Madame Fabienne
auf."
"Ich hab verstanden." Sie blieb stehen und unterbrach die Verbindung, dabei hörte man, wie jemand auf der Treppe nach unten rannte— Achmet war also hinter ihr her.
Sie fing wieder an zu laufen und konzentrierte sich auf die Stufen. Dieser Achmet war gut in Form und könnte bestimmt den Abstand zu ihr verkleinern. Wenn der Typ sie in die Finger kriegte, sähe es ganz schlecht aus für sie. Sie erreichte nun endlich das Erdgeschoss und wollte zum Ausgang sprinten, aber ein paar Männer standen vorm Fahrstuhl und schauten zu ihr. Sie wandte ihr Gesicht ab und zwang sich zu gehen, damit sie nicht auffiel.
Sobald sie im Freien war, fing sie wieder an zu laufen. Auf dem Parkplatz war immer noch eine Menge Betrieb, aber trotzdem bemerkte sie gleich den roten Porsche, weil der Wagen ganz nah beim Eingang abgestellt war. Hasan Gündesch saß hinterm Lenkrad und stieg gerade aus. Als er abschließen wollte, sah er in ihre Richtung, und für einen Moment trafen sich ihre Blicke; dabei klappte ihm der Mund auf— er hatte sie also erkannt, auch das noch.
Sie entdeckte nun den silbergrauen Mercedes, der am Ende vom Parkplatz stand. Die anderen würde sie wahrscheinlich bemerken, wenn sie dorthin laufen würde. Sie müsste sich also verstecken, aber wo? Sie duckte sich hinter einem BMW, der in einer langen Reihe von geparkten Autos stand. Bei dem Hochhaus ging nun die Glastür wieder auf, und der stämmige Achmet erschien. Sein Gesicht war ganz angespannt, und man konnte sehen, wie sich sein Brustkasten hob und senkte. Er suchte nach ihr.
"Da drüben ist sie." Hasan zeigte auf sie und fing an zu schreien, "Dort drüben, hinter dem BMW."
Sie verließ ihre Deckung und fing an zu rennen, so schnell sie nur konnte. Der Wind frischte auf und blähte ihren grauen Wollmantel. Hinter ihr wurde etwas gerufen, doch es war auf Türkisch, und sie konnte nichts verstehen. Der silbergraue Mercedes fuhr nun ein Stück in ihre Richtung und hielt wieder. Véronique saß hinterm Lenkrad und streckte sich auf die Beifahrerseite, um ihr die Tür zu öffnen.
Fabienne sprang in den Wagen, und Véronique fuhr los. Als sie beim Ausgang ankamen, mussten sie noch einen Moment warten, weil die Schranke unten war; aber dann lenkte Véronique den Mercedes auf die Straße, und sie rasten davon. Véronique warf ihr einen Blick zu, "Wie ist es gelaufen?"
"Mies."
"Und was heißt das?"
"Das wird sich noch zeigen. Folgt uns jemand?"
Véronique sah in den Rückspiegel, "Da ist ein roter Porsche hinter uns, der Wagen holt auf. Vielleicht ist es Hasan."
Natürlich war es Hasan, wer sollte es denn auch sonst sein?! Fabienne drehte sich auf dem Beifahrersitz nach hinten und sah durch die Heckscheibe, "Wir müssen ihn abhängen."
"Ich versuch's. Was ist denn da drinnen passiert?"
"Diese Sibel ist umgekippt. Die Dosis war viel zu hoch." Ein Seufzer glitt ihr über die Lippen: Hoffentlich war der Angriff nicht umsonst gewesen.
20
Fabienne lag angezogen auf dem Bett und starrte an die Decke: Wie lange hatte sie jetzt wohl geschlafen? Bestimmt zwei Stunden, aber sie fühlte sich immer noch müde. Vielleicht lag es daran, dass es heute so ungewöhnlich mild war; es fühlte sich an, als komme schon bald der Frühling.
Sie setzte sich auf die Bettkante und strich sich mit einer Hand die Haare zurecht. Vielleicht war es auch etwas anderes, und sie sollten schauen, dass sie aus dieser Stadt verschwanden. Sie ging zu einem der Fenster und lugte hinter der Gardine nach draußen. Das menschenleere Feld erstreckte sich fast bis zum Haus, und am Himmel zogen graue Wolken.
Man hörte leise Stimmen, aber sie konnte die geäußerten Worte nicht verstehen. Es war ein Wispern, oder brauste da nur der Wind durch die kahlen Bäume?
Wie schlapp sie sich immer noch fühlte. Sie ging ins Bad und befeuchtete ihr Gesicht mit einem nassen Handtuch. Wo war eigentlich Véronique? Sie lauschte einen Moment und konnte feine Geräusche hören. Also war noch jemand im Bungalow. "Véronique?"
"Ja?!"
Fabienne folgte der Stimme und kam in den Wintergarten. Hier gab es viele Grünpflanzen in Töpfen oder Kübeln, und auf dem Beistelltisch standen zwei Gläser und eine Flasche französisches Mineralwasser. Véronique saß in einem der Korbsessel und blätterte durch eine Zeitschrift: "Du sieht schlecht aus."
"So fühl ich mich auch."
"Ich habe in Paris angerufen und mich ein bisschen umgehört."
Jetzt kam etwas Negatives, sie konnte es doch gleich an Véroniques Stimme
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