelenkig sie war.
Sie überquerten nun einen runden Platz und kamen auf eine Straße, die in Richtung Stadtmitte führte. Sein Hotel war hier gleich in der Nähe, ob das ein Zufall war? Natürlich, dieser Jean Claude wusste doch gar nicht, wo er wohnte.
Auf einmal bog der Golf ab, und sie waren direkt hinter dem Audi.
"So kann er uns sehen, Chef."
Wie ihm dieser Mann auf die Nerven ging. "Wo sind wir jetzt? Wo fährt der Mann hin?"
Hector schwieg.
Die Straße verlief nun ganz gerade; auf der einen Seite sah man hier und da Häuser, auf der anderen befand sich eine Verkehrsinsel mit kahlen Bäumen und geparkten Autos. Es fing an zu regnen, einzelne Tropfen platzten auf der Windschutzscheibe. Didier stellte die Wischer an und gab noch mehr Gas, damit der Abstand zu diesem Jean Claude kleiner wurde. Warum musste er nur so lange warten, bis er Fabienne wieder haben konnte. Warum nur? Am liebsten hätte er geschrien, aber er dürfte sich vor Hector keine Blöße geben.
Gleich wäre alles wieder in Ordnung, dann könnte er es mit Fabienne machen, dann ginge es ihm auch gut. Ach was, dann wäre er high. Noch nie hatte er sich so lebendig gefühlt wie in diesem Hotelzimmer in Nîmes, als er es mit Fabienne getrieben hatte. Er brauchte sie, und er würde sie kriegen. Und niemand könnte ihn davon abbringen.
Wie er auf einmal schwitzte. Er strich sich eine Strähne von der Stirn und konzentrierte sich auf den dunkelblauen Audi vor ihm: Der Fahrer sah gerade in den
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