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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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drei. Das ist absurd.«
    »Aber wir leben besser, meinst du nicht auch?«
    »Ja«, erwiderte ich mit Nachdruck.
    Im anderen Zimmer meldete sich Bumby. Ich stellte meine Kaffeetasse ab und wollte ihn holen gehen, als Ernest sagte: »Ich würde nicht mit ihnen tauschen wollen, aber es ist nicht leicht mitanzusehen, wie so viel Geld einfach verschwendet wird, während wir gar keins haben. Vielleicht könnte ich mir etwas von Scott für unsere Reise nach Pamplona im Juli leihen?«
    »Denkst du, dafür kennen wir die beiden schon gut genug?«
    »Wohl nicht. Aber irgendwie müssen wir dort hinkommen. Vielleicht hilft uns Don Stewart?«
    »Er ist ein feiner Kerl.«
    »Ja«, sagte er. »Aber ich sag dir mal was: Mittlerweile will anscheinend jeder mitkommen. Es wird alles ganz schön kompliziert.«
    »Es sind doch noch Wochen bis dahin. Und wie kompliziert kann es schon sein?«
    »Das willst du gar nicht wissen.«

Einunddreißig
    Am Bahnhof wurden die brüllenden, panisch mit den Augen rollenden Stiere aus den Waggons gelassen. Sie irrten orientierungslos herum, und es war nicht leicht, ihnen zuzusehen, da wir wussten, dass sie am Ende des Tages alle tot sein würden. Es war ein ungewöhnlich kühler Julimorgen. Ihre Hufe wirbelten Staub in die Luft, der in unseren Augen brannte. Ernest zeigte auf die gekrümmte, muskelbepackte Stelle zwischen den Schulterblättern, die der Degen exakt treffen musste.
    »O ja«, bestätigte Harold Loeb. »Das ist der Moment der Wahrheit.«
    Ernest verzog das Gesicht. »Was weißt du denn schon davon?«
    »Genug, würde ich sagen«, erwiderte Harold.
    In diesem Augenblick kam Duff herbei und legte ihre Hand in Ernests Armbeuge. »Es ist alles ganz wunderbar, oder nicht?« Sie schaute ihn an wie ein Kind, das seinen Willen bekommt, mit zusammengekniffenen Augen und einem breiten Lächeln. »Aber es macht einen auch hungrig. Wer will mich füttern?«
    »Oh, na gut. In Ordnung«, sagte Ernest, immer noch leicht verstimmt, und die beiden führten uns in Richtung Café. Ernest trug seine Baskenmütze, einen marineblauen Pullover und weiße Hosen, dazu einen dunklen Schal um den Hals. Duff sah wie immer perfekt aus in ihrem langen Baumwollpulli und ihrer hellgrünen Seidenbluse mit Bubikragen. Sie hatte sich das Haar aus dem Gesicht gekämmt und stolzierte gerade und aufrecht dahin. Ernest passte sich erhobenen Hauptes ihrem Schritt an. Wahrscheinlich war er immer noch wütend auf Harold, versuchteaber, seinen Ärger hinunterzuschlucken. Von hinten wirkten die beiden, als wären sie gerade einer Modezeitschrift entsprungen, und ich sah, dass auch Duffs Verlobter Pat Guthrie es bemerkt hatte. Alle merkten es, und man sah Pat schon seit Tagen an, dass er darunter litt.
    Er tat mir leid, obwohl ich auch nicht mit ihm hätte zusammenleben wollen. Er trank meist zu viel und konnte einem dann tierisch auf die Nerven gehen. Jeden Nachmittag begann er fröhlich und zufrieden mit sich und der Welt. Er sprach gern über populäre Musik, sang und tanzte voller Energie und Enthusiasmus, doch nach drei bis vier Cocktails geschah etwas mit ihm, und er wurde abfällig und überheblich. Wenn Duff ihn dann nicht fortschickte, änderte sich seine Stimmung nach einer Weile nochmals, und er wurde mürrisch und griesgrämig. Ich fragte mich, wie sie seine Launen ertragen konnte – oder wie er selbst dazu in der Lage war. Fühlte er sich womöglich morgens beim Aufwachen angeekelt davon, wie er stets in die eine, dann wieder in die andere Richtung schwankte? Erinnerte er sich überhaupt noch daran?
    »Was hältst du davon, bis zum Einbruch der Dunkelheit zu trinken?«, fragte Harold, der neben mich gekommen war.
    Ich lächelte und nahm seinen Arm, damit er sich besser fühlte, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick. Wenn wir uns aneinander hielten, würde er sich vielleicht auch darum kümmern, dass ich mich ein wenig besser fühlte. Und Gott weiß, wie dringend ich es gebrauchen konnte.
     
    Die Reise hatte eine Woche zuvor in Burguete schon schlecht angefangen, als wir im Irati angeln wollten, einem von Ernests Lieblingsflüssen weltweit, ihn aber völlig verschmutzt vorfanden. Die Hotelbesitzerin hatte versucht uns zu warnen, dass dort kein guter Fang mehr zu machen sei, doch Ernest hatte das nur mit einem Lachen abgetan. Die Holzfäller waren dortgewesen, um Buchen und Kiefern abzuholzen, und als wir den Fluss erreichten, sahen wir, dass darin lauter Müll und Schutt herumtrieb. Dämme waren durchbrochen

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